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Liberalen-Liebhaber und LobbyistTotal auf FDP-Turkey

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Man glaubt es kaum: Menschen mit Sehnsucht nach der kleinen gelben Klientelpartei existieren wirklich. Einer davon ist BDI-Chef Ulrich Grillo.

Man muss heutzutage schon etwas trotzig gucken, wenn man die FDP gut findet Bild: dpa

G elbe Pullunder, Projekt 18, spätrömische Dekadenz, Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers. Erinnert sich noch jemand an diese Partei, die bis vor Kurzem – genauer: bis vor drei Monaten – Teil der Bundesregierung war? Genau.

Aber ja, es gibt sie: Menschen mit Sehnsucht nach der kleinen gelben Klientelgruppierung. Auf FDP-Turkey ist offenbar Ulrich Grillo. Der Präsident des früher mal mächtigen Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) jammerte diese Woche in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die schwarz-rote Bundesregierung kümmere sich ausschließlich um Frauenquoten, Mindestlohn und Mütterrente.

Er könne „im Moment keine Konzeption, keine Projekte, keine Richtung erkennen, wie diese Koalition den Industriestandort Deutschland bis 2017 und auch darüber hinaus weiterentwickeln will“, mopperte Grillo. Niemand in Berlin habe mehr Interesse an Investitionen, Innovationen oder Fachkräftemangel. Schluchz.

In den dürren Stanzen versteckte der Duisburger Unternehmer gleich mehrere Kampfansagen an Schwarz-Rot – dabei ist die Koalition nicht mal hundert Tage im Amt, die Wirtschaft nicht gerade am Abgrund. Aber in der neuen Bundesregierung haben Bosse keine natürlichen Fürsprecher mehr.

Auch Merkel war gemeint

Grillo schrie nach der FDP - und auch Richtung Angela Merkel. Die Kanzlerin soll endlich den siechen CDU-Wirtschaftsflügel päppeln. Und natürlich rempelte er auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an. Mit dessen FDP-Vorläufer Philipp Rösler scharmützelte sich Grillo quasi nie.

Doch wenige wünschen sich Brüderle, Niebel und Co. zurück. Als einer der ganz wenigen pflichtete Grillo ausgerechnet sein Vorgänger Hans-Olaf Henkel bei. Nur: Henkel ist nun Europawahl-Spitzenkandidat der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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5 Kommentare

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  • Dieser Artikel trieft so von Nachtreten, dass es weh tut. Über das Argument, dass aktuell nur über's Verteilen und nicht über's Schaffen von Ressourcen nachgedacht wird, will der Autor nicht mal nachdenken. Es könnte ja sein, dass es die FDP wirklich bräuchte, ach gott ach gott, da kriegt er wohl Schnappatmung.

  • Ähm - mit ner SPD, die immer noch stolz auf die Agenda 2010 ist und die die EEG-Ausnahmen weitgehend aufrechterhalten wird, und einer CDU, denen man einen zu niedrigen Mindestlohn abringen muss und die die Volkswirtschaften der restlichen Eurozonenstaaten sturmreif schiesst, gibt's keine "natürlichen Fürsprecher" in der aktuellen Koalition mehr?

     

    Was wäre denn solche? Welche, die explizit Rohstoffkriege führen oder eine Industrieparlament einrichten?

  • D
    dave

    Die Grünen sind die Klientelpartei der Selbsterklärten Weltretter und der Beamten, die Linke die Klientelpartei der DDR Nostalgiker und der gesellschaftlichen Verlierer/Versager, die SPD die Partei der SPD Wähler und die CDU die Klientelpartei der Mittelschicht und unteren Oberschicht.

     

    Die FDP hat in diesem Spektrum keinen Platz, sie aber darüber niederzumachen, dass sie angeblich eine Klientelpartei sei ist lächerlich, das Gegenteil eine Volkspartei ist eine Illusion, weil eine Gesellschaft aus widersprüchlichen Interessen besteht und man zwangsläufig irgendwenn vor dne Kopf stoßen will.

     

    Außer natürlich man glaubt im Sinne Rousseaus dass es eine Art göttlicher Volkswillen gibt der auch das beste für das Volk sei, aber wer so etwas glaubt der glaubt auch an den Weihnachtsmann.

  • D
    DeathInJune

    Ich vermisste zwar die FDP nicht, aber die Idee die einst hinter ihr Stand. Deutschland braucht dringend eine liberale Partei. Keine nur wirtschaftsliberale, eine gesammtliberale Partei.

    • @DeathInJune:

      Grundsätzlich stimmte ich ja zu, allerdings bin ich skeptisch, ob eine "klassisch" liberale Partei dieser Entwicklung entgehen kann. Wenn man sich andere Länder ansieht, hat der Marktradikalismus immer Überhand gewonnen.