Linker Sozialdemokrat Ralf Stegner: Der Unvollendete
Ralf Stegner tritt als Vorsitzender der SPD Schleswig-Holstein ab. Fraktionschef im Landtag und Bundes-Parteivize wird er bleiben.
Wie ungerecht es in der Politik zugehen kann, erlebte Ralf Stegner 2005: Heide Simonis wurde nicht erneut zur Ministerpräsidentin gewählt, viermal verweigerte ein unbekannter Abgeordneter ihr seine Stimme. Die SPD musste sich auf eine Koalition mit der CDU unter Peter Harry Carstensen einlassen. Stegner, der Finanzminister war und als Simonis’ Nachfolger gehandelt wurde, wurde Innenminister im Carstensen-Kabinett.
Eine Mischung wie Öl und Feuer: Carstensen, der eigentlich jeden umarmt, brachte Stegners Namen irgendwann nicht mehr über die Lippen, so verletzt fühlte er sich durch dessen ständige Sticheleien. Doch Stegner, der „Rote Rambo“, ein Medien-Spitznamen, der an ihm haftet, war 2007 mit großer Mehrheit zum Landesparteichef gewählt worden und setzte alles daran, das Profil der SPD zu schärfen: „Links, dickschädelig und frei“.
Ungerechtigkeit ist eines seiner Lebensthemen, die Auswirkungen davon spürte er selbst früh: Da es 1969 in seinem Heimatland Rheinland-Pfalz keine Lehrmittelfreiheit gab, musste der damals Zehnjährige aus Bad Dürkheim nach Mannheim pendeln, das Gymnasium zuhause wäre zu teuer für die Familie mit fünf Kindern gewesen. „Ich habe Aufstieg durch Bildung erfahren dürfen, habe erfahren, was man mit harter Arbeit erreichen kann“, schreibt Stegner über sich.
Harte Arbeit und klare Worte
Harte Arbeit – und klare Worte. Im Landtag, in Talkshows und seit einigen Jahren auf Twitter meldet Stegner sich mit pointierten Aussagen, scheut keine Auseinandersetzung mit Rechten und Halbrechten. Aber auch ParteifreundInnen bekommen etwas ab: „Wer Harmonie will, soll in den Gesangsverein“, ist so ein Stegner-Satz, über den viele GenossInnen ein Lied singen können.
Redetalent und linke Haltung hätten Stegner auf den Posten des Generalsekretärs bringen können. Aber andere, etwa Andrea Nahles, zogen an ihm vorbei. Es scheint wie verhext: Stegner gewinnt keine Wahlen. Weder mit der Partei, auch wenn Schleswig-Holstein etwas besser dasteht als der Rest der Republik, noch persönlich. So verlor er einen Mitgliederentscheid um den Posten des Spitzenkandidaten. Gegenspieler Torsten Albig wurde 2012 Ministerpräsident.
Aktuell ist Ralf Stegner, der Vater von drei Söhnen ist und mit seiner Frau im Örtchen Bordesholm lebt, Fraktionsvorsitzender im Kieler Landtag. Das Amt will er behalten – oder doch noch nach Berlin gehen? Darauf gab er in einem Interview mit der dpa eine halbe Antwort: Er nehme sein Amt als SPD-Bundesvize „mit großer Intensität wahr“ und fühle sich fit. Dementi klingt anders.
Die Fliege trägt er seit langem nicht mehr. Aber sowohl das frühere Bild des arroganten Harvard-Manns als auch das heutige des Miesepeters stimmen nur halb. „Viele, die mich kennenlernen, sagen mir, ich sei netter, als sie dachten“, lautet ein Satz, den Stegner gern über sich selbst sagt. „Und das ist doch besser als andersherum.“
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