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Machtkampf in ÄthiopienZentralstaat setzt sich durch

Der Präsident der Somali-Region wird nach schweren Unruhen abgesetzt. Äthiopiens Armee übernimmt die „Wahrung der Sicherheit“.

Frieden in der Somali-Region? Außerhalb der Hauptstadt Jigjiga Foto: reuters

Berlin taz | Im aktuellen Machtkampf in Äthiopien hat sich zunächst die neue Reformregierung des Zentralstaates unter Premierminister Abiy Ahmed durchgesetzt. Der als Hardliner der alten Militärelite geltende Präsident der Somali-Region im Osten des Landes, Abdi Mohomud Omar, allgemein als Abdi Illey bekannt, verlor am Montagabend sein Amt, wie äthiopische Medien berichteten.

Sein Nachfolger wird sein bisheriger Stellvertreter und Finanzminister Ahmed Abdi, als 32-Jähriger Teil der jungen Generation. Am Freitag waren in Jigjiga, Hauptstadt der Somali-Region, Kämpfe ausgebrochen, als die äthiopische Armee versuchte, Abdi Illey zu verhaften. Die Armee musste sich zurückziehen, als die paramilitärische Somali-Regionalpolizei Liyu in Aktion trat.

Nach mehreren Tagen Unruhen und Gewalt, die nach Angaben der amtlichen äthiopischen Nachrichtenagentur eine „unbekannte“ Zahl von Toten forderte, führten Gespräche offenbar zu einer Einigung. Die äthiopische Armee übernehme die Wahrung der Sicherheit der Somali-Region, erklärte die Zentralregierung am Montag. Berichten zufolge rückten Militäreinheiten noch am gleichen Tag in Jigjiga ein.

Damit ist nicht nur Abdi Illey entmachtet, sondern auch seine Liyu-Regio­nalpolizei. Abdi Illey bleibt aber ins Machtsystem eingebunden: er bleibt Chef der regionalen Regierungspartei ESPDP (Ethiopian Somali People’s Democratic Party), wie alle regionalen Regierungsparteien Äthiopiens ein Satellit der regierenden EPRDF (Ethiopian Peoples’ Revolutionary Democratic Front).

Rebellen suchen Gespräch

Ob die faktische Übernahme der Somali-Region durch den Zentralstaat die Krise beendet oder erst richtig anfacht, wird sich erst noch zeigen. Die Liyu-Regionalpolizei war einst aufgebaut worden, um gegen somalische Separatisten in der Rebellenbewegung ONLF (Ogaden National Liberation Front) zu kämpfen, die von Äthiopiens Staatsmacht in die Nähe des islamistischen Terrors aus Somalia gerückt wird.

ONLF-Sympathisanten behaupten jetzt, Liyu-Polizisten würden mit ihnen sympathisieren, in gemeinsamer Ablehnung der äthiopischen Kontrolle. Die ONLF ruft Äthiopiens Regierung dazu auf, sie als Gesprächspartner anzuerkennen, statt sie wie bisher als Terrororganisation zu bekämpfen.

Mit der ebenfalls bislang als Terrororganisation bezeichneten bewaffneten Gruppe OLF (Oromo Liberation Front) aus der Volksgruppe des Premierministers Abiy Ahmed hat sich die Zentralregierung offiziell versöhnt. Wie die äthiopische Zeitung Reporter meldet, einigten sich am Dienstag die beiden Seiten auf einem Treffen in Eritrea, die OLF als politische Kraft anzuerkennen.

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