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London verschärft DemonstrationsrechtBis zu drei Jahre Haft

Großbritannien verabschiedet ein Gesetz, das von Demonstranten genutzte Methoden wie langsames Gehen unter Androhung von Haftstrafen verbietet.

Festnahme eines Demonstranten der Klimaschutzgruppe „Just Stop Oil“ am 6. Mai Foto: Justin Tallis/AP/dpa

London dpa | Die Polizei in Großbritannien kann nun noch schärfer gegen unliebsame Proteste etwa von Umweltaktivisten vorgehen. Seit Sonntag sind weitere Teile eines umstrittenen Gesetzes in Kraft, das von den Demonstranten genutzte Methoden wie langsames Gehen unter Androhung von Haftstrafen verbietet. Polizisten dürfen nun etwa von Demonstranten verlangen, die Straße zu räumen. Wer einen Tunnel baut oder sich dort aufhält, um etwa den Bau von wichtiger Infrastruktur zu verhindern oder aufzuhalten, kann zu maximal drei Jahren Gefängnis verurteilt werden. Auf Behinderung wichtiger Verkehrsanlagen stehen bis zu sechs Monate Haft.

Die konservative Regierung hat sich zwar zur Demonstrationsfreiheit bekannt, aber radikale Protestformen scharf kritisiert. „Hart arbeitende Menschen wollen ihrem Alltag nachgehen, ohne von einer selbstsüchtigen Minderheit gestört zu werden“, sagte Innenministerin Suella Braverman. „Die Öffentlichkeit hat genug davon, dass ihr Leben durch egoistische Demonstranten gestört wird. Das Chaos, das wir auf unseren Straßen gesehen haben, war ein Skandal.“

Kritiker hingegen warnen vor autoritären Tendenzen, die Gesetzesverschärfung gefährde das Demonstrationsrecht. Schon zuvor hatte die Regierung die Rechte von Protestteilnehmern stark eingeschränkt. So dürfen Polizisten auf Verdacht alle Menschen festnehmen, von denen sie glauben, dass sie die öffentliche Ordnung stören könnten. Erstmals hatten Beamte dieses Recht am Rande der Krönung von König Charles III. genutzt – und waren dafür scharf kritisiert worden.

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8 Kommentare

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  • @AJUGA

    Ich weiss nicht, ob weinen oder lachen. Vergessen wir nicht, dass wir auch auf diesem Weg sind.

    "Keine Rettungsboote für Tories."

    Sowas von.

  • 9G
    94799 (Profil gelöscht)

    Wie war das noch mit "Mutterland der Demokratie" - Schnee von gestern, siehe auch das britische Justizverbrechen in Sachen Julian Assange!

  • "So dürfen Polizisten auf Verdacht alle Menschen festnehmen, von denen sie glauben, dass sie die öffentliche Ordnung stören könnten."



    Ernsthaft, oder ein Übersetzungs-, oder Verständnisfehler?

    Eine Erhöhung von Repressionen und gleichzeitiger Einschränkung von Grundrechten ist in diesem Falle wohl eher eine Überforderung der vom Volk mit ihrer Vertretung Beauftragten, den sog. Volksvertretern. Im besonderen, wenn es um Protestformen geht, die soweit reduziert sind das fast allein die Existenz des Protestierenden schon störend ist.

    „Hart arbeitende Menschen wollen ihrem Alltag nachgehen, ohne von einer selbstsüchtigen Minderheit gestört zu werden“, sagte Innenministerin Suella Braverman. „Die Öffentlichkeit hat genug davon, dass ihr Leben durch egoistische Demonstranten gestört wird. Das Chaos, das wir auf unseren Straßen gesehen haben, war ein Skandal.“

    So verdreht Frau Innenministerin die Tatsachen, denn das Leben der Öffentlichkeit wird nicht durch egoistische Demonstranten gestört, sondern durch Politiker, die den Folgen ihrer eigenen Lobbypolitik hilflos gegenüberstehen und als alleinige Lösung eine Polarisierung der Gesellschaft betreiben, um Ihre Verantwortung aus ihrem zurückliegenden politischen Handeln zu verschleiern.

  • Treffen sich 3 Leute im Hochsicherheitsgefängnis Wakefield.

    "Warum bist du hier?"



    "Ich habe an Yom Kippur eine Handgranate in eine Synagoge im East End geworfen - 5 Tote, 20 Schwerverletzte. Und du?"



    "Ich habe mit einer Maschinenpistole auf die CSD-Parade in Manchester geschossen, 15 Tote. Und der Kleine da - du bist ja noch ziemlich jung, was hat dich hier hinverschlagen?"



    "Ich toppe das alles: ich bin ganz langsam über den Piccadilly Circus gegangen."

    "Die Öffentlichkeit hat genug davon, dass ihr Leben durch egoistische Demonstranten gestört wird."

    Keine Rettungsboote für Tories.

  • Was für eine schreckliche Welt.



    Die egositischen Demonstranten stören die armen Arbeiter, die einfach in Ruhe ihren Plastikramsch produzieren wollen, ihren starbucks-latte trinken, die nächtse greenwash social media kampagne für ihre company designen.



    Ich will diese Welt nicht mehr.

    • @E Witzelian:

      "Wenn ihr das Welt nennt,



      bin ich gerne Weltfremd!"

  • Schade, diese autoritär intendierten Strafkataloge im Land der Suffragetten-Bewegung und bei einem Gemeinwesen mit einer derartigen demokratischen Kultur als Tradition, die historisch für Deutschland nicht ohne Vorbildcharakter war.



    Zum zivilen Ungehorsam aus sozialphilosophischer Sicht:



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    "Robin Celikates: (...) Vielmehr finde ich es erschreckend, dass ein Bundesjustizminister, der es eigentlich besser wissen sollte, so über Protest spricht. Die Aktionen der "Letzten Generation" lassen sich dem klassischen Repertoire des zivilen Ungehorsams zuordnen und sind damit eine Protestform, die alles andere als autoritär und vielmehr genuin demokratisch ist. Beinahe alle sozialen Bewegungen der vergangenen Jahrzehnte haben Straßenblockaden eingesetzt, auch in Deutschland. Natürlich stellen sie einen Gesetzesbruch dar und natürlich wollen die Blockierenden damit provozieren. Aber mit Erpressung oder gar Autoritarismus hat das rein gar nichts zu tun."



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    www.geo.de/wissen/...st---32944214.html



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    Die Bandbreite von Reaktionen ist in Europa groß, speziell auch unter Berücksichtigung der üblichen Vorgehensweise in Frankreich.

  • Die spinnen, die Briten!