Lernen an Universitäten: Miese Aussicht für die Lehre
2020 läuft der „Qualitätspakt Lehre“ aus. Nun fürchten Hochschuldidaktiker*innen einen Qualitätseinbruch in der universitären Lehre.
Wie dem Tutoring-Kolleg in Leipzig geht es zahlreichen Instituten in ganz Deutschland. Mit insgesamt 2 Milliarden Euro hatte der Bund von 2011 bis 2020 Universitäten, Fachhochschulen und Kunst- und Musikhochschulen gefördert. Neben der Finanzierung hochschuldidaktischer Zentren flossen die Mittel beispielsweise in die Vergütung studentischer Tutor*innen oder zusätzliche Stellen für Lehrpersonal.
„Gerade in der Coronapandemie haben wir ganz viel unterstützt“, berichtet Wiemer. „Meine Kolleg*innen und ich haben den studentischen Lehrenden erklärt, wie digitale Lehre funktioniert und so dafür gesorgt, dass sie überhaupt stattfindet.“
Aber auch ohne Pandemie nähmen die hochschuldidaktischen Mitarbeitenden eine wichtige Vermittlerrolle ein. „Wie bringe ich Studierende dazu, zusammenzuarbeiten? Sich aktiv zu beteiligen? Unsere Aufgabe ist, bei den studentischen Lehrenden ein Verständnis dafür zu wecken, wie Lehre funktioniert“, erklärt Wiemer.
Die Qualität der Lehre droht einzubrechen
Auch didaktische Beratungen und Fortbildungen für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und Professor*innen wird teils aus dem Qualitätspakt Lehre bezahlt. Denn sie sind zwar Expert*innen für ihr Fach, aber meistens keine Pädagog*innen. Beschäftigte an den Hochschulen sollen so besser für die Lehre, Betreuung und Beratung qualifiziert werden.
Doch ein Anschlussprogramm des Bundes für den nun auslaufenden Qualitätspakt gibt es nicht. Die neugegründete „Stiftung Innovation in der Hochschullehre“ fördert ab dem 1. August 2021 lediglich Projekte, bei denen es um die Entwicklung innovativer Studien- und Lehrformate geht.
Und der „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ ist lediglich das Nachfolgeprogramm des Hochschulpakts, mit dem die grundständige Lehre abgesichert werden soll. Hochschuldidaktiker*innen befürchten deshalb eine Verschlechterung des Betreuungsverhältnisses, wenn Tutorien wegen des ausgelaufenen Qualitätsoaktes nicht weiterfinanziert werden. Befürchtet wird auch ein Qualitätseinbruch in der universitären Lehre.
Wer auch immer weiterfinanzieren soll – der Bund alleine ist es jedenfalls nicht, findet Dorothea Ellinger, Vorstand der Gesellschaft für Hochschuldidaktik. „Der Bund hat sehr transparent kommuniziert, dass es nach 2020 nicht weitergeht wie bisher und bei der Antragstellung bereits zur Bedingung gemacht, dass die Hochschulen ein Konzept für die Verstetigung der Maßnahmen aus dem Qualitätspakt Lehre vorlegen“, sagt sie. Die Hochschulen seien nun in der Verantwortung, da sie darüber entscheiden, wie sie die von den Ländern erhaltenen Mittel verteilen.
Ein Flickenteppich
Doch an den Hochschulen sind die Kassen klamm, viele vermelden Haushaltsnotlage – und sehen sich nicht in der Lage, die Maßnahmen weiter zu finanzieren. Ellinger geht davon aus, dass lediglich ein Drittel der Stellen, die durch den Qualitätspakt Lehre geschaffen wurden, verstetigt werden. Konkrete Zahlen habe man allerdings noch nicht. Denn ob und in welchem Umfang die Länder mit Zusatzfinanzierungen einspringen, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland.
Während Länder wie Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein etwa Programme zur Anschlussfinanzierung aufsetzten, verweist Sachsen-Anhalt auf Anfrage lediglich auf die Stiftung Innovation in der Lehre, Rheinland-Pfalz auf Stellen aus dem Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken.
In Brandenburg liegt laut einem Sprecher von dessen Wissenschaftsministerium ganz in der Verantwortung der Hochschulen, welche Stellen aus dem Qualitätspakt Lehre weitergeführt werden. Gleiches gilt für Sachsen. Was das Tutoring-Kolleg in Leipzig angeht, heißt es von der Universität lediglich, dass über die dreimonatige Verlängerung bis Ende März 2021 hinaus „weitere Klärungen folgen“.
„Selbst wenn sich eine kurzfristige Lösung finden sollte, brauchen wir langfristig solide Finanzen und Strukturen, damit die Qualität der Lehre nicht von schwankenden Landesmitteln abhängt“, fordert Hochschuldidaktikerin Wiemer. Die Unterstützung der sächsischen Studierenden ist den Hochschuldidaktiker*innen jedenfalls gewiss – im Rahmen eines Positionspapier haben sie bereits ihre Zustimmung ausgesprochen.
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