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Linke gegen Mindestlohn-AltersgrenzeNotfalls bis zum Verfassungsgericht

Die Kritik an den Mindestlohnplänen von Arbeitsministerin Nahles reißt nicht ab. Die Linke will dagegen notfalls sogar vor Gericht ziehen.

Zu jung für anständige Bezahlung? Bild: dpa

OSNABRÜCK afp | Die Linke will gegen jegliche Altersgrenzen beim Mindestlohn juristisch vorgehen. Parteichef Bernd Riexinger kündigte in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Montag an, die Linke werde gegen jede Form von Altersbegrenzung Klage einreichen.

„Wir werden jede Altersgrenze vor Gericht bringen, egal ob 18, 21 oder 25.“ Lohn müsse „von Arbeit abhängig sein und nicht vom Alter“, sagte Riexinger. „Altersgrenzen sind verfassungswidrig.“ Notfalls müsse das Verfassungsgericht entscheiden, fügte der Parteivorsitzende hinzu.

Der Spiegel hatte zuvor berichtet, die Bundesregierung prüfe eine höhere Altersgrenze beim Mindestlohn. Dies hätten die Spitzen von CDU, CSU und SPD beschlossen. Bislang ist im Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) für einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro eine Altersgrenze von 18 Jahren vorgesehen. Aus der Wirtschaft sowie aus der Union kommen jedoch Forderungen, die Altersgrenze auf 21 oder 25 Jahre anzuheben.

Der Mindestlohn soll ab dem kommenden Jahr gelten. Der Gesetzentwurf soll am 2. April im Kabinett beraten werden. Die Vertreter einer höheren Altersgrenze argumentieren, es müsse für junge Menschen weiterhin attraktiv sein, eine Lehre zu machen anstatt einen mit Mindestlohn bezahlten Aushilfsjob anzunehmen.

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15 Kommentare

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  • Hat hier etwa jemand ernsthaft geglaubt, dass die Grosse Koalition einen Mindestlohn, der diesen Namen auch verdient, jemals einführen würde? Kann man überhaupt so naiv sein? Schon jetzt finden sich locker 1000 Gründe, die Ausnahme zur Regel zu erklären. Das ist diese Regierung schließlich den Lobbyisten noch schuldig für ihre spätere nahtlose Übergangsverwendung inkl. Alterssicherung. Beim "Mindestlohn" der Abgeordneten wurde natürlich nicht so gekleckert, da hat man erstmal richtig geklotzt. 2017 ist das ja längst vergessen. Nix gemacht, aber schon mal Gehaltserhöhung beschlossen - so kennen wir sie, "unsere Volksvertreter". Ist mir schlecht, nachdem ich mir dieses Schmierentheater nun schon zum x-ten Male anschauen musste. Kotz! Würg!

  • Dann böte aber niemand mehr eine Lehrstelle an. Wie produktiv für den Betrieb ist denn ein Auzubildender im ersten Jahr wenn der z.B. in der Lehrwerkstatt am Schraubstock Übungstücke feilt?

     

    Das der Mindestlohn unter 18Jahren generell eingeschränkt bzw. niedrigere Ausbildungsvergütungen gelten ist daher für mich nachvollziehbar. Im dritten Lehrjahr, also mit 19 dürfte der Azubi dann aber so produktiv sein, dass ein Mindestlohn oder mehr gezahlt werden könnte. Daher erübrigen sich weitergehende populistische Forderungen der Arbeitgeber wie 21 oder 25(!) Jahre.

     

    Was die Linkspartei hier allerdings vorhat ist ebensolch praxisferner Populismus.

    • @Waage69:

      Was Sie offenbar annehmen, aber nicht erwähnt ist- fordert die Linke einen Mindestlohn von 8,50 € für Azubi oder fordert sie den für unter 18jährige arbeitsvertraglich Beschäftigte und vll. eine gesonderte Mindest-Azubivergütung für Lehrlinge ?

