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Lebensverhältnisse in DeutschlandJeder Sechste lebt in Armut

Deutschland ist ein sehr reiches Land. Trotzdem sind rund 13 Millionen Menschen von Armut bedroht. Einige Bevölkerungsgruppen sind besonders betroffen.

Zählt für viele Deutsche nicht zum regelmäßigen Speiseplan. Bild: dpa

WIESBADEN/ROM dpa/afp | Fast jeder Sechste in Deutschland ist von Armut bedroht. Das sind rund 13 Millionen Menschen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag für das Jahr 2013 mitteilte. Mit 16,1 Prozent war der Anteil der armutsgefährdeten Menschen in der Bundesrepublik damit genauso hoch wie 2012. Im ersten Jahr der Erhebung (2008) lag er noch bei 15,2 Prozent. Zum Vergleich: Im Durchschnitt aller 28 EU-Staaten leben rund 16,7 Prozent (2013) unter der Armutsschwelle.

Armut beginnt nach der EU-Statistik (EU-SILC) in Deutschland bei einem Haushaltsnettoeinkommen von 979 Euro im Monat für einen Single und bei 2056 Euro für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren. Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung seines Landes zur Verfügung hat, gilt nach der Definition als arm.

Besonders gefährdet sind in Deutschland Frauen, Alleinerziehende, Alleinlebende und Arbeitslose. So sind Frauen erneut in allen Altersgruppen stärker von Armut bedroht als Männer. Besonders groß ist der Unterschied bei Frauen im Rentenalter: Ihr Armutsrisiko fiel mit 17,0 Prozent deutlich höher aus als das der gleichaltrigen Männer (12,7 Prozent).

Mehr als zwei Drittel der Arbeitslosen (69,3 Prozent) sind von Armut bedroht. Bei den überwiegend Erwerbstätigen lag der Anteil dagegen nur bei 8,6 Prozent. Unterteilt nach Haushaltsgruppen sind vor allem Alleinerziehende und Alleinlebende besonders armutsgefährdet. So war fast jeder dritte Single und mehr als jede dritte Alleinerziehende betroffen.

Kinderarmut nimmt zu

Auch Kinder in Industriestaaten leiden massiv unter den Folgen der Finanzkrise. Insgesamt 2,6 Millionen mehr Kinder sind in 41 reichen Ländern seit Beginn der Krise 2008 unter die Armutsgrenze gerutscht, wie aus einem am Dienstag in Rom vorgestellten Bericht des UN-Kinderhilfswerks Unicef hervorgeht. In diesen Staaten leben demzufolge 76,5 Millionen Kinder in Armut. In mehr als der Hälfte der 41 Länder hat die Kinderarmut seit Beginn der Krise zugenommen, in Staaten wie Griechenland oder Island sogar um mehr als 50 Prozent.

Deutschland liegt mit einem geringen Rückgang bei der Kinderarmut im Mittelfeld der untersuchten Staaten. „Viele Industrieländer haben bei den Haushaltseinkommen einen großen Sprung zurück gemacht. Das hat Einfluss auf die Kinder und langfristige Auswirkungen für sie und die Gesellschaften“, warnte Jeffrey O'Malley von Unicef. Besonders hart trifft die Krise in den reichen Ländern auch junge Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren. In mehr als drei Viertel der Staaten hat die Arbeitslosenquote in dieser Altersklasse laut Unicef zugenommen.

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46 Kommentare

 / 
  • Armut in einem reichen Land aus der Perspektive der Betroffenen:

    http://youtu.be/GjS6MgdPBzM

  • "... ohne Klarheit in der Sprache ist der Mensch nur ein Gartenzwerg"

    sprach schon Sven Regener.

    'Jeder Sechste lebt in Armut' ist die Titelzeile des Artikels.

    Darunter steht

    '...sind rund 13 Millionen Menschen von Armut bedroht.'

    Was denn nun? Bedroht oder schon arm?

    • @Zeno Cosini:

      Das war mir auch aufgefallen.

