„Malle Antifa“ von Kommando Internet: Smashhits gegen rechts
Das Kommando Internet bringt zehn Ballermannsongs für einen Partysommer mit Links. Sie sind unerträglich. Und unerträglich gut. Die rechte Ecke meckert.

Zehn Kracher finden sich auf dem neuen Album von Kommando Internet mit dem wegweisenden Titel „Malle Antifa“. Auch Songtitel wie „Urlaub auf den Barrikaden“ oder „Deutsch mich nicht voll“ und natürlich „Sommer, Sonne, Antifa“ lassen keinen Zweifel, worum es hier geht. Die Eroberung der alkoholseligen Partyzonen an den Ballermännern dieser Welt durch linksradikales Tanzgut.
„Statt nem Cocktail Molotow / gibts heute hier den guten Stoff / wir zünden heute mal nichts an / nur den Club am Ballermann“, heißt es treffsicher in „Sonne, Sommer, Antifa“.
„Du kommst an, wir sind schon da / ANTIFA auf Sangria / Du singst Deutschland, Schalala / Bei uns tönt laut das ALERTA“, heißt es gleich in den ersten Zeilen des Auftaktsongs „Antifa auf Sangria“. Über herrlich stumpfen, aber ortsangebassten Stampfrhythmen treibt die Simpelmelodie die Masse der Hörer:innen zum beherzten Mitgrölen.
Empfohlener externer Inhalt
Man hat sie förmlich vor Augen, die völlig ekstatisch Bierhumpen schwenkenden Linkspartyralen bei ihrem Plenum am Strand. Und falls nicht, genügt ein Blick auf das Cover des Albums, auf dem offenbar durch Antifa-Sport gut trainierte Menschen mit orangenen Sturmhauben am Beach posieren.
Zehn Songs umfasst das Album, die ohne Pause Regenbogenfahnen besingen, in denen sich Demokratie auf trans und bi reimt. Und Che Guevara kommt auch vor. Sogar seine Mutter. Die Musik dazu ist unerträglich. Aber in diesem Zusammenhang unerträglich gut.
Beworben wird das Album bisher vor allem von den Netzaktivist:innen „Aktivistmuss“, die sich einst als „Hooligans gegen Satzbau“ einen Namen gemacht hatten – mit ebenso schlagkräftiger wie treffsicherer Ironie gegen die extreme Rechte. Aus diesem Haus stammt zum Beispiel die in der Szene beliebte ANTIFAmily Card, mit der man so wunderbar einfach sein staatlich finanziertes Demogeld ausgeben kann. „Oh nein, oh nein / Das Demogeld ist alle / Was machen wir denn da? / Na klar! Demo auf Malle“, heißt es folgerichtig nun in „Demo auf Malle“.
Zeitgenössisches Musikgut dank KI
Das zeitgenössische Musikgut stammt also aus der gleichen Ecke – und es kommt in schneller Folge. Denn das Kommando Internet (KI) ist Dank KI (Kommando Internet) offenbar in der Lage, ein Album nach dem anderen rauszuhauen.

„Malle Antifa“ von Kommando Internet gibt es bei den gängigen Streamingplattformen und zum Download bei bandcamp.
Im August 2024 erschien mit „Was für eine Zeit“ eine erste Sammlung von 20 Songs, die sich aber mit fast noch ernsthaft klingender Schlagerlyrik über Alice mokierten. Das hätte vielleicht für die Teilnahme am ESC gereicht. Aber die Musikstile gingen hier noch wahllos durcheinander. Bei „Fck die Afd“ wurde in üblicher Demoparolenhaftigkeit gehiphopt, dass man die Ironie dahinter schon richtig hart suchen musste.
Musikalisch ähnlich durcheinander ging es beim zweiten Album „Sicher gibt es bessere Zeiten, doch diese können wir ändern“, das schon im September rauskam. Seither sind über 20 Alben, EPs und Singles neu erschienen. Eine hieß, „Du kannst nicht Kanzler! Ein Song für Friedrich Merz.“ Ein anderer Song widmete sich Donald Trump.
Doch erst mit dem Anfang Mai rausgeballerten Album „FcKAfD Dance-Party“ fand das Kommando Internet zu seiner eigentlichen Stärke: Konzeptalben gegen Nazis. Die von Ultrafans liebevoll „FDP“ genannte Platte enthält eigentlich nur einen Song mit endlos wiederholten Zeilen: „Die AfD ist rechtsextrem / Rechtsextrem, rechtsextrem / Jetzt können es alle seh’n / Diese Nachricht ist echt schön / Wir woll’n sie bald verboten seh’n / Und niemand sollte Nazis wähl’n“.
Nur zwei Tage nachdem der Bundesverfassungsschutz zu dieser naheliegenden Erkenntnis gekommen war, veröffentlichte das Kommando Internet seine 16 Songs mit den immer gleichen Zeilen – aber in 16 Varianten. Mal als „Sing mit Mix“ vom HardChor der Vielfalt. Mal als „DiscoPop“ von DJ Bassbunt. Aber auch – man ist ja weltoffen – als „Truppenmarsch“ der Partisanenkapelle Widerstand oder ganz wunderbar geblasen als „Berg-Polka“ von Wadlbeißer & die Weltoffenen.
Das nun nur drei Wochen später erschienene Album „Malle Antifa“ schließt da nahtlos an. Auch wenn das Konzept hier umgedreht wurde. Diesmal geht es musikalisch in einem Stampf durch, dafür werden auf der Textebene alle möglichen Varianten antifaschistischer Ballermannlyrik durchgespült.
Recht aufgeregte rechte Ecke
Das ist ein echter Aufreger. „Es ist so unfassbar lustig, wie dieser Antifa-Malle-Unsinn die Blauzis triggert“, schreibt Aktivistmuss auf Facebook. Die Kommentare dort sind tatsächlich einschlägig. Die Musiker:innen werden als „Feiglinge und Weicheier“ beschimpft, weil sie auf dem Cover vermummt sind. Sie seien „ein erbärmlicher Haufen“, „gestört und scheisse“ und der Ruf nach „sofort ab ins Arbeitslager“ fehlt natürlich auch nicht, wenn Rechte sich extrem auf den Schlips getreten fühlen.
Alles, was linksgrünvergnügt ist, kann sich aber jetzt schon auf die Stampfbeats aus den Megaboxen bei der nächsten Antifa-Demo freuen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Negative Preise durch Solaranlagen
Strom im Mai häufig wertlos
Selenski zu Besuch in Berlin
Militarisiertes Denken
Waffenlieferung an Israel
Macht sich Deutschland mitschuldig?
Klima-Urteil des OLG Hamm
RWE ist weltweit mitverantwortlich
US-Handelspolitik unter Donald Trump
Gericht stoppt Trumps Zollpolitik
Neues Buch über Friedrich Merz
Der Kanzler, ein Mann der Mitte?