       

      Nichts durcheinander bringen ! Lohn ist nicht gleich Lehrlingsgeld.

       

      Da bleiben im Artikel allerdings auch zu viele Fragen offen, die Populismus Tür und Tor öffnen.

      • @lions:

        Sehr aufmerksam!

         

        Mein Beitrag war ursprünglich als Erwiderung auf den Post von @ONC3 von 12Uhr5 geschrieben, da passt er auch.

         

        Hier oben stimmt der Bezug tatsächlich nicht mehr so ganz. Das er an dieser Stelle unpassenderweise noch mal auftaucht liegt daran, dass ich in letzter Zeit etwas zu Doppelposts neige, ich habe augenscheinlich so einige Probleme mit dem "Eigenleben" der taz Kommentarfunktion.

         

        Warum? zu alt, zu dumm - ick wes es net!

        • @Waage69:

          Liegt wahrscheinlich am Browser. Es werden nicht mehr alle Browser voll unterstützt.

  • D
    D.J.

    Die oberste Rechtssprechung hat das Diskriminierungsverbot oft sehr weit ausgelegt. Sonst könnte es ja z.B. keine Quotenregelungen geben.

     

    @0NC3

     

    "Lösung ganz simpel: Auch Auszubildende nach Mindestlohn bezahlen. Wenn der Mindestlohn als das Minimum des menschenwürdigen bei einer Vollzeittätigkeit gesehen würde, wäre dies nur konsequent."

     

    Ist das jetzt Sarkasmus oder nicht? Wenn nicht: Dann bitte auch Mindestlohn für Schüler; Schüler sein ist heutzutage auch eine Vollzeittätigkeit.

     

    Nebenbei: "Menschenwürde" entwickelt sich langsam in Richtung Beliebigkeitsbegriff. Sehr bedenklich.

  • Wieso sollte das Alter der Person und nicht das Ergebnis der geleisteten Arbeit ausschlaggebend für die Entlohnung sein?- Diskriminierung!

    • @H.-G- S.:

      Na ja, dann müssten die Azubis noch Geld mitbringen....

      • @MRO:

        "Azubis" sind arbeitsvertraglich keine Angestellten, die auf ein im Einzelfall zu entlohnendes Arbeitsergebnis verdingt sind, sondern auch selbstwissend noch Lernende, die unter anderem als entlohnt anzusehen sind , durch die zukünftigen Erwerbsbefähigungs- möglichkeiten die ihr Ausbildungs-betrieb ihnen zukommen läßt. -Da haben natürlich andere Aspekte tarifliches Gewicht.

  • Ich finde es geschmacklos und ein Hohn bei 8,50 (entspricht knapp 2000 Euro pro Monat für Arbeitgeber) mit der Menschenwürde zu kommen. Der Wert ist vollkommen willkürlich gewahlt. Das Existenzminimum eines vollzeit arbeitenden Singleangestellten entspricht umgerechnet 5-6 Euro pro Stunde. Und das Existenzminimum ist das Einzige, was man noch mit Menschenwürde in Verbindung bringen könnte. Alles darüber hinaus ist ein Sozialstaats- bzw. Wählergeschenk. Man sollte mit dem Begriff der Menschenwürde daher vorsichtig sein, ich bin sicher, mancher Mensch in der Geschichte, der wirklich Menschenwürdeverstöße erlebt hat, würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sieht, was manche heute als Verstoß gegen die Menschenwürde deuten.

     

    Wer sich in Ausbildung befindet, also durch das Lernen eines Berufes bereits eine Leistung erhält, kann doch nicht ernsthaft einen Mindestlohn verlangen. Dann können es ja gleich auch Grundschüler in Ganztagsschulen bekommen.

     

    Eine Altersgrenze mag sinnvoll sein, viel wichtiger ist, dass der zu hohe Mindestlohn nicht auch noch Niedrigqualifizierten, nicht deutschsprechenden oder langzeitarbeitslosen Arbeitskräften gezahlt werden muss. Denn dann haben die nie eine Chance, wer stellt jemanden ein, der einem mehr kostet, als man durch ihn gewinnt. Bitte gesunden Menschenverstand beibehalten liebe Linke und SPD-Geschenkeverteiler.

