Lesung in Hannover abgesagt: Jakob Augstein sabotiert
Der Autor und „Freitag“-Chef lässt seinen Auftritt an der Leibniz-Universität kurzfristig platzen. Zuvor waren Antisemitismus-Vorwürfe laut geworden.
HAMBURG taz | Eigentlich hätte er am Montag im „Literarischen Salon“ der Universität auftreten sollen: Im Gespräch mit Jens Meyer-Kovac wollte der Autor, Spiegel Online-Kolumnist und Herausgeber des Freitag Jakob Augstein sein jüngstes Buch „Sabotage“ vorstellen. An dem Termin war zuletzt jedoch erhebliche Kritik geäußert worden – bis hin zum nicht erstmals erhobenen Vorwurf des Antisemitismus. Am Freitag dann sagte Augstein den lange geplanten Ausflug nach Hannover ab.
Auf ihrer Internetseite bedauerten die Veranstalter, dass es dazu gekommen ist: "Noch bedauerlicher" sei es, dass es im Vorfeld "nur eine unangebrachte Debatte" gegeben habe. "Das tut uns besonders für unser Publikum leid." Bereits erworbene Karten für den Salon könnten zurück gegeben werden, heißt es weiter.
Wie die Hannoversche Allgemeine berichtete, hatte das angekündigte Gastspiel in Hochschulkreisen für Diskussionen gesorgt. Im "Conti-Hochhaus" der Uni seien kritische Plakate aufgehängt worden. Auch im Internet findet sich seit gut zwei Wochen ein Aufruf, Augstein eine "Absage" zu erteilen. Ihren Protest hatte auch das "Junge Forum" der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Hannover bekundet: In einem Antrag an die studentische Vollversammlung, erklärte die Gruppe, der Literarische Salon dürfe "nicht als Bühne für Antisemiten genutzt werden".
Augstein ist in der Vergangenheit wiederholt wegen Äußerungen zum Staat Israel und dem nahost-Konflikt kritisiert worden, Unter anderem gestützt auf entsprechende Äußerungen des Publizisten Henryk M. Broder, setzte ihn das Simon Wiesenthal Center in Los Angeles Ende 2012 auf die Liste der "Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs" für das entsprechende Jahr.
Zu einer Störung und kleineren Handgreiflichkeiten war es zuletzt bei einem Auftritt Augsteins im Kotober 2013 in Göttingen gekommen: Damals protestierte ein Arbeitskreis „Ohne Zweifel antisemitisch – Kritik an Augstein“ gegen seine Lesung beim "Literarischen Herbst in der Universitätsstadt.
Die Verantwortlichen des Literarischen Salons in Hannover erklärten, sie wiesen die gegen den Geladenen erhobenen Vorwürfe zurück. Augsteins Recht auf freie Meinungsäußerung hatte jüngst auch Broders Welt-Kollege Alan Posener unterstrichen.
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