Leichtathletik-WM in London: Vetter ist Speerwurf-Weltmeister
Für Olympiasieger Thomas Röhler reichte es im Speerwurf-Finale nur für den undankbaren vierten Platz. Johannes Vetter hingegen holt Gold.
„Ich dachte, ich kann weiter werfen. Aber es kommt nicht darauf an, wie weit ich geworfen habe. Es war weit genug für eine Goldmedaille“, sagte der dritte deutsche Speerwurf-Weltmeister. „Am Ende des Wettkampfs war es sehr emotional für mich. Der Druck in den letzten Wochen und Tagen war sehr hoch.“ Er siegte vor dem Tschechen Jakub Vadlejch mit 89,73 und dessen Landsmann Petr Frydrych mit 88,32 Metern.
Röhler musste sich mit 88,26 Metern begnügen, nahm es aber sportlich, obwohl der Karbonspeer des Jenaers nur sechs Zentimeter zu kurz für Bronze flog. „Das war mal wieder ein perfektes Beispiel, wie Sport funktioniert. Es muss halt auch den einen Menschen geben, der den vierten Platz belegt bei Weltmeisterschaften“, sagte der 25-Jährige. „Den hab ich wieder ausgelost heute. Die Leistungen waren wirklich sehr, sehr dicht beieinander.“
„Jetzt ist endlich alles raus, ich bin froh, dass es Johannes geschafft hat. Leider hat es nicht zu den zwei Medaillen gereicht, von denen wir geträumt hatten, vielleicht sogar drei“, meinte Bundestrainer Boris Obergföll. Der Mannheimer Andreas Hofmann belegte mit 83,98 Metern den achten Platz und war weit vom Podium entfernt.
Nummer 1,2 und 3 der Weltbestenliste
Das Trio Vetter/Röhler/Hofmann war als Nummer 1,2 und 3 der Weltbestenliste in London angereist. Vetter hatte am 11. Juli in Luzern den deutschen Rekord auf 94,77 Meter geschraubt, zudem in der WM-Ausscheidung am Donnerstag mit 91,20 geglänzt. Einzige deutsche Speerwurf-Weltmeister waren bislang Linkshänder Matthias de Zordo aus Saarbrücken 2011 und der Berliner Detlef Michel 1983.
Vetter übernahm gleich im ersten Versuch mit 89,89 Metern die Führung. So richtig kam das deutsche Trio vor den Augen von Weltrekordler Jan Zelezny (Tschechien) aber nicht in Schwung. Zudem warf Mitfavorit Vadlejch im zweiten Durchgang mit 89,73 Metern so weit wie nie zuvor. Im letzten Durchgang schob sich Frydrych an Röhler vorbei auf Rang drei.
Vetter fiel danach erst einmal seinem Trainer Obergfäll in die Arme. „Jojo“ gilt als das Kraftpaket unter den deutschen Speer-Assen. Nach seinem Abwurf legt der Schützling von Obergföll, der unter seinem alten Namen Henry 1995 und 2003 WM-Bronze gewonnen hatte, meist eine Bauchlandung hin. Im Vergleich zum Techniker Röhler sei er „mehr der Hau-Drauf-Typ“, erklärte Vetter mal. „Ich werfe viel mit der Kraft.“
Vor drei Jahren zog der gebürtige Dresdner extra in die Ortenau, um bei Obergföll, dem Ehemann der früheren Weltmeisterin Christina Obergföll, trainieren zu können. Seitdem hat sich Vetter fast um 15 Meter verbessert.
Der große Tüftler
Röhler gilt mehr als der große Tüftler – und hat es damit 44 Jahre nach dem Triumph von Klaus Wolfermann 1972 in München zum Olympiasieg gebracht. In Rio warf der Thüringer 90,30 Meter, im Mai dieses Jahres startete Röhler in Doha (Katar) mit dem deutschen Rekord von 93,90, der später von Vetter überboten wurde, furios in die Saison.
Weiter als Röhler und Vetter hat in der Leichtathletik-Geschichte nur der dreimalige Olympiasieger und Weltmeister Jan Zelezny gebracht: Der Tscheche warf seinen noch heute gültigen Weltrekord von 98,48 Meter am 25. Mai 1996 – in Röhlers Heimatstadt Jena.
Trotz der Konkurrenz haben Röhler, Vetter und Hofmann einen guten Umgang untereinander gefunden. Das gemeinsame Kaffeetrinken vor einem Wettkampf gehört dazu. „Der Gemeinschaftsgedanke treibt einen auch nach vorne“, erklärte Hofmann, der als WM-Sechster von 2015 und nun Achter klar im Schatten von Röhler und Vetter steht.
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