Libeskind-Bau in Lüneburg: Studierende fremdeln
Mit Verspätung soll das neue Zentralgebäude der Uni Lüneburg ab dem Wintersemester genutzt werden. Die Studierendenschaft verweigert den Einzug in den Bau.
Entgegen Behauptungen der Universitätsleitung habe es nur eine sehr geringe Beteiligung von Studierenden an den Planungen des New Yorker Star-Architekten Daniel Libeskind gegeben. Auch sei der Entwicklungsprozess nicht transparent gewesen – ganz abgesehen davon, dass der Bau teurer sei, als prognostiziert. „Das Geld hätte man vielleicht besser in die Lehre investiert“, findet Dedring.
Außerdem seien die im Zentralgebäude vorgesehenen Räume aufgrund ihrer Größe nicht für die Zwecke des Astas und der studentischen Initiativen geeignet. Dann muss sie weiter: „Ich gucke mal, ob ich irgendwo eine Toilette finde. Das ist hier gar nicht so einfach.“
Verlust an Volumen
Und Dedring ist nicht die einzige Verwirrte. Immer wieder begegnen sich junge Menschen auf der Suche nach Aufzügen, Treppen, Türen oder Räumen. „Ich komme bestimmt immer zu spät zu Veranstaltungen, weil ich mich hier drin einfach nicht zurecht finde“, befürchtet ein Student und fragt: „Wo ist denn hier der Ausgang?“ – „Immer den Schildern für die Notausgänge nach“, antwortet eine Studentin. „Dann kommt man eigentlich immer zu irgendwelchen Treppen nach unten“.
2006: Amtseinführungen von Präsident Sascha Spoun und Vizepräsident Holm Keller, der die Universität inzwischen verlassen hat.
2007: Die Planung beginnt offiziell. Es wird mit Kosten von 56 Millionen Euro geplant.
2013: Die Universitätsleitung räumt einen Anstieg der Kosten und eine Verlängerung der Bauzeit ein.
2014: Asta und Stupa fordern den Rücktritt von Sascha Spoun und Holm Keller.
2017: Einweihung
Auch der Verlust an Volumen durch die schiefen Wände wird bemängelt – im Widerspruch zu Aussagen der Unileitung, die immer wieder behauptete, das Gebäude sei besonders nachhaltig und effizient.
Damit trifft er einen wunden Punkt: Die Universitätsleitung hatte den Bau des Zentralgebäudes immer wieder mit herrschendem Platzmangel gerechtfertigt. „Den haben sie durch die Schließung und den Verkauf eines Uni-Standortes künstlich forciert“, kritisiert ein anderer Student.
Das offizielle Ziel dieser Standort-Schließung und des Neubaus ist es, sämtliche Universitätseinrichtungen auf einem Campus zu zentrieren. Das sei auch eine gute Idee, meint eine Studentin: „Zu dem mittlerweile geschlossenen Standort ist man vom Hauptcampus aus so lange gefahren, dass man gar nicht pünktlich zu Veranstaltungen kommen konnte“.
Niedrige Decken
Dennoch gibt es auch hier Einwände: Für ein Zentralgebäude sei der Bau wenig zentral, findet eine weitere Studentin: „Ich hätte mir den Weg von der Mensa hierher fast gespart“, sagt sie. „Gerade bei Regen, wie heute, kommt mir der Weg ziemlich lang vor“.
Und immer wieder hört man das Wort „Prestigebau“. Er halte dies für den falschen Weg, sich einen Namen zu machen, sagt ein Student. „Eine Universität sollte sich lieber mit Inhalten einen Namen machen, nicht mit solchen Protzaktionen“.
Und außerdem habe er mehr erwartet: „So schön, wie ich es mir vorgestellt habe, ist es gar nicht“, sagt er. Seine Kommilitonin stimmt ihm zu: „Auf manchen Etagen sind die Decken sehr niedrig. Und ich habe Räume für Lehrveranstaltungen gesehen, die keine Fenster haben. Da fühlt man sich fast wie im Gefängnis“.
Viele Steckdosen
Ein paar positive Stimmen gibt es dann aber doch: Die Aussicht von oben sei schön, sagt eine Studentin. Und „die vielen Steckdosen“ seien auch praktisch. Eine andere meint: „Das ist schon was Besonderes. Mit irgendwas müssen Unis sich eben auch profilieren“.
Ein Student fügt hinzu, dass man das Gebäude eben noch mit Leben erfüllen müsse. „Das kommt dann von ganz alleine, wenn der Bau erst einmal richtig genutzt wird“. Von der Kritik habe er nicht so viel mitbekommen: „Ich bin eigentlich auch schon fast durch mit meinem Studium hier“. Und er habe sich auch schon ganz gut zurechtgefunden: „Ich nehme jetzt einfach den Lift nach unten, dann weiß ich sicher, dass ich den Weg nach draußen finde“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen