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Libyen-Konferenz in BerlinFriedenstruppen für Libyen

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Eine Befriedung des libyschen Bürgerkriegs wird ohne internationales Zutun kaum möglich sein. Auch die EU ist gefragt.

Spricht Europa diesmal mit einer Stimme? Foto: dpa

A uf der Berliner Libyen-Konferenz ist viel davon die Rede gewesen, dass es weniger ausländische Einmischung in dem Bürgerkriegsland geben soll. Aber eigentlich müsste nun ein verstärktes internationales militärisches Engagement auf libyschem Boden folgen. Im Bundeskanzleramt wurden am Sonntag die möglichen Umrisse eines Friedensprozesses festgelegt – jetzt stellt sich die Frage der Realisierung.

Die erste Bedingung für einen neuen Friedensprozess in Libyen ist ein dauerhafter Waffenstillstand zwischen den Milizen auf Regierungsseite und der Rebellenarmee des Generals Haftar am Rand der Hauptstadt Tripolis. Den wird es nur mit einer internationalen Schutztruppe geben können, die die Frontlinien ruhig hält, Libyens Kriegsparteien voneinander trennt und Raum für die nötige Demobilisierung der kämpfenden Truppen schafft. Nötig ist auch die Einhaltung des UN-Waffenembargos gegen Libyens Kriegsparteien.

Das wiederum erfordert die interna­tionale Überwachung der Meeres- und Landgrenzen und ein konsequent durchgesetztes Verbot aller Ölgeschäfte mit Libyen außerhalb der anerkannten Strukturen. Sollten die Waffen nicht schweigen und der Krieg in Libyen nach der Berliner Konferenz erneut aufflammen, wäre ein verstärktes Eingreifen erst recht nötig. Die Staatenführer der Welt können nicht erst gemeinsam Frieden für Libyen fordern und dann einem Krieg in Libyen tatenlos zusehen.

Dem politischen Druck muss militärischer folgen

Das wäre das „zweite Syrien“ mit Russland und der Türkei als Brandstifter, das man auf jeden Fall vermeiden möchte. So oder so: An mehr Engagement in Libyen führt kein Weg vorbei. Die internationale Gemeinschaft muss sich selbst die Fähigkeiten geben, auf politischen Druck militärischen Nachdruck folgen zu lassen. Zauberei wäre das nicht.

Missionen der UNO und der EU bestehen schon, Vorbilder für eine längerfristige Präsenz in Form robuster UN-Missionen, deren Mandat in der Absicherung und Durchsetzung eines von den Kriegsführern vereinbarten Friedensprozesses besteht, gibt es in vielen anderen Ländern Afrikas. Es ist knapp neun Jahre her, dass die Nato mit UN-Mandat unter Führung Frankreichs und Großbritanniens in Libyen eingriff, um die Zivilbevölkerung vor Massakern zu schützen.

Die Intervention endete mit dem Sturz des Gaddafi-Regimes, ohne eine stabile Nachkriegsordnung zu schaffen und damit zu früh. Das damalige Versäumnis können die Interventionsmächte jetzt wiedergutmachen. Gut wäre, wenn Europa diesmal mit einer Stimme spräche.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • "Es ist knapp neun Jahre her, dass die Nato mit UN-Mandat unter Führung Frankreichs und Großbritanniens in Libyen eingriff, um die Zivilbevölkerung vor Massakern zu schützen."

    Und das hier lesen!

    Alle kriegerische Einsätze der freien Welt zielen bekanntlich nur dazu, Massenvernichtungswaffe zu beseitigen und die Zivilbevölkerung zu schützen. Gegessene Missionar(in)nen sind heutzutage schwer zu finden.



    Dies gehört zur Vulgate der Politiker und der Generäle, keineswegs zum Journalismus. Ist D. Johnson das Pseudonym Tony Blairs?

    Dass die eigentliche Folgen weitere Kriege und Krisen sind, ist natürlich reiner Zufall, und keiner hat dafür irgendeine Vertantwortlichkeit zu tragen.

  • Libyen war vor dem Sturz des Diktators Gaddafi das wohlhabendste Land in Afrika. Gaddafi wusste die unterschiedlichen Interessen mächtiger Clans stets so zu befrieden, dass es dort verhältnismäßig "geordnet" zuging. Solange, bis die USA und Frankreich das Land bombardierten und Verhältnisse schufen, die durchaus als barbarisch bezeichnet werden können.



    Es gibt weder eine europäische Linie hinsichtlich einer Befriedung Libyens noch eine Kraft in Libyen, die den Wunsch der Bevölkerung nach Frieden erfüllen könnte.

    Der Versuch von Frau Merkel, Lösungen zu finden, ist durchaus ehrenwert auch wenn er sicherlich deutlich durch die Sorge geprägt ist, eine offene Tür für Flüchtlinge schließen zu müssen.

