Linke Klimaschutz-Ideen: Such den Parkplatz, such, such!
Die Linken wollen Parkplätze sukzessive reduzieren, um Platz für nachhaltige Nutzungen zu schaffen. Kann das funktionieren? Ein Wochenkommentar.
Erst mal ein bisschen Medien- und Selbstkritik: Da beschließt die Linkenfraktion im Abgeordnetenhaus ein siebenseitiges Papier zum Klimaschutz, plädiert für die Ausrufung einer Klimanotlage, einen Klimavorbehalt bei der Verabschiedung von Gesetzen, eine Erhöhung des CO2-Reduktionsziels, die Pflicht zur mietenneutralen Bestückung von Neubauten mit Photovoltaik, eine Mindestquote für erneuerbare Wärme beim Austausch von Heizungen, Begrenzungen des Flugverkehrs bis hin zum Verbot von Inlandsflügen, den massiven Ausbau des ÖPNV, den Erhalt von Kleingärten … langweilen wir Sie?
Kein Problem: Angekommen in der Presse ist am Ende sowieso nur ein Punkt, der sich polemisch zuspitzen lässt: die Forderung einer festen Parkplatz-Reduktionsquote, um private Pkw zurückzudrängen und Platz zu schaffen für Grünes, Fahrradabstellanlagen oder breitere Gehwege.
Damit lässt sich natürlich ganz leicht der Zorn der Opposition herauskitzeln: „Sozialistische Amokfahrt“, schnaubte die CDU, die AfD sprach von „politisch verfügtem Autohass“, und auch bei der SPD und den Grünen ist manchen so viel Dirigismus peinlich. Geschichte fertig.
Von einem Beschluss einer Fraktion bis zu einem gemeinsamen parlamentarischen Antrag der Koalition beziehungsweise einem Gesetz ist es aber ein weiter Weg, das Hyperventilieren wäre gar nicht nötig. Lassen Sie uns also kurz überlegen, was für und was gegen einen solchen Vorschlag spricht.
Die Intention ist klar: Je weniger Stellplätze es gibt, desto unattraktiver wird der Besitz eines Pkw, ergo schaffen die Leute dieselben peu à peu ab. Und es ist vollkommen richtig anzuprangern, dass private Autos – mit teilweise ins Groteske wachsenden Dimensionen – kostbaren öffentlichen Raum vollstellen, der für ein gutes urbanes Leben sinnvoller einzusetzen wäre.
In weiten Kreisen rotieren
Andererseits dürften die Auswirkungen einer solchen Reduktionsspirale weniger lustig sein als die „Reise nach Jerusalem“ auf dem Kindergeburtstag, wo nach jeder Runde ein weiteres Stühlchen fehlt. Schon jetzt gehört ein großer Teil des herumgondelnden Blechs zum „Parksuchverkehr“ – FahrerInnen, die in sich weitenden Kreisen um ihr Ziel rotieren, ohne eine Lücke zu finden. Dieser Missstand würde über Jahre hinweg verschärft und festgeschrieben.
Deshalb spricht wohl doch mehr für eine finanzielle Regulierung – durch angemessen hohe Parkgebühren oder eine City-Maut. Das verursacht weniger Chaos und macht die Entscheidung, aufs Auto zu verzichten, leichter, weil die Folgekosten transparenter sind. Wenn das der Linken unsozial erscheint, wie es aus der Fraktion hieß, kann sie sich ja für eine Tarifstaffelung nach Autogröße starkmachen. SUV-Panzer-Fahren muss man sich ohnehin leisten können.
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