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Leben und Lieben ohne BevormundungProteste für reproduktive Rechte

Gleich zweimal soll gegen AbtreibungsgegnerInnen demonstriert werden. Die wollen am Samstag in Berlin „für das Leben“ marschieren.

Klare Ansage an die Fundis: Gegendemonstrant*innen beim „Marsch für das Leben“ 2018 Foto: Markus Heine

Berlin taz | An gleich zwei Samstagen im September werden dieses Jahr voraussichtlich mehrere Tausend Menschen in Deutschland für sexuelle Selbstbestimmung und reproduktive Rechte auf die Straße gehen. Am 21. September findet in Berlin der Aktionstag für sexuelle Selbstbestimmung statt. Am 28. September soll es am internationalen „Safe Abortion Day“ zur Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen bundesweit Demos, Filmvorführungen und Lesungen geben.

Dass Berlin dem Rest der Republik eine Woche voraus ist, liegt vor allem an der Terminplanung radikaler AbtreibungsgegnerInnen: Für ihren „Marsch für das Leben“ reisen jährlich konservative und christlich-fundamentalistische TeilnehmerInnen mit Bussen und Sonderzügen aus dem gesamten Bundesgebiet an, um gegen Schwangerschaftsabbrüche ­mobilzumachen. Dieses mal am 21. September.

In den vergangenen Jahren schickten UnionspolitikerInnen wie Volker Kauder Grußworte an den Marsch, VertreterInnen der AfD nahmen daran teil. Seine Teilnahme in diesem Jahr zugesagt hat dem Verband zufolge unter anderem der katholische Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der als Hardliner in Sachen Abtreibung gilt. Der Verband rechnet auch dieses Jahr mit mehrere Tausend TeilnehmerInnen.

Einen Tag zuvor lädt zudem der Bundesverband Lebensrecht in Berlin zu einer „Fachtagung“, bei der unter anderem die Vorsitzende der „Christdemokraten für das Leben“, Mechthild Löhr, sprechen soll. Ebenso treffen sich dort die Gruppen „Jugend für das Leben“ und „Pro Life Europe“ zum Kongress „Impact“.

Aufruf zu „kreativem Protest“

Dem wollen viele BerlinerInnen etwas entgegensetzen: Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, dem unter anderem Frauenorganisationen, Grüne, Linke und Gewerkschaften angehören, ruft unter dem Motto „Leben und Lieben ohne Bevormundung“ zur Gegendemo auf.

Unterstützt werden sie unter anderem von der wegen Paragraf 219a verurteilten Ärztin Bettina Gaber. Das queerfeministische Bündnis „What the fuck“ ruft unter dem Motto „Antifeminismus sabotieren – Abtreibung legalisieren“ dazu auf, den „Marsch für das Leben“ mit „kreativen Protestaktionen“ zu stören.

Der 28. September wiederum ist international bereits als Aktionstag etabliert. In den vergangenen Jahren gingen an diesem Tag Frauen* in mehr als 60 Ländern weltweit auf die Straße, um für ihre Rechte einzutreten. „Zum ersten Mal gibt es an diesem Tag auch hierzulande richtig viele Aktionen“, sagte eine Sprecherin des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung der taz. Weltweit sterben jährlich mindestens 22.800 ungewollt Schwangere an den Folgen eines unprofessionell durchgeführten Schwangerschaftsabbruchs. Auch in Deutschland würden Abbrüche „kriminalisiert, geächtet und tabuisiert“. Dabei müsse der Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch Teil der Gesundheitsversorgung sein.

Die Bundesregierung, so das Bündnis, habe sich in Sachen Paragraf 219a als nicht handlungsfähig erwiesen. Der Paragraf verbietet es ÄrztInnen, darüber zu informieren, dass und wie sie Abtreibungen machen. Nun sind unter dem Motto „Schwangerschaftsabbruch raus aus dem Strafgesetzbuch“ Kundgebungen oder Lesungen in mehr als 30 Städten angekündigt, darunter Augsburg, Frankfurt am Main, Freiburg oder München.

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3 Kommentare

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  • Kleine linguistische Anmerkung:

    Ich finde, der Ausdruck "reproduktive Rechte" ist nicht passend. Es müsste z.B. "Reproduktionsrechte" heißen.

    Denn es sind ja nicht die Rechte, die reproduziert werden, sondern Rechte, die sich auf die Reproduktion (von Menschen) beziehen.

    • @Existencielle:

      ...oder "Reproduktivrechte", wäre vielleicht noch besser.

  • Die Autorin ist doch selbst eine Art bigotter "Lebensschützer". Ärzte sollen zwar darüber aufklären dürfen, was da passiert. Standardmäßig und von den Krankenkassen bezahlt soll es aber nicht möglich werden, Behinderungen vor der Geburt fetzustellen.