    Ich hätte erwartet, dass die Konferenz in Berlin zumindest für die unerträgliche Situation der eingekerkerten Flüchtlinge schon etwas gebracht hätte.

    Dass AKK und auch einige ihrer grünen Kolleginnen und Kollegen schon wieder von Bundeswehr- bzw. Militäreinsatz reden, ist eine fast schon unerträgliche Geschichtsvergessenheit. Denn das wäre nicht im Interesse der meisten afrikanischen Staaten. Da ist Kolonialismus noch immer Thema. Und militärisch ist dort nichts lösbar, zumal es in Libyen keine seriösen und unabhängigen Politiker gibt, die bei einer Befriedung zivile Strukturen aufbauen könnten. Da sind auch die Interessen vieler Länder absolut gegensätzlich, die an den Verhandlungen in Berlin teilnahmen.

  • Wie immer bei solchen Events ist das Presseecho sehr verschieden. Z. B. stellt das weit linke Blatt „Junge Welt“ den Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour fast in die Ecke der Kriegstreiber, weil er befand, es sei „unklug, einen europäischen Einsatz in Libyen von vornherein auszuschließen“



    Dagegen hebt „Sputnik“, Putins deutschsprachiges Propagandaorgen. Heiki Maas‘ Feststellung hervor: „Ich glaube, dass alle erkannt haben, (...) dass es keine militärische Lösung gibt und dass alle eigentlich ein Interesse daran haben müssen, dass dieser Krieg beendet wird (…). Das ist der eigentliche Erfolg dieser Konferenz.“ Und: „Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von der Unmöglichkeit einer militärischen Lösung“, was viele Kommentatoren überhört haben!



    www.jungewelt.de/a...ter-gleichmut.html de.sputniknews.com...-sich-in-bruessel/

  • Puh, da haben wir Glück gehabt. Einmal mehr ist der Taz ein überlegenswerter Kommentar gelungen. Stellen wir uns vor, wenn ein Leserkommentar den Meinungsabdruck einer ganzen Zeitung geben würde, kaum auszudenken. Taz, dafür zahl ich!

  • Lustig das das "internationale Zutun" genau der Länder jetzt den Frieden bringen soll, die den Bürgerkrieg mit ihrem "Zutun" orchestriert und das prosperierenste Land Afrikas in eine zweites Somalia verwandelt haben...

  • 6G
    6120 (Profil gelöscht)

    Ich stimme Dominic Johnson völlig zu, wenn er schreibt:



    "...Die Intervention endete mit dem Sturz des Gaddafi-Regimes, ohne eine stabile Nachkriegsordnung zu schaffen und damit zu früh. Das damalige Versäumnis können die Interventionsmächte jetzt wiedergutmachen. Gut wäre, wenn Europa diesmal mit einer Stimme spräche."

    • @6120 (Profil gelöscht):

      Wieso sollten diejenigen, die den Schaden angerichtet haben, in der Lage sein, ihn zu beheben? Und woher kommt die Hybris, dass die Europäer immer noch glauben, in fremden Ländern die Verhältnisse bestimmen zu müssen? Die Denkweise der Kolonialherren ist noch viel zu weit verbreitet.

  • Die gegenwärtige Situation in Libyen ist bereits das Ergebnis internationalen Zutuns, bei dem auch die Staaten der EU beteiligt waren.

  • Merkel sagt zusammengefast, dass man eigentlich nichts erreicht hat, nur ein bisschen verschwurbelt, wie immer! Und bevor die Preko durch Merkel verbreitet wurde, haben US-Außenminister Mike Pompeo, haben der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Russland Präsident Wladimir Putin die Berliner Libyen-Konferenz bereits schon längst wieder verlassen. 5 Stunden mit Anreise und CO2 Verschwendung war dieser Aufwand nicht gerechtfertigt. 4500 Polizisten und hat mal jemand den zusätzlichen CO2 Ausstoß berechnet.Was kostet dieser Schwachsinn den deutschen Steuerzahler eigentlich.

    • @Vordenker112:

      Wenn auch nur der Hauch einer Chance besteht, dass der Bürgerkrieg in Libyen durch diese Konferenz einen besseren Ausgang findet, hat sich dafür alles gelohnt. In welcher Dystopie die Welt mit Ihnen als politischen Strategen leben würde, will ich mir gar nicht ausmalen.



      Inwiefern ihre Co2-Bilanz etwas nutzbringendes zum Weltfrieden beigebracht hat, kann ich mir allerdings recht gut vorstellen.

  • "Gut wäre, wenn Europa diesmal mit einer Stimme spräche."

    Ist aber nicht so. Frankreich und Italien stehen z.B. auf verschieden Seiten. Ein wirklich neutrale EU Truppe kann es also garnicht geben. Es ist überhaupt ein Witz, wenn diejenigen, die den Brand gelegt haben, Feuerwehr spielen sollen.

    Es wäre also nett, wenn in der TAZ zu einem so ersten Thema auch ernste Kommentare erscheinen würden...