Longlist für den Deutschen Buchpreis: Inwärts gekehrt

Familien- und Zeitgeschichte: Davon erzählen viele Romane auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. 13 Autorinnen und 7 Autoren wurden ausgewählt.

Blick in die Familiengeschichte: Davon erzählen viele Romane auf der Longlist des Deutschen Buchpreises Foto: Panthermedia/imago

Je auswegloser die Weltlage, desto verführerischer erscheint die Flucht in die Introspektion. Auch die nun bekannt gegebene Longlist für den Deutschen Buchpreis spiegelt diese Tendenz, finden sich unter den nominierten Büchern doch so einige Rückbesinnungen auf die Kindheit.

So erzählt André Kubiczek in „Nostalgia“ vom Aufwachsen in der DDR als halblaotischer Ostdeutscher. In Dana von Suffrins deutsch-jüdischer Familiengeschichte „Noch mal von vorne“ ruft der Tod des Vaters Erinnerungen wach. Aufarbeitung ist ein Stichwort, „Heilung“ ebenso, wie Timon Karl Kaleyta schon im Titel verspricht, das Weiterleben nach großem Unglück, dem Tod der Tochter, den Daniela Krien in dem Roman „Mein drittes Leben“ verhandelt.

Fluchtbewegungen können sich jedoch genauso auf das Netz erstrecken, wie Martina Hefter in „Hey, guten Morgen, wie geht es dir?“ beweist, oder es bleibt die Beschäftigung mit Geschichte: Nora Bossong erzählt in „Reichskanzlerplatz“ von der Affäre zwischen Magda Goeb­bels und dem homosexuellen Freund ihres Stiefsohns. Noch ein paar Jahre weiter zurück liegen die Ereignisse, die Michael Köhlmeier beschreibt: „Das Philosophenschiff“ handelt von der Ausweisung missliebiger sowjetischer Intellektueller 1922.

Ausdrücklich Zeitgeschichtliches und Politisches verhandeln Ronya Othmann, die mit „Vierundsiebzig“, einer Annäherung an den Völkermord an der êzîdischen Bevölkerung 2014 durch den IS, nominiert ist, und Markus Thielemann. Der skizziert in „Von Norden rollt ein Donner“ eine ländliche Kulisse, in der nicht nur der Wolf wütet, sondern auch völkische Ideologien tiefe Wurzeln in den Boden der Lüneburger Heide getrieben haben.

Mehr Autorinnen ausgewählt

Drei De­bü­tan­t:in­nen sind unter den 13 Autorinnen und 7 Autoren: Max Oravins „Toni & Toni“, Ruth-Maria Thomas’ „Die schönste Version“ sowie Doris Wirth mit „Findet mich“, deren Verlag, der Schweizer Geparden Verlag, erstmalig nominiert worden ist.

197 Titel sichtete die Jury, bestehend aus Gerrit Bartels (Tagesspiegel), Magdalena Birkmann (freie Literaturvermittlerin und Buchhändlerin), Natascha Freundel (RBB), Torsten Hoffmann (Universität Stuttgart), Marianna Lieder (freie Kritikerin), Regina Moths (Münchener Buchhandlung Literatur Moths) und Klaus Nüchtern (Falter). Neben den bereits erwähnten stehen ferner auf der Longlist: Zora del Buono: „Seinetwegen“, Franz Friedrich: „Die Passagierin“, Maren Kames: „Hasenprosa“, Ulla Lenze: „Das Wohlbefinden“, Clemens Meyer: „Die Projektoren“, Mithu Sanyal: „Antichristie“, Stefanie Sargnagel: „Iowa“, Iris Wolff: „Lichtungen“. Wer es auf die Shortlist geschafft hat, wird am 17. September bekannt gegeben.

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