Lob vom Bundeskartellamt: Viel Wettbewerb beim Recycling
Die Kreislaufwirtschaft sei mit der privaten Konkurrenz besser und billiger geworden, sagt das Bundeskartellamt. Der Mittelstand ist anderer Meinung.
BERLIN taz | Seit es beim Verpackungsmüll keine Alleinstellung des Dualen Systems Deutschland mehr gibt, werden mehr Saftkartons, Tüten oder Zahnpastatuben recycelt – für weniger Geld. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundeskartellamt in der jetzt vorgestellten „Sektoruntersuchung duale Systeme“. „Das ganze System kostet heute die Hälfte im Vergleich zur Monopolsituation der 90er-Jahre“, sagt Präsident Andreas Mundt.
Die Bonner Wettbewerbshüter haben den Zeitpunkt ihrer Marktanalyse gut überlegt: Erst vor kurzem wurde mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz das Abfallrecht neu geregelt. Ein lukrativer Teilbereich steht indes noch aus: ein Gesetz zur Wertstofftonne. Das soll regeln, wie Verpackungen, aber auch andere Dinge aus Kunststoff, Glas, Metall oder Karton entsorgt werden.
Hier wollen die Wettbewerbshüter offenbar Pflöcke einschlagen, denn sie fürchten, dass sich in dieser nächsten Runde des Machtkampfes wieder die Kommunen durchsetzen. Die Konkurrenz privater Entsorgungsunternehmen müsse erhalten werden, sagte Mundt. Erst im Wettbewerb hätten sich moderne Sortieranlagen durchgesetzt, die Kunststoffe sortenrein voneinander trennen können – und das sei Voraussetzung für ein hochwertiges Recycling.
Zu Lasten der Mitarbeiter
Der Verband der kommunalen Unternehmen hält dagegen, dass die Kosteneinsparungen zu Lasten der Mitarbeiter gegangen seien: In der Abfallbranche ist die Tarifbindung gering, in der Privatwirtschaft gilt derzeit ein Mindestlohn von 8,33 Euro.
Aber auch vom privaten Mittelstand kommt Kritik. Kleine und mittelständische Abfallunternehmen widersprechen dem Kartellamt: Sie vermissen einen fairen Wettbewerb. Weil die meisten der neun bestehenden Dualen Systeme zu großen Entsorgungskonzernen gehören, die Abfälle nicht nur einsammeln und sortieren, sondern auch recyceln, hätten kleinere Unternehmen kaum eine Chance, an Abfall heranzukommen.
Der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung fordert deshalb, den Einfluss der Konzerne zu beschränken. Alternativ dazu wäre nur ein vollständiger Systemwechsel vorstellbar.
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