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Mahnmal gegen sexualisierte GewaltDas Politische bitte nur im Privaten

Im Streit um die Friedensstatue in Moabit lehnt der Korea-Verband einen Umzug weiter ab. Der Bezirk würde das Mahnmal gern auf Privatgelände stellen.

Protestaktion an der Friedensstatue zum Tag des Gedenkens an die sogenannten Trostfrauen Mitte August in Berlin Foto: Stefan Boness/dpa

BERLIN taz | Wo ist ein angemessener Platz, um Gewalt an Frauen zum Thema zu machen? Über diese Frage gibt es Streit in Mitte. Konkret geht es um die Friedensstatue, eine bronzefarbene Frauenfigur, die auf einem Stuhl sitzt, neben ihr steht ein leerer Stuhl. Die Statue hatte der Korea-Verband im September 2020 auf dem Unionplatz in Moabit aufgestellt.

Der Verband will damit über sexualisierte Gewalt an Frauen aufklären und an die sogenannten „Trostfrauen“ erinnern, an koreanische, chinesische, taiwanesische und andere Frauen aus Ländern, die Japan im Zweiten Weltkrieg besetzt hat. Solche Frauen waren vor 1945 in japanischen Kriegsbordellen zur Prostitution gezwungen und sexuell versklavt worden. Japans Regierung will dieses Kapitel der eigenen Geschichte vergessen machen und hatte mehrfach auf höchster Ebene versucht, einen Abbau der Statue zu erwirken.

Seit fast genau fünf Jahren kämpft der Korea-Verband nun dafür, dass das Mahnmal bleiben darf. Den aktuellen Vorschlag des Bezirks, die Statue um 100 Meter zu verlegen, hat der Verband nun schriftlich abgelehnt. Denn der Platz, den der Bezirk der Friedensstatue zuweisen will, bedeutet gleichzeitig, dass sie den öffentlichen Raum verlassen muss: Der Bezirk schlägt vor, die Statue auf dem privaten Gelände einer Wohnungsbaugenossenschaft aufzustellen.

„Das würde unsere Arbeit erheblich einschränken“, sagt Nataly Jung-Hwa Han vom Korea-Verband. Jede Demonstration an der Statue müssten sie dann mit der Genossenschaft abstimmen. „Wir sehen nicht ein, warum wir auf ein privates Grundstück gehen sollen“, kritisiert sie. Sie wirft dem Bezirk vor, sich seiner Verantwortung zu entziehen. Das Thema sexualisierte Gewalt sei ein Thema der Gesellschaft, und als solches sollte es „auch öffentlich diskutiert werden“. Ihr Verband bietet auch Bildungsarbeit zu den Hintergründen von sexualisierter Gewalt an.

Ein umstrittenes Kunstwerk?

Mittes grüne Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger schreibt, es sei nicht leicht, einen alternativen Standort zu finden, auch „angesichts der Umstrittenheit des Kunstwerks“. Beim Bezirk bedauert man daher, dass der Verband den vorgeschlagenen Standort ablehnt. Der neue Ort sei mit dem jetzigen Standort vergleichbar. „Auch die künstlerische und erinnerungspolitische Aussagekraft wäre unverändert geblieben.“ Nun müsse die Genehmigungsbehörde „das Verfahren im gesetzlichen Rahmen“ fortführen.

Mit dem neuen Standort wäre der Bezirk allerdings auch nicht mehr Ansprechpartner und müsste deshalb auch keine historisch spezifische Erinnerung an sexualisierte Gewalt verteidigen, die mehr aneckt, als eine „neutrale“ Darstellung, wie sie die Bürgermeisterin bevorzugt. Diese historische Dimension ist es, die das Mahnmal „umstritten“ macht.

Aktuell ist die Friedensstatue bis Ende September geduldet. Der Hintergrund dafür ist eine vom Bezirk selbst erlassene Regelung: dass Kunstwerke, die ohne Genehmigung aufgestellt worden sind, maximal 2 Jahre dort stehen bleiben dürfen. Nur Kunstwerke, die aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind, dürfen nach den Regeln des Bezirks dauerhaft bleiben.

Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg dagegen darf eine Stele für die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt, ebenfalls 2020 von einer Initiative aufgestellt, bleiben. Der Bezirk hatte das Mahnmal ein Jahr später im Nachhinein genehmigt. Allerdings erinnert der viereckige Betonblock auch an keinen konkreten historischen Fall.

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3 Kommentare

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  • An dem Werk ist überhaupt nichts „umstritten“, es hat seine Legitimität und seine Berechtigung zumal sexualisierte Gewalt wieder zunimmt. Der Senat hat nur keine Lust auf Beef mit der japanischen Regierung, die keinerlei Berechtigung hat, Berlin vorzuschreiben, welche Mahnmale wir wo hinstellen.

    • @Lou Andreas-Salomé:

      Es ist hier ausnahmsweise nicht der Senat, sondern die grüne Bezirksbürgermeisterin, die ebenfalls lieber ein weit rechts stehen japanischen Regierung gehorcht, als sich mit Opfern sexualisierter Gewalt und Unterdrückung zu solidarisieren.



      Hierbei scheinen sich SPD, Grüne und Union verblüffend einig zu sein.

      • @TeeTS:

        Ja, die Einigkeit wenn es um den Bückling vor der rechten Blase und zu Gunsten des Macht Erhalts geht, ist immer wieder bedauerlich.