       

      Ich denke, weil das ja ein offizieller Nachrichtenagenturartikel ist, ist das die offizielle Sprachregulung. Man ist heute in der BRD nicht mehr arm, sondern nur noch von Armut bedroht. Alles andere schadet Muttis Image.

  • Danke für den Bericht und die Verlinkung.

    Allerdings gehört zu Armut auch Ausgrenzung wesentlich hinzu:

    Der Verlust von Zugangsberechtigungen aller Art.

    Wer Zutritt hat, darf akkumulieren.

     

    Verlierer dürfen nicht, werden nicht ernst genommen.

     

    Viele 1000 Menschen halten den Stress vom Jobcenter nicht aus.

    Von den Kölner Erwerbslosen in Aktion: Die KEAs

    http://www.die-keas.org/aktionen

    könnte mensch lernen, dass Begleitung zum Amt einzelnen zu ihrem Recht verhelfen kann: v.a. erst mal das zu überweisende Geld.

  • Dann doch lieber eine arme Maus in Monaco. Die 60 % Regel fängt dort bei 7.500 EURO / Monat an.

  • Vermutlich hat nicht "die taz" die Schwerbehinderten und chronisch Kranken vergessen. Sie werden wohl in der Studie nicht gesondert erfasst worden sein, oder?

     

    Aber Sie haben natürlich dennoch recht: Schwerbehinderte und chronisch kranke Menschen, eventuell noch alleinstehend oder alleinerziehend, stehen sicher mit am unteren Rand der Einkommen in Europa und auch in Deutschland. Aber für die, die ja sogar immer mehr werden, interessiert sich auch keiner wirklich. Wäre vermutlich zu hart (und zu teuer) da genau hinzusehen, ähnlich wie beim Thema "Einkommen" von Asylsuchenden. Das mag ein gesunder Mensch mit europäischer Staatsangehörigkeit und ausreichendem Einkommen sich einfach nicht wirklich ansehen...

  • Man kann doch nicht pauschals sagen, dass man mit fast 1000 Euro als Single arm sei ... als Student ist 1000 Euro im Monat bei entsprechender Lebensführung ( Wohnen im Wohnheim bzw. WG, bescheideneres Konsumverhalten als ein Vollbeschäftigter etc., Nutzung preisgünstiger Angebote für Studenten etc.) z.B.. durchaus genug... ...

    • @kasus74:

      Als junger Student reichen 1.000 € sicher, zumal sicher auch noch was von den Eltern und Großeltern dazu kommt... (bis man 30 Jahre alt ist).

       

      Aber die ca. 40 Jahre nach Beendigung des Studiums werden Sie sicher auch Ihnen nicht wirklich reichen. Es ist immer noch mehr als zurzeit ALG II, aber das ist ja auch kein Maßstab. 500 € sind Sie für eine kleine 2-Zimmer-Wohnung auf jeden Fall monatlich los, hinzu kommen Stromgebühren, Versicherungen, Mediengebühren, Heilmittelkosten etc.

       

      Für die Zeit nach dem Studium gibt es dann auch keinerlei Ermäßigungen mehr, wenn sie 1.000 € Einkommen haben. Die gibt es bestenfalls erst wieder, wenn sie ALG II beziehen.

  • Liebe Taz, Sie haben Meschen mit Schwerbehinderung vergessen. Sie sind bei gleicher Qualifikation immer noch häufiger arbeitslos.

  • Deshalb wählen wir auch weiterhin "SPD". Damit uns das Zukunftsmodell Armut erhalten bleibt.

    • @Ulrich Frank:

      Da kannste wählen, wen Du willst. Ändert nix.

      • @Dudel Karl:

        Solange die Armen so denken und dann auch nicht wählen gehen wird sich wirklich nichts ändern. Die Frust-Reaktion "dieses System will ich nicht auch noch legitimieren" mag zwar verständlich sein, ist aber eben auch schlichtweg dumm. Und wer solche "Wahrheiten" verbreitet, unterstützt damit den politischen Gegner.

         

        Man könnte es auch provokanter formulieren: Wer nicht wählen geht "wählt" das bestehende System und damit meist CDU.

         

        Die Parteien analysieren nämlich ganz genau wer wählen geht. Deshalb gabs beispielsweise eine Besserstellung bei der Mütterrente. Es ändert sich also doch was, wenn man wählen geht...

  • D
    D.J.

    Da es einige immer noch nicht verstanden haben:

    Diese Erhebungen messen Ungleichheit und nicht tatsächliche Armut (deren Existenz ich nicht bestreite - im Sinne unzureichend möglicher Teilhabe am ges. Leben z.B.). Das heißt, wenn Piloten und Zahnärzte nur noch die Hälfte verdienen würden, gäbe es nach der Statistik sofort weniger Arme. Daher ist die Bezeichnung höchst sonderbar.

    • @D.J.:

      Dann können Sie uns sicher die korrekten Zahlen liefern.

      • D
        D.J.
        @Dudel Karl:

        Ich habe nicht die Zahlen bemängelt - die werden korrekt erhoben worden sein -, sondern die Bezeichnung als Armut statt als Ungleichheit. Möglich, dass wir bei einer sinnvolleren Armutsdefinition sogar auf mehr Arme treffen, das war aber nicht der Punkt.

        Jedenfalls ist es absurd, dass, wenn wir alle nur zwischen 100 und 120 Euro verdienen würden, niemand mehr als arm gelten würde.

        Nun verstanden? (die Frage auch an Herrn Anton Wagner).

        • 7G
          774 (Profil gelöscht)
          @D.J.:

          Ich habe schon lange verstanden, daß Sie unter Größenwahn und krankhaftem Redefluß leiden. Leider beides nicht sehr nützlich.

        • @D.J.:

          Unsinn. Die Leute, die dann nur 60€ verdienen, würden dann als arm gelten.

           

          Es wird die Relation gemessen.

           

          Sie kapieren das selber nicht, wie das Meßverfahren ist.

          • D
            D.J.
            @Age Krüger:

            Ake, ich weiß schon, was ich schreibe. Zitat: "Wenn wir alle [!] nur zwischen 100 und 120 Euro verdienen würden". Sie können auch "verdienen" durch das neutralere "bekommen" ersetzen. D.h., es gäbe keine Ausreißer nach oben oder unten, sonden nur eine Schwankung von 20%. Somit keine Armut nach der vorliegenden Definition.

            • @D.J.:

              Ach so, jetzt verstehe ich.

              Okay, dann haben Sie recht.

              • @Age Krüger:

                Hat er nicht!

                Warum lässt Du Dich auf seine willkürliche Verzerrung ein?

                Der spinnt hier einfach seine eigenen Prämissen ein und unterschlägt die dann auch zu relativierende Kaufkraft dieser "100-120€".

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @D.J.:

      Wenn Sie etwas erklären, kann es ja auch keiner verstehen.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @774 (Profil gelöscht):

        Sie sollten nicht von sich auf andere schließen!

        • 7G
          774 (Profil gelöscht)
          @849 (Profil gelöscht):

          Wer hat Sie denn gefragt? Wohl auch einer der Redenschreiber von D.J.?

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Nehmt es den Reichen und gebt es den Armen. Ein Verbot der Leiharbeit wäre schon mal ein Anfang.

  • vs. @ "DERKOMMENTATOR"

     

    Die fünf Reichsten in Deutschland verfügen über ein staatlich-juristisch geschütztes Ausbeutungsvermögen, das dem der ärmsten 40 Prozent der Bevölkerung entspricht. Also, analog dem Gesamtvermögen von 32 Millionen Menschen in Deutschland.

     

    Sie verfügen über ein Privat- und Geschäftsvermögen -- aus der Wert- und Mehrwertschöpfung der lohnabhängig Beschäftigten -- von 74 Milliarden Euro (101 Mrd. US-Dollar).

