Manchester City im Niedergang: Die Pep-Aura ist kaputt
Manchester City scheidet gegen Real Madrid aus der Champions League aus. Das Team von Pep Guardiola setzt einen tristen Schlusspunkt unter eine Ära.
Englische „Supporter“ gelten als besonders treu und optimistisch selbst unter widrigen Umständen. Doch bei Manchester Citys Champions-League-Ausscheiden am Mittwoch in Madrid hatten viele schon nach einer guten Stunde genug. In signifikanter Stärke verließen sie den Gästeblock im Estadio Santiago Bernabéu. Beim Schlusspfiff waren die City-Plätze allenfalls noch zur Hälfte besetzt.
Die Deserteure verpassten ein Schaulaufen und Scheibenschießen von Titelverteidiger Real unter fröhlichem Johlen des Heimpublikums. Die City-Profis waren nur noch darauf aus, den Schaden nach drei formidablen Treffern von Neo-Galáctico Kylian Mbappé nicht noch weiter anwachsen zu lassen. Für alles andere wirkten sie viel zu müde. Erst in der Schlussminute zeigte das Starensemble mal so etwas wie Brillanz in Gestalt eines Lattenfreistoßes des gerade aus Frankfurt gewechselten Omar Marmoush. Per Nachschuss des ebenfalls frisch verpflichteten Nico González (Porto) gelang so noch das verhältnismäßig freundliche Endergebnis von 1:3.
Rund 250 Millionen Euro kostete Citys Winterpaket zur Krisenbekämpfung insgesamt, doch im Bernabéu war es egal, ob neu oder bekannt, ob jung oder alt. Das Team von Pep Guardiola setzte einen ausnehmend tristen Schlusspunkt unter eine Ära, in der es nicht nur sechs englische Meisterschaften gewann, sondern auch regelmäßig um den Europapokaltitel mitspielte. „Nichts ist ewig“, erklärte Guardiola nach dem Match. Das Fußballgenie aus Katalonien hatte nichts anderes erwartet als ein Scheitern. Schon vor dem Match räumte er seiner Elf „ein Prozent Chance“ auf den Achtelfinaleinzug ein. Seit Monaten lebt Guardiola mehr Resignation vor als Hoffnung.
Wie zur Untermalung der häufigen Beteuerungen des Coachs, wonach Manchester noch neu unter Europas Fußballgrößen sei, ergab sich sein Team ohne jeden Rebellionsgeist. Der Trainer verzichtete trotzdem auf Kritik; ob es um das schwache Match im Besonderen ging oder die endende Epoche im Allgemeinen. Die Ausbeute von einem Champions-League-Titel aus neun Jahren City-Amtszeit erklärte er unter Hinweis auf den Parvenü-Status vielmehr zum Erfolg. „Wir waren unglaublich“, sagte er im Pressesaal. „We’re fuckin’ shit“, sangen draußen die City-Fans.
Wie weg von der reinen Lehre?
Es wird sich zeigen, wie viel Schaden die Pep-Aura des Unantastbaren in dieser Gruselsaison noch nehmen wird. Fürs Erste schützt der Coach auch deshalb die Spieler, weil er sich verantwortlich für die Misere fühlt. Jenseits von Schicksalslaunen wie des Kreuzbandrisses von Weltfußballer Rodri fehlen der Mannschaft die körperlichen Grundlagen wie die taktische Variabilität. „Ich bin nicht gut genug“ – dieser Satz Guardiolas während einer Niederlagenserie vor Weihnachten wurde ihm damals größtenteils als Koketterie ausgelegt. Es geht immerhin um den wohl stilprägendsten Trainer der neueren Fußballgeschichte. Doch was wenn er ihn ernst meinte?
Guardiola müsste Improvisationstalent beim Abweichen von jener reinen Lehre beweisen, die seine Spieler derzeit nicht umsetzen können. Und scheitert seit Monaten daran, wie er selbst sagt, „Stabilität“ zu vermitteln. Der Coach wirkt nicht weniger ausgebrannt als sein Team.
Eigentlich wollte er nach dieser Saison bei Manchester aufhören. Wie es heißt, wird er es nur deshalb nicht tun, weil er dem Verein angesichts des bevorstehenden Abgangs des langjährigen Sportdirektors Txiki Begiristain und der Ungewissheit über den Ausgang eines Betrugsverfahrens der Premier League nicht noch eine Trümmertruppe hinterlassen will. Aber sind ehrenwerte Motive immer die richtigen Ratgeber?
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!