Laufzeitverlängerung auf 50 Jahre: Frankreich hält an alten AKW fest
Frankreichs Atomaufsicht verlängert die Laufzeit der ältesten Meiler auf 50 Jahre. Präsident Macron sieht in Atomenergie Beitrag zum Klimaschutz.
Die Verlängerung betrifft acht Standorte: Darunter ist das Atomkraftwerk Bugey östlich von Lyon, das seit Ende der 1970er Jahre in Betrieb ist. Auch die Reaktoren in Dampierre südlich von Paris und Tricastin nördlich von Avignon können nun voraussichtlich länger Strom liefern. Sie waren Anfang der 1980er Jahre ans Netz gegangen.
Weitere Kraftwerke befinden sich in Chinon und Saint-Laurent an der Loire und Cruas an der Rhône. Die Atomaufsichtbehörde verlangt in mehreren Fällen zusätzliche Installationen, um bislang vernachlässigten Risikofaktoren wie Erdbeben, Hitze oder Trockenheit besser Rechnung zu tragen. Vor einem Jahr hatte die Atomaufsichtsbehörde noch die Sorge geäußert, der Betreiber EDF könnte sowohl finanziell als auch personell vom Ausmaß der verlangten Reparaturen überfordert sein. Dem Betreiber würde es an kompetenten Fachleuten fehlen. Arbeiten müssten von Fremdfirmen übernommen werden.
Greenpeace Frankreich kritisiert den Beschluss und sieht darin eine Kapitulation vor den Interessen der Energiewirtschaft. Die Anti-Atom-Initiative „Sortir du nucléaire“ befürchtet zudem, dass die von der Atomaufsicht nun vorgeschriebenen Arbeiten erst erfolgen, wenn die Reaktoren 47 oder 48 Jahre in Betrieb waren. Und auch die deutschen Grünen verurteilen diesen Beschluss. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl erklärte: Der hochverschuldete Atomkonzern EDF wolle noch einmal Profit erzielen. „Das geht mit einer drastischen Erhöhung des Unfallrisikos einher.“
Fessenheim 2020 abgeschaltet
Im Juni 2020 hatte Frankreich sein ältestes Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim unweit von Freiburg im Breisgau nach 43 Jahren Betrieb abgeschaltet. Vorausgegangen waren jahrelange Proteste aus Deutschland und der Schweiz, da die Reaktoren als störanfällig galten und in einem Erdbebengebiet am Oberrhein standen.
Frankreich bezieht fast 70 Prozent des Stroms aus Atomkraft. Nach Ansicht der Regierung und der Atomindustrie ist das Land darauf angewiesen, auch die alten Reaktoren so lange wie nur möglich zu benutzen. Denn bis die Kapazitäten aus erneuerbaren Energiequellen ausreichten, würde es noch dauern.
Im Zusammenhang mit dem Klimawandel und dem Ersatz fossiler Energien zur Verminderung der Treibgasemissionen wird zudem die Atomenergie in Frankreich immer wieder als kleineres Übel gesehen. Aus diesem Grund hatte Ende 2017 der damalige Umweltminister Nicolas Hulot, vormals Frankreichs prominentester Umweltschützer, das ursprüngliche Ziel, den Anteil des Atomstroms von 75 auf 50 Prozent zu reduzieren, auf 2035 vertagt, um so „dank“ AKWs wenigstens einen Teil der fossilen Energie zu ersetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann