Leere Unterkünfte im Norden: Kreise wollen mehr Flüchtlinge
Seit Februar gibt es für Schleswig-Holsteins Kommunen weniger Menschen unterzubringen. Nun fürchten sie, auf den Kosten sitzen zu bleiben.
Allein in seinem Landkreis gebe es nun ungenutzten Wohnraum für 600 Flüchtlinge, schreibt Schwemer. Auch andere Kommunen hätten „in solidarischer Voraussicht“ für mehr Geflüchtete Wohnraum geschaffen. Durch die neue Zuweisungspraxis blieben sie nun „auf Vorhaltekosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro sitzen“.
Ganz ähnliche Probleme in der Kreisstadt Heide in Dithmarschen. Man habe zu Jahresbeginn für 190.000 Euro in einem ehemaligen Wohnblock einer Kaserne Wohnraum für 120 Menschen geschaffen, sagt Stadtsprecher Jannick Schwenders. Doch statt der erwarteten 90 bis 120 Flüchtlinge seien nur fünf gekommen. Das Gebäude stehe leer. Durch Unterhalt und Bewachung entstünden „Kosten, die nicht durch Ausgleichzahlungen des Landes gedeckt sind“.
„Großes Verständnis“ für den Unmut der Kommunen äußert die CDU-Landtagsabgeordnete Astrid Damerow. Es müsse möglich sein, die Kommunen mindestens vier Wochen im Voraus über die zu erwartende Zahl der Flüchtlinge zu informieren. Damerow: „Zu Beginn der Flüchtlingskrise ging dies noch nicht. Aber jetzt sind die Flüchtlinge über Wochen in den Erstaufnahmeeinrichtungen, bevor sie auf die Kommunen verteilt werden.“
In Schleswig-Holstein kamen im Jahr 2015 rund 52.000 geflüchtete Menschen an.
Nach dem Königsteiner Schlüssel wurden insgesamt 35.106 Flüchtlinge aufgenommen. Von ihnen wurden 28.831 in die Kreise und kreisfreien Städte weiter vermittelt. Die Kommunen bemühen sich um eine Unterbringung ohne Zelte und Container.
Im Januar haben die Kreise und Städte 3.006 Flüchtlinge zugewiesen bekommen, in der ersten Februarwoche 337, in dieser Woche laut „Lagemeldung“ des Innenministerium nur noch 220 Personen.
Das Land verfügt über zwölf Erstaufnahmestellen in Neumünster, Boostedt, Glückstadt, Albersdorf, Kellinghusen, Kiel Ravensberg, Lübeck, Lütjenburg, Putlos, Salzau, Seeth und Wentorf. Von 12.360 Plätzen sind nur 44 Prozent ausgelastet.
Die größte Auslastung gibt es in Kile Ravensberg mit 163 Prozent. Den größten Leerstand in Putlos mit 1.332 freien Plätzen.
Stark rückläufig ist die Zahl der Flüchtenden aus so genannten sicheren Ländern im Westbalkan. In 2016 38 Personen.
Innenminister Studt weist die Vorwürfe zurück. Dass die Zugangszahlen im Winter zurückgingen, sei ein „bekanntes Phänomen und sollte keine Verwunderung erzeugen“. Das Landesamt handle mit seiner Prognose gemäß der Vereinbarungen des „Flüchtlingspakts“ vom Mai 2015, wonach die Flüchtlinge erst mal sechs Wochen in den Erstaufnahmen bleiben. Dies habe auch fachliche Gründe, erläutert Studts Sprecher Patrick Tiede. Sie sollen dort erst mal zur Ruhe kommen, ihren Asylantrag stellen und sich auf ihre Zukunft vorbereiten, bevor es in die Kommunen geht.
Und anders als im Herbst gibt es auch in den zwölf Erstaufnahmen des Landes inzwischen Platz. Von 12.360 Betten waren Anfang Februar nur 5.470 belegt. Ganz anders ist die Lage in Hamburg, wo über 6.000 Flüchtlinge in neun ehemaligen Baumärkten leben müssen. Wie berichtet, verhandelt das Land mit dem benachbarten Hamburg, ob 1.000 bis 2.000 der dort unterzubringenden Flüchtlinge in die ab April eröffnete Erstaufnahme in Bad Segeberg ziehen können. Wegen des „Königsteiner Schlüssels“ bekommt Schleswig-Holstein 3,4 Prozent aller Geflüchteten, das flächenmäßig kleinere Hamburg aber auch bereits 2,5 Prozent.
Bundesweit war die Zahl der Neuzugänge im Januar mit rund 64.000 Menschen weiter hoch. Doch Schleswig-Holstein ist für 2.178 davon zuständig. Die Ankommenden würden noch am selben Tag per bundesweitem „Esay-System“ – für „Erstverteilung der Asylbegehrenden“ – registriert und schnell umverteilt, sagt Ministeriumssprecher Tiede. „Wir geben 50 Prozent der Ankommenden gleich an andere Bundesländer ab.“
Die Kapazitäten in den Kommunen würden aber noch bedient. Sind die Flüchtlinge erst mal zugewiesen, zahle das Land 2.000 Euro „Integrationspauschale“ im Monat. Da seien auch Vorhaltekosten für Wohnraum „mit drin“.
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