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Macron in DeutschlandDie Inszenierung ist die Botschaft

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Macrons Staatsbesuch fehlt es nicht an donnernder Symbolik. Die konkreten Ergebnisse sind jedoch übersichtlich.

Steinmeier und Macron feierten die besondere Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland in Dresden Foto: REUTERS/Annegret Hilse

T ausende jubeln in Dresden dem Präsidenten zu. Dass Emmanuel Macron seine Rede dort zum Teil auf Deutsch hält, erscheint vielen als bestaunenswert. Macron adressiert seine Ansprache recht pompös an die Jugend Europas. Keine Scheu vor Pathos, auch wenn der Text eher Bekanntes wiederholte.

Bei dem ersten amtlichen Staatsbesuch eines französischen Präsidenten seit mehr als 20 Jahren ist die Inszenierung die Botschaft. Kein Italiener oder Spanier, kein Brite oder Pole würde in Deutschland so huldvoll empfangen.

Das deutsch-französische Verhältnis ist etwas Besonderes. Wenn weniger SchülerInnen hierzulande Französisch lernen wollen, gilt das als Signal, dass etwas bedenklich schiefläuft. Sinkende Zahlen von Spanisch- oder Italienisch-Unterricht an deutschen Schulen lösen keine Besorgnis aus.

Der Macron-Besuch gilt als bedeutend, weil in dem deutsch-französischen Verhältnis ein Echo der Erbfeindschaft nachhallt, die in der EU glücklich aufgehoben wurde. Nirgends leuchtet der Gründungsmythos der EU, den Frieden nach der Katastrophe des 2. Weltkrieges zu garantieren, noch so hell wie im Verhältnis zwischen Paris und Berlin.

Überfordert im Innen wie im Außen

Die EU war immer eine Mixtur aus sinnstiftendem Vergangenheitspathos und nüchternen Deals um den Agrarhaushalt. Die Strahlkraft dieser Ursprungserzählung lässt nach. Sie reicht nicht mehr angesichts von Putins Aggression, der multipolaren Weltordnung, dem möglichen Sieg von Trump. Die EU scheint doppelt überfordert: innen von Rechten bedroht, Außen zu zersplittert, um als Player auftreten zu können.

Macron feuert, Scholz guckt zu

Die donnernde Symbolik von Macrons Auftritt steht im Missverhältnis zu konkreten Ergebnissen. Eine Einigung bei Protektionismus versus Handel? Fehlanzeige. Um die EU mobiler, aktiver zu machen, forderte Macron in Dresden eine Verdopplung des EU-Etats, allerdings ohne zu sagen, wie das finanziert werden soll. Vielleicht über gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU.

Olaf Scholz hatte als Finanzminister die EU-Coronabonds mit durchgesetzt und mit der deutschen Doktrin – nie gemeinsame EU-Schulden – gebrochen. Doch das war wohl ein einmaliger Fall. Jetzt gilt wieder das alte Muster: Macron brennt ein Ideen- und Vorschlagsfeuerwerk ab, die Deutschen schauen skeptisch zu.

Ein unscheinbares, aber vielleicht bleibendes Ereignis dieses Staatsbesuchs ist der Text, den Scholz und Macron in der „Financial Times“ schrieben. Neben viel Wolkigem fordern sie einen integrierten europäischen Finanz- und Bankensektor, mit Harmonisierung bei Unternehmensinsolvenz und Steuerrecht. Keine großen Würfe, aber machbar.

Die Chance, dass Macron und Scholz der EU noch wesentliche Impulse geben, ist übersichtlich. Macron ist zwar noch keine lame duck, aber er wird 2027 nicht mehr kandidieren. Dass Scholz dann noch Kanzler ist, ist, nun ja, möglich.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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3 Kommentare

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  • Ich wünschte, in meiner Schule hätte ich spanisch statt französisch lernen können. Mit der französischen Sprache hatte ich, bis ich sie abwählen konnte, Probleme. Als ich nach dem Abi auf eigene Faust spanisch lernte, fiel mir das sehr leicht und hätte ich das in jungen Jahren anfangen können, könnte ich Spanisch womöglich besser als Englisch. Ich verstehe die Symbolpolitik zwar, aber man muss ja auch nicht überdramatisieren, als würden Schüler die französische Republik selbst ablehnen. Man kann den Überfall auf Polen und Auschwitz ja auch bedauern, ohne polnisch zu können.

  • Ich würde sogar sagen:



    Demokratie ist die Botschaft!



    Anders als in anderen Systemen ist der Kompromiss die Lösung.



    Insofern ist die Botschaft, zusammen arbeiten zu wollen systemgerecht.



    Ganz nebenbei bemerkt, trafen Frankreich und Deutschland nie "Entscheidungen " in Europa, man/frau musste sich schon mit allen Beteiligen einigen.



    Es ist, kurz vor der Europawahl, ein gutes Zeichen, dass führende Politiker zur Zusammenarbeit bereit sind, insbesondere gegen Rechts.

  • Schön, dass bei der Jubel - Berichterstattung auch brav alle mitmachen. Denn jetzt ist nicht die Zeit für Kritik, etwa am autoritären, rassistischen Gebahren mit dem der hyper - neoliberale Marcron sein Land führt und damit LePen den Weg frei macht. Dass europäische Solidarität an den Staatsgrenzen endet merkt man auch an der traurigen Tatsache, dass junge Leute dem großen Europäer in Dresden zujubeln während die Jugend in Paris und Marseille verarmt und im Protest dagegen von der hochgerüsteten Staatmacht zusammen geknüppelt wird.