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Linke-Politikerin über Rot-Grün in Hessen„Tolerierung ist möglich“

Eine Zusammenarbeit mit Rot-Grün könne klappen, sagt die Linke Janine Wissler. Selbst die neue Landebahn am Frankfurter Flughafen sei kein Hindernis.

Krachmacher in Hessen: Flieger im Landeanflug in Frankfurt Bild: dpa
Timo Reuter
Interview von Timo Reuter

taz: Frau Wissler, nach der Wahl vom Sonntag hat Schwarz-Gelb im Hessischen Landtag keine Mehrheit, Rot-Grün auch nicht. Kommt jetzt Rot-Rot-Grün?

Janine Wissler: Der Ball liegt bei der SPD, sie muss überlegen, was sie möchte. Für die Linke ist regieren kein Selbstzweck, wir wollen einen Politikwechsel. Wenn wir Kompromisse eingehen, dann müssen sie in die richtige Richtung gehen.

Sie müssten fürs Mitregieren Opfer bringen.

Wieso sollen wir etwas opfern? Viele Menschen finden unsere Positionen wichtig und haben uns darin bestätigt. Wir haben ein gutes Wahlprogramm und wollen so viel wie möglich davon umsetzen.

SPD und Grüne machen Ihre Forderung nach der Schließung der neuen Landebahn am Frankfurter Flughafen zu einem Ausschlusskriterium.

Sozialdemokraten und Grüne rücken doch selbst von den Ausbauplänen ab und sind gegen den Bau des Terminals 3. Wenn man dieses nicht baut, kann man auch die neue Landebahn stilllegen, weil man die gar nicht braucht. Wir haben die paradoxe Situation, dass der Flughafen mit vier Pisten weniger Flugbewegungen abfertigt als mit drei, aber deutlich mehr Lärm macht. Und ich weiß, dass viele Mitglieder von SPD und Grünen genau unsere Position vertreten.

Im Interview: Janine Wissler

32, Politologin aus Frankfurt/Main, seit 2009 Chefin der Linken-Fraktion im Hessischen Landtag. Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl, Ergebnis: 5,2 Prozent.

Aber die Beschlüsse der Parteispitzen von SPD und Grünen sind klar: Niemand will die Landebahn stilllegen.

Dann müssen SPD und Grüne erklären, wie sie die Gesundheit der Menschen sonst schützen wollen. Sollen Hunderttausende umgesiedelt werden?

Würde die Linke sich mit der Schuldenbremse arrangieren?

Wir haben es in den letzten Jahren nicht mit steigenden Ausgaben, sondern mit sinkenden Einnahmen zu tun. Deshalb wäre die beste Schuldenbremse eine vernünftige Besteuerung von hohen Vermögen. Wir beteiligen uns nicht an einer Regierung, die eine Politik des sozialen Kahlschlags, der Privatisierung oder des Stellenabbaus vorantreibt, nur um die Schuldenbremse einzuhalten.

Also Schuldenbremse ja, aber nur mit Steuererhöhungen?

Wir lehnen die Schuldenbremse weiterhin ab. Aber natürlich ist es schwer, diese wieder aus der Verfassung herauszukriegen, dort hinein ist sie per Volksabstimmung gekommen. Wir wollen jedenfalls eine stärkere Besteuerung von Reichtum.

Ist denkbar, dass die Linke Rot-Grün toleriert wie in NRW?

Ich schließe eine Tolerierung nicht aus.

Ist das nicht Blödsinn? Entweder Sie stimmen bei allem zu, ohne in der Regierung zu sein – oder Sie lassen sie platzen.

Das glaube ich nicht. Nehmen Sie die Situation 2008 in Hessen, das hat die Demokratie vorangebracht. Das Parlament war wesentlich spannender, weil man vorher oft nicht wusste, wie eine Abstimmung ausgeht.

SPD und Grüne haben gegen die Linke Wahlkampf gemacht. Ist da eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich?

Sicher stärkt dies nicht das Vertrauen oder die Zusammenarbeit. Aber es geht hier nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern um politische Inhalte.

Die Linke sitzt in fast keinem westdeutschen Parlament mehr. Was hat Ihre Partei in Hessen anders, vielleicht besser gemacht als in anderen West-Ländern?

Wir sind auch vom Bundestrend abhängig, und die Linke in NRW zum Beispiel hatte das Pech, dass wir damals in den Bundesumfragen schlecht standen. Dazu haben uns die Piraten etliche Wählerstimmen gekostet. Bundespolitisch ist die Stimmung jetzt aber besser. Und wir hatten in Hessen fünf Jahre Zeit, uns landespolitisch aufzustellen und uns zu profilieren.

