Luftverkehr in der Ukraine: Vom Himmel geholt
Die Ukraine wirft Russland vor, zwei weitere ukrainische Kampfjets abgeschossen zu haben. Um den Zugang zur Absturzstelle des Zivilflugzeugs wird weiter gestritten.
DEN HAAG/CHARKOW dpa | Am Donnerstag sollen weitere Opfer des verheerenden Flugzeugabsturzes in der Ostukraine in die Niederlande übergeführt werden. Transportflugzeuge sollen die Särge in Charkow abholen und gegen 16.00 Uhr in Eindhoven landen. Auch die Untersuchung der Flugschreiber in Großbritannien geht weiter.
Bei dem Absturz der Boeing 777-200 der Malaysia Airlines waren vor einer Woche 298 Menschen aus zehn Ländern ums Leben gekommen, darunter 193 Niederländer und vier Frauen aus Deutschland. Die ersten Todesopfer waren am Mittwoch in die Niederlande gebracht worden.
Die Bevölkerung empfing die Toten in tiefer Trauer. Flaggen wehten auf halbmast. Die Regierung hatte erstmals in 50 Jahren einen nationalen Trauertag ausgerufen. Bis Freitag sollen die übrigen bislang geborgenen Leichen folgen.
Unklarheit herrscht jedoch noch immer darüber, wie viele Opfer aus dem Trümmerfeld geholt wurden. Die bislang geborgenen Absturzopfer waren in einem Sonderzug aus dem Rebellengebiet nach Charkow gebracht worden, das von der Kiewer Regierung kontrolliert wird. Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Marie Harf, sagte am Mittwoch, es fehlten noch die Leichen von rund 100 Insassen.
Pilot tot aufgefunden
In der Ostukraine dauerten unterdessen die Kämpfe an. Bei Sneschnoje kurz vor der russischen Grenze wurden zwei ukrainische Kampfjets vom Typ Suchoi SU-25 abgeschossen. Die Ukraine warf Russland vor, dass die Raketen von dort abgefeuert worden seien.
Nach Rebellenangaben wurde ein Pilot tot gefunden. Bereits am Vortag habe die „Volkswehr“ bei Lugansk zwei Suchoi-Flugzeuge abgeschossen, erklärte ein Sprecher.
Die Aufständischen haben in den vergangenen Wochen mehrere Militärflieger getroffen, auch Kampfjets. Die Ukraine und die westlichen Länder verdächtigen die Separatisten, auch die Boeing der Malaysia Airlines mit einer Boden-Luft-Rakete getroffen zu haben.
Die Ermittlungen nach dieser Katastrophe, die offiziell vom nationalen Sicherheitsrat der Niederlande geleitet werden, gingen an mehreren Orten weiter. Die Flugschreiber der Boeing wurden nach Farnborough in Südengland gebracht. Erste Ergebnisse erwartet der niederländische Rat in einigen Wochen.
Verfälschung des Materials
An der Auswertung sind nach Angaben aus Moskau auch russische Spezialisten beteiligt. In der Ukraine überprüfte der Geheimdienst SBU den Funkverkehr zwischen Fluglotsen am Boden und den MH17-Piloten. Moskau warnte vor einer möglichen Verfälschung des Materials.
Der niederländische Sicherheitsrat forderte dringend sicheren Zugang für Spezialisten zu der Absturzstelle bei dem Ort Grabowo, der von Aufständischen kontrolliert wird. „Zur Zeit gibt es keine Garantie für die Sicherheit der Experten“, hieß es.
Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und malaysische Experten untersuchten indes am Mittwoch die Unglücksstelle. Moskau kritisierte, dass die ukrainische Luftwaffe Angriffe in der Nähe fliege. Eigentlich wollten Kiew wie die Separatisten im Umkreis die Waffen schweigen lassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag