Lieferando-Streik in Berlin: Spritpreise machen Kuriere arm

Autokuriere von Lieferando protestieren am Montag für eine höhere Kilometerpauschale.

Streikende Mitarbeiter*innen mit Transparenten vor Lieferando-Zentrale

Zum zweiten Mal dieses Jahr haben am Montag Fah­re­r*in­nen vor der Lieferando-Zentrale gestreikt Foto: Johanna Jürgens

BERLIN taz | 25 Fah­re­r*in­nen sind am Montag vor dem Hauptquartier des Essen-Lieferdienstes Lieferando in Kreuzberg zusammengekommen, um auf die prekäre Lage der Autokuriere aufmerksam zu machen. Denn die Kilometerpauschale von 30 Cent, die das Unternehmen seinen Pkw-Fahrer*innen aktuell zahle, federe die steigenden Kraftstoffpreise nicht ab: „Wir bezahlen das Benzin gerade aus eigener Tasche“, sagt Sarah El Hussein, Organisatorin der Demo. Seit knapp einem Jahr fährt sie mit ihrem Auto Bestellungen für den niederländischen Konzern aus. Seit der Ukrainekrieg die Spritpreise in die Höhe getrieben hat, lohne sich ihre Arbeit kaum noch, beklagen El Hussein und ihre Kol­le­g*in­nen in Redebeiträgen auf Deutsch, Englisch, Arabisch und Persisch.

„Es gehört zum Geschäftsmodell von Lieferando, Geschäftsrisiken auf die Mitarbeiter abzuwälzen“, sagt Olaf Klenke, Bezirkssekretär bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Erst vor Kurzem hatte die NGG selbst zum Streik vor der Lieferando-Zentrale aufgerufen: Rund 70 Fah­re­r*in­nen kamen Ende Januar zusammen, um unter anderem für einen Stundenlohn von 15 Euro zu protestieren.

An diesem Montag fordern die Streikenden die Erhöhung der Kilometerpauschale von 30 auf 50 Cent. Obwohl die steigenden Benzinpreise sie nicht betreffen, haben sich auch einige Fahrradkuriere dem Protest angeschlossen: aus Solidarität, aber auch, weil sie viele Anliegen mit ihren Kol­le­g*in­nen auf vier Rädern teilen. So äußern die Lie­fe­ran­t*in­nen den Verdacht, dass ihr Arbeitgeber ihnen Lohn unterschlage: „Allen Fahrer*innen, egal ob Roller, Auto oder Fahrrad, ist bewusst, dass Lieferando nicht jeden gefahrenen Kilometer berechnet“, sagt Fahrradkurier Leonard Müller.

Fah­re­r*in­nen beklagen fehlerhaftes Kilometer-Tracking

Welche Strecken sie zurücklegen, zeichne die App auf, über die die Kuriere ihre Aufträge abwickeln. Basierend auf deren Daten zahlt Lieferando den Mit­ar­bei­te­r*in­nen zusätzlich zu ihrem Basisstundenlohn eine Kilometerpauschale. Die stimme jedoch nicht immer mit der tatsächlich zurückgelegten Strecke überein: „Ich habe mal einen zweiten Navi laufen lassen und die Kilometerzahlen verglichen“, sagt Leonard Müller. „Am Ende kam raus, dass Lieferando mir nur jeden dritten Kilometer bezahlt hat.“ Zwar sei eine manuelle Nachberechnung möglich, dafür müssten die Fah­re­r*in­nen jedoch nachweisen, dass ihnen nicht alle Wege vergütet wurden.

Außerdem forderten die Streikenden an diesem Montag eine Verschleißpauschale von 20 Cent pro Kilometer. Die Autokuriere bei Lieferando stellen ihre Fahrzeuge selbst – im Gegensatz zu ihren radfahrenden Kol­le­g*in­nen werden sie dafür bislang nicht entschädigt. „Durch die vielen Stopps und das ständige Schalten ist bei einigen Autos das Getriebe im Eimer“, sagt ein Demoteilnehmer. Eine Verschleißpauschale könne die Reparaturkosten finanzieren.

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