    • @Barbara Niem:

      Warum wollen Sie:

       

      " nicht deutschsprechenden oder langzeitarbeitslosen Arbeitskräften"

       

      diese Entlohnung vorenthalten, wenn doch das Arbeitsleistungsergebnis ok wäre.- - Vielleicht weil diese aber sehr oft sozial schwach und nicht besonders wehrhaft sind, und man es mit denen darum ruhig so machen könnte?

      Und von den verblichenen, wirklich Menschenwürdegeschädigten, auf die Sie hier anspielen, wäre vielleicht so mancher nicht so früh ins Grab gesunken, wenn schon zu seiner Zeit gegolten hätte, was Sie hier so nennen: „…was manche heute als Verstoß gegen die Menschenwürde deuten.“

  • "Die Vertreter einer höheren Altersgrenze argumentieren, es müsse für junge Menschen weiterhin attraktiv sein, eine Lehre zu machen anstatt einen mit Mindestlohn bezahlten Aushilfsjob anzunehmen."

     

    Lösung ganz simpel: Auch Auszubildende nach Mindestlohn bezahlen. Wenn der Mindestlohn als das Minimum des menschenwürdigen bei einer Vollzeittätigkeit gesehen würde, wäre dies nur konsequent.

    • @0nc3:

      Dann böte aber niemand mehr eine Lehrstelle an. Wie produktiv für den Betrieb ist denn ein Auzubildender im ersten Jahr wenn der z.B. in der Lehrwerkstatt am Schraubstock Übungstücke feilt?

       

      Das der Mindestlohn unter 18Jahren generell eingeschränkt bzw. niedrigere Ausbildungsvergütungen gelten ist daher für mich nachvollziehbar. Im dritten Lehrjahr, also mit 19 dürfte der Azubi dann aber so produktiv sein, dass ein Mindestlohn oder mehr gezahlt werden könnte. Daher erübrigen sich weitergehende populistische Forderungen der Arbeitgeber wie 21 oder 25 (HaHAHa mu mu - ein Gruß vom Känguru) Jahre.

       

      Was die Linkspartei hier allerdings vorhat ist ebensolch praxisferner Populismus.

  • Altersdiskriminierung ist in der Tat europarechtswidrig. Mit dem Verbot der "Altersdiskriminierung" ist ein schwieriges Feld betreten worden. Ältere Menschen haben in vielen Punkten Privilegien, die sie nun zu verlieren drohen. Gleichzeitig werden sie auf Grund ihrer Privilegien (höhere Löhne) und der nachlassenden Leistungsfähigkeit diskriminiert.

    Das Diskriminierungsverbot unvoreingenommen ausgelegt, führt nun dazu, die Privilegien zu beschneiden.

    Im Gegensatz wird bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts einseitig argumentiert und viele Privilegien als Ausgleich einer allgemein vorhandenen Diskriminierung neu eingeführt.

    Vielleicht hilft ja die Erfahrung mit der zweischneidigen Altersdiskriminierung dazu auch die sexuelle Diskriminierung nicht mehr so einseitig zu sehen. Jede Diskriminierung ist verkehrt - auch wenn in anderen Fällen andere Menschen umgekehrt diskriminiert werden.

    • @Velofisch:

      Nicht jede Ungleichbehandlung ist eine rechtswidrige Diskriminierung. Insbesondere dann nicht, wenn sie z.B. durch lange Betriebszugehörgikeit, höhere Kosten im Alter oder ähnliches legitimiert ist.

      Ein Diskriminierungsverbot zum Nachteil der "positiv Diskriminerten" auszulegen ist daher m.E. stets gefährlich, allerdings muss man sich auch fragen wie es denn anders gehen soll.