     

    -- Karl Albrecht (Aldi): 18,3 Milliarden Euro.

     

    -- Dieter Schwarz (Lidl): 15,45 Mrd. Euro.

     

    -- Theo Albrecht & FAMILIE (Aldi): 14,13 Mrd. Euro

     

    -- Michael Otto & Familie (OTTO): 13,5 Mrd. Euro.

     

    -- Susanne Klatten (Quandt-Erbin, u. a. BMW): 12,7 Milliarden Euro.

     

    Laut Oxfam werden häufig die größten Vermögen in Deutschland in Branchen erwirtschaftet, in denen sich die Kosten auf die Bevölkerung armer Länder abwälzen lassen --- über Hungerlöhne, Preisdiktate und miserable Arbeitsbedingungen bei Subunternehmen und Leiharbeitsfirmen.

     

    Anm.: (Un-)Verständlich, dass die Zuhälter und Zuhälterinnen, der privaten Eigentums- und Ausbeutungsverhältnisse, diese objektive Wahrheit -- auch in Deutschland -- medial in ihren falschen Kommentaren vernebeln wollen.

    • @Reinhold Schramm:

      Karl und Theo Albrecht gehören aber nicht mehr zu den reichsten Deutschen.

       

      Die haben nicht mehr so viel von ihrem Vermögen zur Zeit.

  • In Verbindung mit der Tatsache, dass die unteren 50% der geringstvermögenden Bevölkerung über faktisch kein Vermögen verfügen, sagt die Armutsquote meines Erachtens einiges über die Verhältnisse in Deutschland aus. Wie sozial ist eigentlich unsere Marktwirtschaft wirklich noch?

  • "Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Bevölkerung seines Landes zur Verfügung hat, gilt nach der Definition als arm."

     

    Also hängt es von der Vergleichsgruppe ab, ob man arm ist? Na dann lassen sich ja wohl immer "Arme" finden, selbst wenn der Wohlstand im Land jährlich wächst. Das macht die Aussage in der Überschrift irgendwie sinnlos.

    • @DerKommentator:

      Der Inhalt des Artikels ist aber nicht Armut als solches, sondern die Zunahme seit eben 2008. Da auch damals schon diese 60%-Grenze galt, zeigt es, dass eben die Anzahl der Menschen zunimmt, die unter dieser 60%-Gtenze liegen.

       

      Und das eben dieser Anteil nur minimal vom Durchschnitt der EU-Länder abweicht. d.h., dass Deutschland wesentlich beschissener dasteht als es sich selbst darstellt.

      • @Age Krüger:

        Da das nicht meine Fachrichtung ist, frage ich mal Dich:

        Sollte man nicht fragen, was kann man sich für jene > 60% denn so alles nicht leisten??

        (Wohnung, Kleidung, eine nicht würdelose Ernährungsqualität...)

         

        Müsste nicht das der Ansatz sein, um zu ermitteln ob jemand als armes Schwein gehalten wird oder nicht.

        Geht mir übrigens auch so, wenn gesagt wird: Ein konkreter Arbeiter in dem und dem Land verdient 150€ im Monat.-Tja?- Was weiß denn ich dann schon? Was kann man denn dort so alles dafür kaufen oder auch nicht?

        • @H-G.-S:

          Das wäre eine Messung in Kaufkraft, das wäre möglich und wahrscheinlich auch das sinnvollste.

           

          Es gibt durchaus auch Inflationsraten, die ärmere Menschen wesentlich mehr belastet als die Reiche. Ein statistischer Trick, der imo auch bei der Messung der Inflationsrate in der BRD vorgenommen wird, weil eben nicht berücksichtigt wird, dass z.B. eine Strompreiserhöhung für einen armen Menschen wesentlich mehr ins Gewicht schlagt, wenn er sowieso schon prozentual mehr von seinem Einkommen für Strom zahlen muss als ein gutverdienender Manager.

           

          Das sind so Spielchen bei der Statistik, die es eben möglich machen, jede Statistik auch zu manipulieren bzw. wertlos zu machen.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @DerKommentator:

      Es ist nicht sinnlos, weil hier kein Durchschnitteinkommen (Summe:Anzahl) verwendet wird, sondern Median (50%mehr,50%weniger). Das erste wird viel stärker durch die überproportionalen Steigerungen in den einkommensstarken Gruppen "hochgezogen", das mittlere Einkommen viel weniger.

      Somit, und mit dem genannten konkreten Betrag, ist das Relativieren der Armut (neuerdings sehr in Mode) ein totaler Unfug. Vergleiche mit Afrika oder 1955, die man ab und zu lesen kann, zeigen, dass 15 Jahre neoliberale mediale Gehirnwäsche doch funktioniert hat.

    • @DerKommentator:

      Pardon, aber der Text nennt eine absolute Zahl: bei einem Haushaltsnettoeinkommen von 979 Euro im Monat für einen Single gilt man in Deutschland als arm. Das mag im Vergleich zu Somalia, Nigeria etc. eine paradiesische Summe sein (da haben Sie Ihre Relativierung), ist aber unter den konkreten Bedingungen und Preisen in Deutschland zu wenig, um gesund am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Und wenn Sie sich die Mühe machten, mal Menschen zu fragen, die mit diesen finanziellen Einschränkungen leben müssen, bekämen Sie sicherlich zur Antwort, dass sie sich arm (und deswegen ausgegrenzt) fühlen. Nur weil ein Land als insgesamt wohlhabend gilt, ist deswegen Armut dort nicht per se verschwunden.

      • @Kerstin Demuth:

        Trotzdem hat er insofern recht, als dass es in jeder noch so reichen Gesellschaft relativ arme Menschen gibt. Das ist eine Binsenweisheit, die das Konzept jedoch nicht wertlos macht.

      • D
        D.J.
        @Kerstin Demuth:

        Auch Sie haben es leider nicht verstanden: Die "absolute Zahl" 979 Euro ist doch genau der Betrag, der sich aus dem Vergleich ergibt. Würden ein paar Milliardäre gleichzeitig nach Panama umziehen, wären die mit 979 Euro Einkommen auf einmal nicht mehr arm, sondern erst die mit 950 Euro. Alles klar?

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @D.J.:

          Wenn *ein paar* Miliardäre wegziehen würden, würde sich an dem *Medianeinkommen* nichts ändern. Unterhalb wären 21 Mio - "ein paar"/2, oberhalb auch 21 Mio - "ein paar"/2. Es gibt einen *signifikanten* Unterschied zw. Median und Durchschnitt. Durch Medianberechnung wird die offizielle Armutsgrenze nur unterdurchschnittlich wachsen. Wenn man so will wird damit die Armut doch "besser" abgebildet, da man dann wirklich arm dran ist.

        • @D.J.:

          979 oder 950 - leben kann man von beiden nicht.

           

          Was reden Sie wieder für irrelevantes Zeugs aus der neoliberalen Ecke hier?

        • 7G
          774 (Profil gelöscht)
          @D.J.:

          Warum kommentieren oder schreiben sie nicht bei Forbes? Da würden sie viel besser hinpassen.

      • @Kerstin Demuth:

        Mir gings eher um die Problematik, dass hier "Armut" als relative Größe zu einer Vergleichsgruppe definiert wird. Der in dem Fall passendere Begriff wäre wohl besser "Ungleichheit" oder "relative Armut".

        • @DerKommentator:

          Aber Armut hat auch ganz konkret damit zu tun, wie sich die Preise und der Lebensstandard in einer Gesellschaft gestalten und ob man mit seinem Einkommen politische und kulturelle Teilnahme hat.

          Angesichts von deutschen Mieten, deutschen Nahrungsmittelpreisen, deutschen Theaterkarten und deutschen Bildungsangeboten, ist man mit 979 eben arm.

