Mahnmal gegen sexualisierte Gewalt: Das Politische bitte nur im Privaten
Im Streit um die Friedensstatue in Moabit lehnt der Korea-Verband einen Umzug weiter ab. Der Bezirk würde das Mahnmal gern auf Privatgelände stellen.

Der Verband will damit über sexualisierte Gewalt an Frauen aufklären und an die sogenannten „Trostfrauen“ erinnern, an koreanische, chinesische, taiwanesische und andere Frauen aus Ländern, die Japan im Zweiten Weltkrieg besetzt hat. Solche Frauen waren vor 1945 in japanischen Kriegsbordellen zur Prostitution gezwungen und sexuell versklavt worden. Japans Regierung will dieses Kapitel der eigenen Geschichte vergessen machen und hatte mehrfach auf höchster Ebene versucht, einen Abbau der Statue zu erwirken.
Seit fast genau fünf Jahren kämpft der Korea-Verband nun dafür, dass das Mahnmal bleiben darf. Den aktuellen Vorschlag des Bezirks, die Statue um 100 Meter zu verlegen, hat der Verband nun schriftlich abgelehnt. Denn der Platz, den der Bezirk der Friedensstatue zuweisen will, bedeutet gleichzeitig, dass sie den öffentlichen Raum verlassen muss: Der Bezirk schlägt vor, die Statue auf dem privaten Gelände einer Wohnungsbaugenossenschaft aufzustellen.
„Das würde unsere Arbeit erheblich einschränken“, sagt Nataly Jung-Hwa Han vom Korea-Verband. Jede Demonstration an der Statue müssten sie dann mit der Genossenschaft abstimmen. „Wir sehen nicht ein, warum wir auf ein privates Grundstück gehen sollen“, kritisiert sie. Sie wirft dem Bezirk vor, sich seiner Verantwortung zu entziehen. Das Thema sexualisierte Gewalt sei ein Thema der Gesellschaft, und als solches sollte es „auch öffentlich diskutiert werden“. Ihr Verband bietet auch Bildungsarbeit zu den Hintergründen von sexualisierter Gewalt an.
Ein umstrittenes Kunstwerk?
Mittes grüne Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger schreibt, es sei nicht leicht, einen alternativen Standort zu finden, auch „angesichts der Umstrittenheit des Kunstwerks“. Beim Bezirk bedauert man daher, dass der Verband den vorgeschlagenen Standort ablehnt. Der neue Ort sei mit dem jetzigen Standort vergleichbar. „Auch die künstlerische und erinnerungspolitische Aussagekraft wäre unverändert geblieben.“ Nun müsse die Genehmigungsbehörde „das Verfahren im gesetzlichen Rahmen“ fortführen.
Mit dem neuen Standort wäre der Bezirk allerdings auch nicht mehr Ansprechpartner und müsste deshalb auch keine historisch spezifische Erinnerung an sexualisierte Gewalt verteidigen, die mehr aneckt, als eine „neutrale“ Darstellung, wie sie die Bürgermeisterin bevorzugt. Diese historische Dimension ist es, die das Mahnmal „umstritten“ macht.
Aktuell ist die Friedensstatue bis Ende September geduldet. Der Hintergrund dafür ist eine vom Bezirk selbst erlassene Regelung: dass Kunstwerke, die ohne Genehmigung aufgestellt worden sind, maximal 2 Jahre dort stehen bleiben dürfen. Nur Kunstwerke, die aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind, dürfen nach den Regeln des Bezirks dauerhaft bleiben.
Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg dagegen darf eine Stele für die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt, ebenfalls 2020 von einer Initiative aufgestellt, bleiben. Der Bezirk hatte das Mahnmal ein Jahr später im Nachhinein genehmigt. Allerdings erinnert der viereckige Betonblock auch an keinen konkreten historischen Fall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Einwanderung und Extremismus
Offenheit, aber nicht für Intolerante
CDU-Länderchefs gegen Bundestagsfraktion
Sexuelle Identität entzweit Union
Straße wird umbenannt
Berlin streicht endlich das M-Wort
Verkehrswende in Paris
Blick in die Zukunft
Rechtsextremer Onlineshop Druck18
Verein „Laut gegen Nazis“ sichert sich Markenrechte
Nicht-binärer Geschlechtseintrag
Zweitpass gegen Diskriminierung auf Reisen