piwik no script img

Linkes Tradtionsgedenken in BerlinEnver grüßt Rosa und Karl

Zum Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ziehen wie jedes Jahr Tausende zur Gedenkstätte nach Friedrichsfelde. Putin finden nicht alle gut.

Linke Tradition seit Jahrzehnten: Die Rosa- und Karl-Demo war auch 2023 wieder ganz gut besucht Foto: dpa

Berlin taz | Klassenkampf, die Bundesregierung als Feind im eigenen Land und der Krieg in der Ukraine: Das waren die großen Themen der diesjährigen Luxemburg-Liebknecht-Demo. Nach Schätzungen der Polizei versammelten sich über 4.000 Teilnehmende am Sonntagmorgen, um den beiden So­zia­lis­t:in­nen und An­ti­mi­li­ta­ris­t:in­nen an ihrem 104. Todestag friedlich zu gedenken.

Am Aufstellungsort nahe dem Frankfurter Tor bildet sich um 10 Uhr ein Meer an roten Fahnen. Einige verteilen innerhalb ihrer Gruppen rote Nelken, die an der Gedenkstätte der So­zia­lis­t:in­nen am Zentralfriedhof Friedrichsfelde niedergelegt werden – ganz so wie jedes Jahr. Andere wollen ihre Zeitungen, Flugblätter oder auch Bücher an die zur Aufstellung eilenden Teil­neh­me­r:in­nen ausgeben. Die neue Ausgabe der Jungen Welt etwa, die am Vortag die Rosa-Luxemburg-Konferenz organisiert hatte, oder Arbeit Zukunft.

„Wir sind gegen den Krieg und die Vorbereitung des dritten Weltkrieges durch die deutsche Regierung“, schallt es aus einem Lautsprecher. Die Rednerin steht auf einem Wagen und begrüßt die einzelnen Gruppen, die sich entlang der Frankfurter Allee einreihen. In ihrer Rede kritisiert sie die Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine, aber auch die Nähe einzelner Gruppen und Organisationen zu China und Russland.

Recht schnell wird in den verschiedenen Wortbeiträgen, Rufen und anhand der Transparente deutlich: Bei aller Einigkeit im Gedenken an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht auf der LL-Demo und den Forderungen, die Nato müsse sich im Ukraine-Krieg raushalten, widersprechen sich die verschiedenen linken Strömungen vehement. Während die einen eine klare Abgrenzung fordern, wünschen sich die anderen „Frieden mit Russland und China“.

Es gibt noch bekennende Stalinisten

Am Rande der Aufstellung stehen zwei Teilnehmer:innen. Sie wirken unschlüssig. Warum sie da sind? „Das Gedenken ist wichtig“, sagt ei­ne:r der beiden. „Luxemburg und Liebknecht haben die Geschichte maßgeblich beeinflusst, und viele Forderungen sind gerade jetzt aktuell.“

Damit meinen sie die Aufrüstung in Deutschland, das Budget für die Bundeswehr, die wirtschaftliche Lage. „Als Studentin spüre ich die steigenden Kosten durch die Inflation“, sagt die Demonstrantin. An ihrer Jacke ist ein Pin mit Hammer und Sichel befestigt. Zu einer bestimmten Gruppe der De­mo wollen sie sich nicht zählen. Sie gucken erst noch, wo sie mitlaufen.

Ein anderer Teilnehmer zählt sich zum Sympathisantenkreis der „Kommunistischen Internationale – Stalinisten-Hoxhaisten“. Er trägt zwei Fahnen und ein selbstgebasteltes Demoschild, auf dem er zur Rückbesinnung auf das Parteiprogramm der KPD aufruft. „Gegen die Verdummungsphasen der DKP“ steht etwa darauf. „Ich bin hier, um unseren Martyrern und den glühenden Weltrevolutionären zu gedenken“, sagt der Fan des albanischen Ex-Diktarors Enver Hoxha, bevor er weiterzieht.

Es ist ein bunter Strauß, der durch die Berliner Straßen zieht. Statt stillem Gedenken gibt es Trommeln und Blasinstrumente mit einer Kapelle der FDJ, Gesang und Gitarre mit selbst geschriebenen Liedern („Nein zur Nato-Kriegsarmee“). Es reihen sich Mar­xis­t:in­nen an Le­ni­nis­t:in­nen an Maoist:innen. Mancherorts schwingt die gewohnte Ostalgie mit, die Romantisierung der DDR. Im Block der TKP hört man „Jin, Jiyan, Azadî“ – Frau, Leben, Freiheit.

Und irgendwo dazwischen schieben De­mons­tran­t:in­nen der Antifa die nächste Generation im Kinderwagen vor sich her.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Genau da gehört Herr Hunko(erste Reihe - Bild) hin.



    de.wikipedia.org/wiki/Andrej_Hunko



    oder austauschbar



    Aktuelle Kamera zu Liebknecht-Luxemburg-Demonstration (1988)



    www.youtube.com/watch?v=zLycUXzXSTc



    Da war aber mehr los! Krenz= Dagdelen = Hunko, da bin ich für Ringtausch!



    Täusche ich mich oder ist das nebenAndrej Hunko Ellen Brombacher?!



    de.wikipedia.org/wiki/Ellen_Brombacher



    .....und der Zukunft zugewandt!



    Seid bereit!

    • @Ringelnatz1:

      Früher bin ich bei dem Gruselauflauf auch oft mitgegangen, Jahr um Jahr mit größer werdender innerlicher Distanz.

      Und es war ja auch immer was los. Einmal drohte ein Verrückter auf die Demo zu schießen. Deswegen waren jede Menge Cops da, inklusive Scharfschützen auf den Dächern.

      Ein anderes Mal schändeten Stalinisten die kleine Gedenkstätte neben dem Grab, die an die Opfer des Stalinismus erinnert. Was dazu führte, dass Antifa mal wieder Handarbeit war.

      In einem anderen Jahr prügelte die Polizei die halbe Demo über den Friedhof.

      Dann der Jahrmarkt des Wahnsinns vor dem Eingang. Ehemalige Angehörige der Sicherheitsorgane der DDR, Devotionalien jeder Art und ideologische Traktate jeder Unter- und Abart.

      Dieses Jahr hat das wackere Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus die Parade des Schreckens dokumentiert.

      Und siehe, staune, gute Laune, kein Antisemitismus weit und breit:

      www.facebook.com/j...s/943278573327509/

      • @Jim Hawkins:

        Juti!



        Gruselauflauf und Jahrmarkt des Wahnsinns ist hervorzuheben.



        Nebenan ist die GA Bielefeld mit Vereinshaus, da haben wir am 15.ab und zu mal reingeschaut des Spaßes wegen.



        Was für ein Bild!+Choräle!



        s. Anfang!!;-)