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Leitkultur-Versuch der CSU/CDU SachsenHeimat und Patriotismus

Eine Initiative der Sachsen-CDU und der CSU reklamiert für sich den „Alleinvertretungsanspruch Mitte-Rechts“. Sie will raus aus der politischen Mitte.

Da fehlt nur noch der morgendliche Fahneneid als Pflichtveranstaltung Foto: dpa

Berlin taz | „In Zeiten gesellschaftlicher Unruhe wird wichtig, was Halt und Orientierung gibt.“ So lautet der erste Satz eines Papiers, das Vertreter der CSU und der CDU Sachsen in Berlin vorgestellt haben. Was „Halt und Orientierung“ geben soll, steht in ihrem „Aufruf zu einer Leit- und Rahmenkultur“. Als „Kraftquellen“ nennen sie „Heimat und Patriotismus“ sowie „Leitkultur“.

Verfasser sind außer dem Generalsekretär der CDU Sachsen, Michael Kretschmer, und dem Präsidenten des Sächsischen Landtags, Matthias Rößler (CDU), von CSU-Seite Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer, der Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Reinhold Bocklet, und der Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, Markus Blume.

Der erklärte, man reklamiere mit dem Papier den „Alleinvertretungsanspruch Mitte-rechts“. Damit war klar, gegen wen sich die konservativen Politiker wenden: gegen die AfD. Aber auch gegen die Kanzlerin. In deren CDU-Parteizentrale steht seit Jahr und Tag eine riesige Pressewand mit dem Slogan „Die Mitte“.

Die zehn Forderungen in dem Papier lesen sich wie ein Misstrauensvotum gegen alles Unbekannte. Es geht darin nicht nur um Patriotismus und Heimatliebe und die „Solidargemeinschaft der Nation“.

Auch der selbstverständliche Gebrauch der deutschen Sprache sowie bewährte Umgangsformen seien „sehr konkrete Wege für Zuwanderer, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren“. Jüdisch-christliche Werte seien in der Tradition der Aufklärung Grundlage des Zusammenlebens in Deutschland. Die schwarz-rot-goldene Fahne und die Nationalhymne seien wichtige Symbole Deutschlands.

Warum ausgerechnet die CDU Sachsen und die CSU das Papier formulierten, begründeten die Verfasser mit einer besonderen nachbarschaftlichen Verbundenheit. Es sei nicht beabsichtigt, die Union damit zu spalten.

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9 Kommentare

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  • Eine Nation - eine Irrtums- und Aversionsgemeinschaft

     

    Es herrscht bekanntlich ein heilloses semantisches Durcheinander bei der Frage, was man sich denn nun, bitte schön, eigentlich unter einer „Nation" vorzustellen habe. Dabei wird gern der fundamentale Unterschied etwa zwischen der deutschen und der französischen Auffassung übersehen: Die deutsche postuliert nach Fichte die grundlegenden Gemeinsamkeiten der Sprache, der Religion, der Kultur, der Geschichte und der ethnischen Herkunft als kollektive Differencia specifica gegenüber anderen Nationen, woraus für den Antisemiten Fichte logisch folgt, die Juden gehörten nicht zur „deutsche Nation", wohl aber alle Christen, deren Muttersprache „“Deutsch ist („Deutschland ist soweit die deutsche Zunge reicht!"), also auch alle Österreicher, Südtiroler, Deutsch-Schweizer, Liechtensteienr, Donau-Schwaben, Luxemburger, Elsässer usw. Dem steht die aus der französischen Philosophie der „Lumières und der Französischen Revolution geborene Vorstellung einer Nation als einer alle anderen Aspekte überwölbenden politischen Willensgemeinschaft ohne explizite ethnisch-kulturelle Vorraussetzungen gegenüber (Ernest Renan). 

Bei näherer Betrachtung erweist sich die Erfindung von pseudoidentitären, ethnisch homogenen Nationalstaaten als eine verhängnisvolle Schnapsidee deutscher Provenienz aus dem 19. Jh, ohne die es wohl die unter patriotischen Gesängen und Fahnen geführten barbarischen Kriege des 20. Jhs. nicht hätte geben können. Näheres dazu bei Eric Hobsbawm, Schlomo Sand und vor allem Karl W. Deutsch, dessen Definition der Nation unübertroffen ist: "Eine Nation ist eine Gruppe von Personen, vereint durch einen gemeinsamen Irrtum über ihre Vorfahren und eine gemeinsame Aversion gegen ihre Nachbarn."