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @DerKommentator:

          Als was sollte "Armut" denn sonst definiert werden? Vielleicht im Verhältnis zur Steinzeit? Egal, was Sie nehmen, Sie müssen für Ihren Armutsbegriff immer und notwendig eine Vergleichsgruppe bemühen. Und wenn Sie dies nicht tun, ist es sinnlos, von Armut überhaupt zu reden. Eine absolute Armut gibt es ebensowenig wie absoluten Reichtum, denn der Einäugige ist König im Blindenreich.

          • @849 (Profil gelöscht):

            Man kann Armut auf verschiedene Weise definieren. Aber alle Definitionen sind normativ, eine objektiv richtige gibt es nicht.

            Intuitiv wird Armut oft als Mangel im Bereich der Grundbedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Wohnen etc.) aufgefasst, was aber hier gar nicht gemeint ist.

            Insofern sind die verschiedenen kritischen Anmerkungen zur Aussagekraft des Artikels völlig berechtigt: Faktisch geht es hier nur um Ungleichheit.

            Die Frage ist immer, ob durch die Vermischung der Themen 'Ungleichheit' und 'Mangel' nicht eine Lösung der damit verbundenen Probleme sogar erschwert wird.

            • 1G
              10236 (Profil gelöscht)
              @Eric Manneschmidt:

              "Faktisch geht es hier nur um Ungleichheit."

               

              Nicht unbedingt. Mit einem bestimmten Einkommensniveau in einer Gesellschaft geht auch ein bestimmtes Preisniveau einher. Somit ist es nicht bloß eine Ungleichheitsdefinition sondern die Messung der Armut in *dieser* Gesellschaft. Für mich persönlich, wenn jemand nach der Befriedigung der Grundbedürfnisse nichts sparen kann, ist dann arm. Somit dürfte die zahl schon stimmen.

              • @10236 (Profil gelöscht):

                Danke für den Kommentar. Da haben wir nämlich schon gleich das nächste Problem: Es geht hier um ein gemitteltes nationales Preisniveau. Es gibt aber erstens größere regionale Preisunterschiede, darüber hinaus auch (sogar individuell) unterschiedlichen Zugang zu Ermäßigungen, staatlichen (z.B. kommunalen) oder anderen (ggf. nicht monetären) Hilfen. Deswegen sagt die Zahl so wenig darüber, wie vielen Menschen es wie schlecht geht bzw. wie viele Menschen Mangel leiden (und wie gravierend dieser ist).

                "Sparen" ist dann sowieso noch ein Thema für sich, der Begriff ist nämlich ähnlich unklar.

                • 1G
                  10236 (Profil gelöscht)
                  @Eric Manneschmidt:

                  Wenn man generalisieren möchte, kommt man nicht drum herum. Sonst dürfte man sozioökonomische statistische Daten gar nicht auswerten. Die einzige Preiskomponente die regional wirklich signifikant schwankt, ist die Miete. Somit könnte man auch das verfügbare Einkommen betrachten. Und das hängt schon mit dem Sparen/Sparmöglichkeiten zusammen. Da die ersten (letzten?) drei Zehntel in der Vermögensverteilung kein oder negatives Vermögen haben, haut's schon hin. Auch wenn man das klischeehafte säufende und rauchende Präkariat abzieht.

                  • @10236 (Profil gelöscht):

                    Ja nun. Die Frage ist in der Tat, was man überhaupt will.

                    Jedenfalls ist dieser Armutsbegriff hier als Beschreibung der Lebenswirklichkeit realer Menschen kaum geeignet und bietet auch keine Perspektive zu Verbesserung der Zustände.

                    Da wäre es sinnvoller, per Volksabstimmung ein Bedingungsloses Grundeinkommen für Alle sowie über seine Höhe zu beschließen.

                    Damit wäre dann Armut - demokratisch-normativ definiert - schlicht abgeschafft.

                    Abgesehen vielleicht von Menschen mit ganz besonderen Bedarfen (für die es bedürftigkeitsgeprüfte Transfers weiter geben muss), die fallen aber heute bei der wunderbar generalisiert-gemittelten Armutsdebatte komplett hinten runter.