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9 Kommentare

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  • S
    Socke

    Ist keinem aufgeefallen wie unverfroren sie GEGEN den Willen des Volkes spricht?

    "Es ist schwer die Schuldenbremse aus der Verfassung zu bekommen..."

     

    Per VOLKSABSTIMMUNG wurde sie darin aufgenommen, und die Linke lehnt sie ab, das Ziel wäre sie da wieder aus der Verfassung zu schmeissen.

    Das die Hessen die da aber reingewählt haben - egal....

     

    Und mit solchen Leuten sollte man Politik machen?

    • S
      seyinphyin
      @Socke:

      Volksabstimmung kann man das bei einer Beteiligung von 30-50% wohl kaum nennen.

  • P
    phaeno

    Verehrter RWagner,

    wenn Sie schon über den Bildungsstand anderer Personen räsonieren, stünde Ihnen eine Überprüfung Ihrer grammatikalischen Kompetenzen durchaus gut an.

  • R
    RWagner

    Ich denke indes, dass meine Prognose zutrifft: Von der Wissler'schen These der "landespolitischen Aufstellung" hat hierzulande niemand etwas gemerkt; kaum ein (Noch-)Mitglied der hessischen Linken wählt die eigene Partei; stehen im Fokus doch stes doch keineswegs landespolitische Themen, sondern der autoritäre (aus ehemaligen DKP-Kreisen bestimmte und vom trotzkistischen Wissler-Netzwerk freudig mitgetragene) Kurs der Partei, die dadurch verursachten Schikanen, das fehlende Auftreten und Interesse an der Partei (woher soll es auch kommen, wenn alle Mitglieder und Interessenten weggemobbt werden, keine Demokratie möglich ist und die Funktionäre allein zur Wahl einmal präsent sind; auf der Straße sieht man sie sonst 5 Jahre nicht...) usw. usf.

    Man kann nur hoffen, dass ROT-GRÜN bei den Vorbehalten gegenüber dieser Partei bleibt: Wer genauer hinguckt merkt, dass das billigste SED-Klischee noch Untertreibung ist angesichts der autoritär-"kommunistischen" Zustände in dieser Partei.

     

    R. Wagner, Frankfurt

    • @RWagner:

      Na, dann prangen auf der hessischen Flagge ja wohl bald wieder Hammer & Sichel, wa?! ;-)

    • @RWagner:

      Da kann ich Ihnen zum Teil recht geben.

      Ich kenne Linke aus Ost und West. Diese unterscheiden sich fundamental.

      Das stark autoritäre Auftreten von West-Linken und ihre fehlende kommunale Hingebung ist nahezu das Gegenteil ihrer Ostgenossen.

      Im Osten sind die Linken sehr bürgernah, demokratisch und koalitionsfähig. All das scheint den West-Linken zu fehlen, sind diese doch aus einem anderen Umfeld rekrutiert.

  • R
    RWagner

    Tja, und eben allein ums Profilieren geht es Frau Wissler und ihrer hessischen Linkspartei. Dass sie sich der Wortbedeutung nicht bewusst ist, verwundert kaum: Mut zur Bildungslücke ist nach wie vor ihr größtes Verdienst, wer sie näher kennt, weiß wovon ich spreche. Andererseits ist Wissen und Kompetenz auch nicht nötig, wenn allein die Profilneurose im Auge des Betrachters ist.

    Was Wissler mit "bundespolitisch geht es der LINKE besser" meint, ist und bleibt ein großes Rätsel. Gerade hat die Bundespartei einen kräftigen Dämpfer bei der BT-Wahl bekommen und ein Absacken um 3% eingesteckt. Auch wenn die LINKE in alter Tradition (auch kurz vorm Mauerfall feierte die SED freudig das glorreiche 40jähirge DDR-Bestehen)jedes Ergebnis schönredet: Die Zahlen lügen nun mal nicht.

    Wiederum andererseits: Allein der zeitgleichen Bundestagswahl hat Wissler den knappen Einzug in den Landtag zu verdanken, obschon sie selbst dabei Verluste im Vergleich zur vorigen Wahl wegzustecken hat. Hätten nicht wegen der BT-Wahl auch Leute die Linke in Hessen einfach so (ohne groß drüber nachzudenken) mitgewählt, dürfte sie wohl so um die 3% kassiert haben. Allein Neuwahlen könnten dies aufzeigen.

     

    R. Wagner, Frankfurt

    • @RWagner:

      Die Linkspartei ist die drittstärkste Kraft in Deutschland.

  • TJ
    Trürgen Jitrin

    Die LandebahnIn hat schon eine symbolische AussagekraftIn in dieser BundeslandIn