    • @Reinhardt Gutsche:

      Diese Ausführungen über die grundlegende Verschwiedenheit des deutschen Volxgeistes vom französischen sind so 90er. Das glaubt heute doch keiner mehr.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Zum letzten Absatz des Kommentars:

      Besser kann man/frau es nicht ausdrücken !

      Diese "christlichen Leit-Tiere" haben sich offensichtlich nie mit deutscher und europäischer Geschichte seit der Aufklärung befasst.

      Sonst würden sie von der LEID-KULTUR reden, die Millionen Menschen erlitten haben

      Ganz schlimm ist aber.

      sie sind leider nicht die Einzigen....

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Zum erwähnten 'selbstverständlichen Gebrauch der deutschen Sprache' für Zuwanderer: Ich stand gestern nachmittag am Pasinger Bahnhof (bei München), wo ich immer stehe und Durchsagen gut verstehe. Von der fast einminütigen Durchsage eines Sachsen am Mikrofon habe ich kein einziges Wort verstanden, da er offenbar sich nicht um die deutsche Sprache bemühen wollte.

    Und: Sachsen und CSU, ihr seid längst raus aus der politischen Mitte. Bemüht euch nicht weiter. Weiter rechts geht nicht.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Gerade die CSU steht für gutbürgerliche christliche Werte. Zwar etwas konservativ aber auf keinen Fall irgendwie mit dem rechten Rand in Verbindung zu bringen.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Bisher war der rechte Teil der Gesellschaft gut bei der Union aufgehoben. Dort wurde auch der rechte Parteiflügel durch den Rest der Partei diszipliniert.

    Das Phänomen der AfD kann auch als losgelöster rechter Parteiflügel der Union verstanden werden dem das Korrektiv fehlt.

     

    Wie auch immer, der Versuch das Wählerpotential rechts der Mitte wieder einzufangen ist unsere einzige Chance die AfD irgendwann wieder loszuwerden. Die "Mitte" ist ja kein Fixpunkt. Die Mitte ist immer der Punkt zwischen dem was aktuell als links und rechts gilt.

    Im Extremfall bedeutet rechts der Mitte 50% des Wählerpotentials. Es wäre katastrophal dieses Potential der AfD zu überlassen nur weil es "rechts der Mitte" steht.

     

    Ich persönlich begrüße diese Aktion der Union. Mir ist eine Union die bis weit rechts reicht (und disziplinierend wirkt) allemal lieber als eine starke Rechtspartei. Natürlich kann man auch hoffen dass die Rechten einfach so vom Erdboden verschwinden, das wird aber nichts bringen.

     

    Wenn die Union das rechte Wählerpotential nicht bald einfängt wird sie in der Mitte aufgerieben. Wir brauchen nur ins nähere Ausland blicken. Haben die Rechten sich erst festgesetzt beginnen sie sofort damit den klassischen Konservatismus zu pulverisieren. Die drohenden Wahlsiege von Le Pen und Wilders sind Folge der Abwanderung des Arbeiterlagers von den Linken und gleichzeitig marginalisierten konservativen Kräften. Genau das steht auch uns bevor wenn die Union nicht bald die Kurve kriegt.

  • Sächsischen Patriotismus hatten wir die letzten Jahre eigentlich zu Genüge.

  • So gehts!

    Während andere Parteien nur gegen die AFD faseln, unternimmt die Union wenigstens was.

  • "BERLIN taz | „In Zeiten gesellschaftlicher Unruhe wird wichtig, was Halt und Orientierung gibt.“ - Na Servus.

     

    Klar - gilt auch hier wie in der Tram -

    Bei allem Aussteigen -

    "Rechte Hand am rechten Griff!"

     

    Aber - Wie&Woraus wollens denn

    Aussteigen - diese Herschaftsgezeiten¿! -

    Zu versuchen!

     

    "Ein neuer Leitkultur-Versuch der Union

    Heimat und Patriotismus

    Eine Initiative der Sachsen-CDU und der CSU reklamiert für sich den

    „Alleinvertretungsanspruch Mitte-rechts“.

    Sie will raus aus der politischen Mitte.

     

    Ja wie? Waren die mal was anderes

    Als - Rechts von der Mitte!

    Bei dem Deutsch? - bitte - & a gähn:

    „In Zeiten gesellschaftlicher Unruhe wird wichtig,

    was Halt und Orientierung gibt.“

    Das langt ja nichemal für nen Integrationstest -

    Außerhalb ihrer Regionen - Schonn klar!;))(

    kurz - Was ein kläglicher - öh Spalthammer.