Mafiaprozess in Palermo: Berlusconi-Vertrauter verurteilt
Drei Offiziere der Carabinieri und ein enger Vertrauter Berlusconis sind zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten mit der Mafia verhandelt.
1992 war die Cosa Nostra unter ihren damaligen Chefs Totò Riina und Bernardo Provenzano in einen wahren Krieg gegen den italienischen Staat gezogen. Der hatte es sich erlaubt, erstmals in der Geschichte Hunderte Mafiosi im sogenannten Maxi-Prozess abzuurteilen und auf Jahre ins Gefängnis zu schicken. Daraufhin schlugen die Killer der Cosa Nostra zu.
Zunächst räumten sie im Januar 1992 Salvo Lima, einen der Mafia eng verbundenen christdemokratischen Politiker, aus dem Weg, weil er das Versprechen nicht eingehalten hatte, den Maxi-Prozess zu stoppen. Dann traf es im Mai und Juli 1992 die beiden als Ankläger in dem Prozess aufgetretenen Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino. Sie wurden samt ihren Begleitschützern mit Bombenattentaten getötet. Und erneut legte Cosa Nostra dann im Sommer 1993 Bomben in Mailand, Florenz und Rom, die insgesamt zehn Opfer forderten.
Druck auf den Staat ausüben, um ihn zu einer weicheren Linie gegenüber der Mafia zu zwingen: Dies war offenkundig das Kalkül. Und wenn man dem Urteil aus Palermo glauben darf, ging es auf. Zwölf Jahre erhielten der damalige Chef der Carabinieri-Sondereinheit für „Spezialoperationen“, Antonio Subranni, und seine rechte Hand, Mario Mori. Sie haben nach Zeugenaussagen über einen mafiösen Politiker Totò Riina kontaktiert und dessen Forderungen nach besseren Haftbedingungen und einer Revision des Maxi-Prozesses in die italienische Politik zurückgespielt.
Helfershelfer der Mafia
Auch die weitere Fortsetzung der mafiösen Mordserie, während die Verhandlungen schon liefen, tat diesen Kontakten keinen Abbruch. Als sich 1993 der Zusammenbruch der Altparteien abzeichnete und Silvio Berlusconi auf der politischen Bühne erschien, trat dem jetzt verkündeten Urteil zufolge auch in den Unterredungen mit der Mafia ein weiterer Protagonist auf den Plan: Marcello Dell’Utri.
Der Sizilianer war seit Jahrzehnten einer der engsten Mitarbeiter Berlusconis, und er baute von 1993 an dessen Partei Forza Italia auf. Zugleich trat er seinerseits in Verhandlungen mit Cosa Nostra. Dell’Utri, der schon eine siebenjährige Haftstrafe als Helfershelfer der Mafia absitzt, erhielt jetzt in Palermo weitere zwölf Jahre.
Das Urteil aus erster Instanz ist noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte der Verurteilten kündigten Berufung an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau