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Linke contra GreenpeaceKohle für die Koalition

Brandenburgs Linke bleiben stur: Gegen das eigene Parteiprogramm wollen sie für neuen Braunkohletagebau stimmen. Sonst sei Rot-Rot am Ende.

Katja Kipping im Innenhof der Parteizentrale in Berlin Bild: dpa

BERLIN taz | Es gibt sicher angenehmere Termine für eine Parteivorsitzende. Am Dienstagmittag sitzt Linken-Chefin Katja Kipping in einem völlig überfüllten Raum in ihrer Parteizentrale – umringt von etwa 80 Greenpeace-Aktivisten, von denen ein großer Teil seit dem Vortag aus Protest gegen die Kohlepolitik der Brandenburger Linken im Innenhof des Gebäudes campiert. Und auch am „runden Tisch“, zu dem die Partei als Reaktion auf die Greenpeace-Besetzung eingeladen hat, hat Kipping nicht viele Verbündete.

Auf der einen Seite des Tischs kritisierte Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer die „Unglaubwürdigkeit“ der Partei, die sich in ihrem Wahlprogramm klar gegen neue Braunkohle-Tagebaue ausspreche und in Brandenburg trotzdem dafür stimmen wolle: „Dafür fehlt mir jegliches Verständnis.“

Auf der anderen Seite saßen Kippings Brandenburger Parteifreunde – und machten klar, dass sie sich weder von Umweltverbänden und Bürgerverbänden noch von ihrer eigenen Parteispitze von ihrer Entscheidung abbringen lassen werden, in der nächsten Woche für den Braunkohleplan zu stimmen. „Der Landesverband lässt sich an dieser Stelle nichts vorschreiben – von niemandem“, rief der ehemalige Brandenburger Landesvorsitzende Thomas Nord in Richtung seiner Parteivorsitzenden.

Der Streit dreht sich um den geplanten Tagebau Welzow-Süd II im Südosten Brandenburgs. Dort will Vattenfall auf weiteren 1.900 Hektar Braunkohle abbaggern, wofür Teile der Stadt Welzow und das Dorf Proschim aufgegeben und mehr als 800 Menschen umgesiedelt werden müssten.

Entscheidende politische Grundlage

Am 3. Juni will das Landeskabinett den sogenannten Braunkohleplan verabschieden, einen politischen Grundsatzbeschluss für das Projekt. Die Minister der Linken würden diesem zustimmen, bestätigte die brandenburgische Linken-Fraktionsvorsitzende Margitta Mächtig am Dienstag in Potsdam.

Beim runden Tisch in Berlin verteidigte der energiepolitische Sprecher der Brandenburger Linken, Thomas Domres, diesen Beschluss. Nach der Zustimmung zum Braunkohleplan könnte dieser später wieder geändert werden; zudem folgten noch weitere Entscheidungen, bei denen der Tagebau verhindert werden könnte, sagte er. Dies stieß auf Widerspruch von Matti Nedoma, der Betroffene aus der Region juristisch vertritt. Der Plan, der jetzt zur Abstimmung stehe, sei die entscheidende politische Grundlage für alle späteren Verfahren, sagte er.

Anders als zuvor stellten sich die Brandenburger Linken in der öffentlichen Diskussion nicht mehr inhaltlich hinter die Braunkohle-Nutzung, sondern verteidigten diese allein mit dem Machtargument. „Wenn die Linke dagegen stimmt“, sagte Landtagsmitglied Thomas Domres, „dann ist die Koalition am Ende.“ Zwar sei Welzow-Süd II nicht im Koalitionsvertrag vereinbart, aber die Linke habe ihre Zustimmung schon in den Koalitionsverhandlungen zugesagt.

Während Linken-Vorstand Tobias Pflüger sich klar gegen Welzow-Süd II aussprach, lehnte Kipping eine explizite Positionierung ab. Eine „Ansage“ an die Brandenburger Genossen wäre „alles andere als hilfreich“, sagte sie. Auch nachdem sich die Linken zu einer internen Verhandlung zurückgezogen hatten, konnte sie nur ein winziges Zugeständnis verkünden: Die Linken würden in Brandenburg eine „Verschiebung“ der Entscheidung über den Braunkohleplan „thematisieren“. Zudem soll es ein weiteres Gespräch geben.

Greenpeace reichen diese Ergebnisse erwartungsgemäß nicht: Die Besetzung der Parteizentrale wird fortgesetzt.

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9 Kommentare

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  • 3G
    3618 (Profil gelöscht)

    Ich habe es kommen sehen, je "regierungsfähiger" und "koalitionsfähiger" die LINKE wird, desto "sozialdemokratischer" wird sie, will heißen, kaum an der Macht sind alle Grundsätze und Orientierung an den Interessen von Bürgern und Umwelt vergessen.

  • Man kann es nicht allen recht machen, in der Politik schon gar nicht. Man sollte aber immer das Bestmögliche tun. Wenn die Linke den Braunkohletagebau für das Bestmögliche hält, sollte sie auch erklären, warum. Dafür zu stimmen, nur weil die Koalition sonst beendet ist, wäre politisch dumm. Damit kann sich die Linke in Brandenburg nur schaden.

  • Die Stromkonzerne und Aktionäre wirds freuen, diese Uneinigkeit.Den sozialen Ökostrom gibts ja auch nicht.Diesbezüglich sind die Grünen marktradikal.

  • Dann ist rot-rot halt am Ende, und weiter?

  • Ach wie mutig! Das Sondereinsatzkommando der Grünen landet in der Parteizentrale der Linken. Na ja, bei der SPD wären sie sicher nicht so gut behandelt worden und man will es beim Besetzen doch bequem haben. Tolle Kinder, da kann man nicht meckern. Laut Altersstatistik kann Die Linke nämlich nicht zurückschlagen, weil man nie sicher sein kann, dass die Sicherheitselektronik der Grünen- Parteizentrale so viele Metall Rollatoren auf einmal verkraftet. Aber vielleicht kommt man beim Abendbrot mal ins Reden? Ohne Regisseure aus der Grünen- Zentrale? Nötig wäre es! Denn die Situation ist verfahren. Die Grünen waren viele Jahre in der Bundesregierung. Warum ist damals nichts Umweltpolitisches passiert, außer dem vernünftigen Dosenpfand?

    • @yyyy xxxx:

      Moment mal, ich bin verwirrt.

      Was haben denn jetzt die Grünen mit dem Thema zu tun?

      Ich denke, dass Sie nicht sonderlich viel über Greenpeace wissen. Es ist meiner Meinung nach unangebracht der Organisation irgendwelche politischen Verflechtungen vorzuwerfen. Wir können froh sein, dass es so eine unabhängige Kraft gibt, die sich für unsere Lebensgrundlage einsetzt.

  • ja die umwelt hat die linke auch nicht wirklich auf dem schirm. sie ist doch traditionell eine arbeiterpartei. setzt sie sich jetzt fuer die vielleicht 3.500 arbeitsplaetze der region ein, auch gegen den verlust einer ganzen region, heimat fuer 900 menschen? gegen verheerende co2 bilanz? gegen den erhalt und schaffung neuer und langfristigere jobs in der wind- und solarbranche? fuer den konzern vattenfall? das soll mir mal ein linker erklaeren. eine sozialistische partei die die interessen der industrie und der marktliberalismus vertritt?

    voellig verbohrt und voll daneben. nee, das ist politik von vor 1989. unmodern und superpeinlich.

  • Ja, wenn man sich in eine Koalition mit einem größeren Partner (?) einläßt, so kann es sehr schnell brenzlig werden. Die Linken befinden sich in einer lose-lose-Situation. Entweder sie machen beim Tagebau mit, dann verlieren sie aber den Rückhalt bei den ökologisch angehauchten Menschen, wovon dann z.B. die Grünen profitieren, oder aber sie blockieren den Tagebau, was dann den Konflikt mit den Arbeitern und Gewerkschaften schürt, die ihre Arbeitsplätze in Gefahr sehen, und die Koalition wäre auch geplatzt. Würde sich die SPD dann nach einem neuen Koalitionspartner umsehen, dann besteht die reale Gefahr, daß dann am Ende der Tagebau doch noch kommt. Verflixt.

  • Das ist wieder dasselbe Spiel, mit dem eine FDP (vor Jahrzehnten noch "liberal" im besten Sinne), später die Grünen als Juniorpartner von RotGrün und dann eine SPD als Juniorpartner bei den GroKos jeweils allein zum Machterhalt ihre ureigensten Überzeugungen über Bord werfen, sozusagen den "Markenkern" aufgeben.

    Was mit der FDP passiert ist, haben wir erlebt. Wo die Grünen jetzt stehen, als DIE bräsig-bürgerliche Partei der Mitte, und wo die SPD jetzt steht (überall, nur dicht da, wo Sozial und Demokratie zusammenwirken), erleben wir auch gerade.

     

    Wie will eine Linke auf allen politischen Ebenen etwas erreichen, wenn sie allein zum Machterhalt genauso ihren Markenkern nach Bedarf aufgibt? Die größten Erfolge "linker" Politik sind oft die, wo eine knackige, im besten Sinne nervige Opposition eine Regierungsmehrheit vor sich hertreiben kann.

     

    Welches Szenario haben wir für Brandenburg, wenn die Koalition platzt? Würde das der Linken als Partei und den linken Ideen als legitime Nachfolge der ehemaligen Arbeiterpartei-Sozialdemokratie eher schaden oder nützen?