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Magazin „Katapult“ in der KriseSuperkrasse Mega-Insolvenz

Das Magazin „Katapult“ verkauft Grashalme als Rettungsaktion. Das Geld fließt auch in ihre wichtige Lokalberichterstattung in Mecklenburg-Vorpommern.

„Katapult“ verkauft Grashalme von der Redaktions-Wiese – ohne Rehe Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

G leich auf der Startseite des Katapult-Shops blökt es: „Die große Katapult-Insolvenz. Ich war dabei!“ Und natürlich hat sich der „hässlich bemalte Katapult-Beutel“ schon über 450-mal verkauft und nach Katapult-Angaben fast 10.000 Euro eingespielt. Und der Verkauf geht munter weiter.

Beim Schreiben dieser Kolumne ist die Insolvenz des „Magazins für Eis, Kartografik und Sozialwissenschaft“ schon zu über 90 Prozent abgewendet. Der Rest dürfte auch noch kommen, jedenfalls verkauft sich selbst das 248 Euro teure „Fröhlich in die Insolvenz – ICH NEHM ALLES“-Paket weiter wie hulle. Wobei mein persönlicher Favorit ganz klar der Grashalm für 5 Euro ist. Der kommt frisch von der Wiese vor der alten Schule, in der Katapult in Greifswald haust.

„Kann nix! Ist aber die kleinste und schönste Möglichkeit, uns zu unterstützen. Sicher dir einen der begehrten Grashalme von unserer Wiese. Wird im Umschlag an dich verschickt“ – Ich nehm gleich zwei! Oder vielleicht doch lieber die „selbst bemalte Insolvenz-Tasse“? „Mir sind dies echt zu viele Zitate und Gänsefüßchen“, meint die Mitbewohnerin. „Aber vielleicht kann man die auch verkaufen und zu Geld machen?“

Wichtig ist vor allem, dass auch Katapult MV, das spannende und ein bisschen größenwahnsinnige Lokalzeitungsprojekt für Mecklenburg-Vorpommern weitergeht. Denn das ist echter publizistischer Mehrwert in der höchst übersichtlichen Zeitungslandschaft im Nordosten der Republik. Aktuell beschäftigt sich Katapult MV mit Blick auf die Kommunalwahlen in MV nächstes Jahr mit der Debatte wie es mit der AfD laufen kann.

Politisch engagierter Regionaljournalismus

Soll jede Zusammenarbeit ausgeschlossen sein? Oder sollten konstruktive Vorschläge nicht von vornherein abgelehnt werden? Die Frage stellt sich ja beileibe nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern. Und was macht Katapult MV? Analysiert und kartografiert mal eben die Vorlagen der AfD-Fraktionen in den Landkreisen und kreisfreien Städten seit Januar 2022. Und prüft sie auf ihren Kons­truk­ti­vi­täts­gehalt. Aufgesplittet wird das Ganze nach Themen und regionaler Verteilung. Das ist ein klasse Beispiel für politisch engagierten Regionaljournalismus. Das muss bleiben.

Die angekündigten Maßnahmen des Verlags klingen auch ganz vernünftig, obwohl etwas Charme verloren geht. Katapult will das selbst betriebene Café Karsten aufgeben, die Belletristik wird aus dem Verlagsprogramm gestrichen. Auch die geplante Journalismusschule in Greifswald liegt auf Eis.

Aber dann kommt noch eine Ankündigung, die überrascht. „Wir fahren politische Polemiken runter“, schreibt die Redaktion. Wenn es reine Polemiken um der Polemik willen sind (Hi Benni!), gerne. Aber bleibt ansonsten bitte, wie ihr seid. „Und lutscht nicht den Drops der anderen“, sagt die Mitbewohnerin.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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2 Kommentare

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  • Ich hörte Herr Friedrich mal zu als er auf Lesereise war. Die Insolvenz wundert mich nicht.

  • "Und was macht Katapult MV? Analysiert und kartografiert mal eben die Vorlagen der AfD-Fraktionen in den Landkreisen und kreisfreien Städten seit Januar 2022. Und prüft sie auf ihren Kons­truk­ti­vi­täts­gehalt. Aufgesplittet wird das Ganze nach Themen und regionaler Verteilung. Das ist ein klasse Beispiel für politisch engagierten Regionaljournalismus. Das muss bleiben."

    Das muss nicht nur bleiben, es hätte auch nie etwas anderes werden dürfen. Und schon gar nicht das locker-flockige VanMoof des deutschen Links-der-Mitte-Publishings - ein Produkt, das nur dadurch aus der Masse ähnlicher Produkte erhebt, dass es a) ein mieses Preis/Leistungs-Verhältnis hat, und b) eines schönen Morgens aufhört, zu funktionieren.

    Katapult hatte kein Alleinstellungsmerkmal, es *war* ein Alleinstellungsmerkmal. Ich habe damals den ersten Sammelband gekauft - uneingeschränkt großartig. Klug, aber nicht intellektualistisch. Pointiert, aber nicht spitzfindig. Gebildet, aber ohne Dünkel. Bis es versuchte, irgendsoein linksliberales Politgossip-Magazin zu werden, eine wohlfeile Weichspüler-"Missy", HuffPost mit Tortendiagrammen. Selbst die Teen Vogue hat heutzutage mehr politische Substanz.

    Aber nichts hindert die Redaktion daran, zu den glorreichen Anfängen zurückzukehren. Data-driven journalism ist eine massive Lücke in Deutschland.