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Machtkampf in Köln: Niederlage für OB Reker

Oberbürgermeisterin Henriette Reker fällt bei der Wahl zum Aufsichtsrat der Stadtwerke durch

Von Frank Überall

Es war eine kleine Revolution für Köln: CDU, Grüne und FDP verzichteten 2015 auf eigene Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters, stattdessen stellten sie gemeinsam die Parteilose Henriette Reker auf. Auf diese Weise sollte die zumindest gefühlte, jahrzehntelange Vorherrschaft der SPD gebrochen werden. Reker wurde gewählt, die kommunalen „Jamaika“-Partner kamen prinzipiell gut zurecht. Doch nun schlagen die Genossen zurück: Bei der Wahl an die Spitze des Aufsichtsrats im Kölner Stadtwerke-Konzern fiel Reker glatt durch. Stattdessen wurde der Vorsitzende des Stadtwerke-Betriebsrates, Harald Kraus, an die Spitze des Aufsichtsgremiums gewählt.

Die Personalie könnte eine bloße Randnotiz sein, wäre sie nicht Ausdruck eines erbitterten Machtkampfes im Rathaus der viertgrößten Stadt in Deutschland. Der Stadtrat hatte mit den Stimmen von CDU, Grünen und FDP Henriette Reker für den Chefposten im Aufsichtsrat empfohlen – ein eindeutiger Beschluss, den die „Jamaika“-Ratspolitiker als Weisung verstanden wissen wollten. Immerhin gehören die Stadtwerke zu hundert Prozent der Stadt Köln. Entsprechend „irritiert“ zeigte sich Reker bei einem Pressestatement, „dass die Mehrheit des Aufsichtsrates den demokratischen Willen der Anteilseignerin nicht umsetzen wollte“. Die Freien Wähler im Kölner Rat sprachen derweil von einem „Putsch“ der „Klüngler“.

Reker war angetreten, im Kölner Rathaus den Klüngel zu bekämpfen. Mit einer Verwaltungsreform wollte sie die Stadt moderner machen und parteipolitische Einflussnahme begrenzen. CDU und Grüne einigten sich dann aber mit der SPD darauf, dass ein hoch dotierter Geschäftsführerposten bei den Stadtwerken neu geschaffen und an den SPD-Fraktionsvorsitzenden Martin Börschel vergeben wird – ohne Ausschreibung. Reker stoppte das Verfahren. Die Führungsriege von CDU und Grünen musste sich öffentlich entschuldigen. Seit Wochen wird im Kölner Rathaus darüber gestritten, was die Oberbürgermeisterin wann über den dubiosen Deal wusste.

Zu Beginn der Sommerpause ist der Machtkampf nun offen ausgebrochen. Ob CDU, Grüne und FDP weiterhin eine verlässliche Basis für die Stadtchefin sind, darf bezweifelt werden. SPD und Linke haben ihre Durchsetzungsfähigkeit demonstriert. Für Reker wird es jetzt noch schwieriger, für Verwaltungsvorlagen im Stadtrat stabile Mehrheiten zu organisieren.

Die Schlappe bei der Aufsichtsratswahl könnte das Ende der Karriere von Reker einläuten. Ob sie bei der nächsten Oberbürgermeisterwahl 2020 wieder antritt, lässt sie bisher offen. Ob CDU, Grüne und FDP sie im Fall einer Kandidatur wieder unterstützen würden, ist ebenso unklar – schließlich wissen die handelnden Personen nicht, ob sie noch mit in den Skandal-Strudel der Postenaffäre gerissen werden. Vor allem an der Kölner Parteibasis von CDU und Grünen rumort es gewaltig. Die Union will jetzt den auch aus ihrer Sicht „irritierenden“ Beschluss des Aufsichtsrates rechtlich überprüfen lassen. Den Graben zwischen „Roten“ und Arbeitnehmervertretern einerseits sowie dem Jamaika-Team andererseits wird das wohl kaum überbrücken.

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