Luftverschmutzung in Europa: Feinstaub als Gesundheitsrisiko
Der Kampf gegen Luftverschmutzung in Europa ist noch nicht zu Ende. Viele EU-Länder überschreiten weiterhin die Grenzwerte.
Mehr als die Hälfte dieser vorzeitigen Sterbefälle in der EU – etwa 178.000 oder 58 Prozent – hätten laut EEA theoretisch verhindert werden können, hätten alle Mitgliedstaaten die neuen Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO eingehalten.
Die WHO hatte ihre empfohlenen Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft im September deutlich strenger gefasst. Das, was die Organisation für gesundheitlich vertretbar hält, liegt damit noch deutlich unter den auch in Deutschland derzeit geltenden EU-Richtwerten. Jedes Jahr sterben nach WHO-Schätzungen weltweit sieben Millionen Menschen frühzeitig infolge von Luftverschmutzung.
Die in Kopenhagen ansässige EEA unterstrich nun in einer umfassenden Analyse zu den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie 14 weiteren europäischen Ländern, dass die Luftqualität in Europa 2019 besser als 2018 gewesen sei. Dies habe auch weniger negative gesundheitliche Folgen für die Europäerinnen und Europäer nach sich gezogen. Damit liegt 2019 im Trend der Vorjahre: Langfristig betrachtet geht die Luftverschmutzung zurück, während die Länder daran arbeiten, ihre klimaschädlichen Emissionen zu verringern und die Luftqualität zu verbessern.
Luftqualität verbessert sich
Investitionen in sauberere Wege beim Heizen sowie in Verkehr, Landwirtschaft und Industrie sorgten für eine bessere Gesundheit, Produktivität und Lebensqualität für alle Europäer, erklärte EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. „Diese Investitionen retten Leben und tragen auch dazu bei, den Fortschritt in Richtung CO2-Neutralität und starker Biodiversität zu beschleunigen.“
Die EU-Kommission hat im Rahmen ihres sogenannten European Green Deal das Ziel ausgegeben, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch die Belastung mit Feinstaub bis 2030 um mehr als 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu senken. Nach EEA-Angaben ist die EU dabei derzeit auf einem guten Weg: Diese Zahl sei zwischen 2005 und 2019 um etwa ein Drittel reduziert worden.
Stickstoffdioxid und Ozon weitere Gefahrenquellen
Das bedeutet jedoch bei Weitem nicht, dass der Kampf gegen die Luftverschmutzung gewonnen ist: Wie aus der jährlich veröffentlichten Analyse hervorgeht, sind neben den 307.000 vorzeitigen Todesfällen aufgrund von Feinstaub (PM2.5) 40.400 weitere auf chronische Belastung mit Stickstoffdioxid sowie 16.800 mit bodennahem Ozon zurückzuführen. Im Falle von Deutschland gibt die Umweltagentur diese Zahlen mit 53.800, 6.000 und 3.350 an.
Zusammengezählt werden sollten diese Werte wegen möglicher Doppelzählungen nicht. Insgesamt kommt die EEA aber zum Schluss, dass sich die Situation 2019 im Vergleich zum Vorjahr verbessert hat, am meisten dabei beim Stickstoffdioxid. Aber: Trotz der Fortschritte der vergangenen Jahre habe man noch einen langen Weg vor sich, um das Niveau der neuen WHO-Grenzwerte zu erreichen, wurde der Regionaldirektor der WHO Europa, Hans Kluge, von der EEA zitiert.
Die meisten EU-Länder überschritten 2019 die Grenzwerte
Erst im September hatte die Umweltagentur gewarnt, dass die Menschen in weiten Teilen der EU noch immer zu viele Schadstoffe einatmeten. Die Konzentration von Luftschadstoffen sei in den meisten Staaten Europas weiter zu hoch, hatte die EU-Behörde damals mitgeteilt.
Die meisten EU-Länder überschritten demnach 2019 mindestens einen der gesetzlichen EU-Grenzwerte. In Deutschland wurden Werte oberhalb der EU-Grenzen beim Stickstoffdioxid, bodennahem Ozon und Benzo(a)pyren – einem krebserregenden Schadstoff, der vor allem bei der Verbrennung von Kohle und Holz entsteht – gemessen.
Luftverschmutzung durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon ist nach EEA-Angaben die größte von der Umwelt ausgehende Gefahr für die Gesundheit in Europa und eine der Hauptursachen für frühzeitige Sterbefälle und Erkrankungen. Herzerkrankungen und Schlaganfälle sind dabei die häufigsten Ursachen für vorzeitige Todesfälle, gefolgt von Lungenerkrankungen und -krebs.
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