Lehrkräftemangel in Berlin: 1.800 Lehrer*innen gesucht
Bildungssenatorin Busse (SPD) fordert im Bildungsausschuss bundesweit Studienplatzquoten. Nur 736 Referendar*innen beenden 2022 Ausbildung.

Der Fachkräftemangel wird sie in den kommenden Jahren beschäftigen: Bildungssenatorin Busse (SPD) Foto: picture alliance/dpa | Jörg Carstensen
BERLIN taz | In den Schulen steigt der Bedarf nach ausgebildeten Lehrkräften weiter, doch die „Offensive“ der rot-grün-roten Landespolitik kommt nur langsam in Schwung. Diesen Eindruck hinterließ eine Expert*innenanhörung im Bildungsausschuss am Donnerstag. Die Fraktionen von SPD, Grünen und Linke hatten gemeinsam eine „aktualisierte Prognose zum Lehrkräftebedarf bis 2030“ gefordert.
Laut Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) fehlten rein rechnerisch rund 600 Vollzeitstellen an den Schulen, das habe eine turnusmäßige Abfrage im November ergeben. Alleine etwa 1.000 Vollzeitkräfte seien im Mutterschutz oder dauerhaft erkrankt. Busse betonte aber auch, dass der Unterricht nicht in Gefahr sei, und auch Stunden für Förderbedarf könnten stattfinden.
Man müsse aber auch klar sehen, dass man das Ziel von rund 2.000 Lehramtsabsolvent*innen in 2022 an den Berliner Universitäten „nicht erreicht habe“, so Busse. Laut Bedarfsprognose der Bildungsverwaltung beendeten 736 Berliner Referendar*innen in diesem Jahr ihre Ausbildung. Demgegenüber stehe ein Einstellungsbedarf von 2.500 Vollzeitlehrer*innen, von denen 1.000 bereits zum Halbjahr im Februar eingestellt worden seien.
Bleiben also noch 1.500 Vollzeitstellen für die nächste Einstellungsrunde im August – für die allerdings rund 1.800 Personen gefunden werden müssten, rechnete die Gewerkschaft GEW am Donnerstag vor. Denn viele wollten oder könnten nur in Teilzeit arbeiten. Auch mit Quereinsteigenden oder Bewerber*innen von außerhalb Berlins könne diese Lücke kaum geschlossen werden, befürchtet die GEW.
Die Kampagne „Schule muss anders“ rechnet sogar mit einem Bedarf von 3.000 Vollzeitstellen: Die Prognose der Bildungsverwaltung berücksichtige nämlich keinerlei „dringend notwendige pädagogische Verbesserungen“, sagte Co-Sprecher Philipp Dehne – also etwa kleinere Klassengrößen oder mehr Zeit für Sprachförderung.
Kooperation mit Wohnungsbaufirmen
Busse wies erneut auf die Verbeamtung von Lehrer*innen hin, die Rot-Grün-Rot beschlossen hatte. Da sei man auch bereits einen ersten Schritt gegangen, indem Lehrkräfte aus anderen Bundesländern ohne die bisherige fünfjährige Wartefrist sofort verbeamtet werden. Außerdem sei man mit den landeseigenen Wohnungsbaufirmen im Gespräch, um Zuzügler*innen „ein Angebot“ machen zu können.
Busse sagte aber auch, die Verbeamtung sei nur ein Baustein. Man brauche vor allem fest verabredete Ausbildungsquoten an den Berliner Unis und bundesweit. Dazu konnte der Präsident der Freien Universität Berlin, Günter M. Ziegler, der als Experte in den Ausschuss geladen war, sagen: „Wir haben in den letzten fünf Jahre die Zahl der Lehramtsstudierenden um 50 Prozent gesteigert.“
An das Ziel von 2.000 Absolvent*innen arbeite man sich „sukzessive“ heran – allerdings sei es angesichts von Personalmangel in der Lehre und durch die Corona-Pandemie auch „eine Herausforderung, die Qualität der Lehre entsprechend zu halten“.
Leser*innenkommentare
Sonntagssegler
Es gibt in BaWü viel zuwenig Kunstlehrer.
Und weiterhin zuwenig Plätze an den Akademien.
Das ist grober Unfug und als "Strategie" peinlich.
Man muss sich da nicht wundern, wenn interessierte Kreise das zum Anlass nehmen, mal wieder das ganze System in Frage zu stellen.