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Laufende Koalitionsverhandlungen„Hände weg vom Entwicklungsministerium“

NGOs warnen vor Kürzungen von deutschen Entwicklungsgeldern – vor allem, da sich auch die USA aus der Entwicklungshilfe zurückziehen.

Bald vorbei? Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze besucht Côte d'Ivoire, um sich ein Frauenprojekt anzuschauen Foto: Christophe Gateau/picture alliance

Berlin taz | „Hände weg vom BMZ“, rufen am Mittwochmorgen Mit­ar­bei­te­r*in­nen von Entwicklungs- und Hilfsorganisationen vor dem Verteidigungsministerium. Sie fürchten, das BMZ, also das Entwicklungsministerium, könnte bei den Koalitionsverhandlungen unter die Räder kommen. Schon länger äußern Unions-Politiker Pläne, das BMZ ins Auswärtige Amt einzugliedern. Auch von weiteren Kürzungen im nächsten Etat ist die Rede.

Zeitgleich finden die Koalitionsverhandlungen in Arbeitskreisen statt. Grundlegende Linien der Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik der nächsten Bundesregierung werden unter der Leitung der Noch-Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und den Außen- und Verteidigungspolitikern Johann Wadephul (CDU) und Florian Hahn (CSU) verhandelt – im Verteidigungsministerium, vermuten die NGOs.

An sie richtet sich die Botschaft, dass Entwicklungspolitik wirkt, sagt Scherwin Saedi von der Entwicklungsorganisation One, die den Protest organisiert hat. Um das zu zeigen, rollen die De­mons­tran­t*in­nen einen 20 Meter langen Teppich auf dem Gehweg gegenüber dem Verteidigungsministerium aus. „Die Kindersterblichkeit wurde halbiert“, steht dort zum Beispiel und „87 Prozent aller Kinder weltweit haben eine Grundschulausbildung abgeschlossen“.

Internationale Zusagen stehen auf der Kippe

Auch angesichts der hohen Ausgaben für Verteidigung, die am Dienstag mit der Lockerung der Schuldenbremse besiegelt wurden, fordern die Organisationen mehr Geld für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. „Es muss mehr Instrumente geben als militärische, um Krisen und Konflikte weltweit zu reduzieren“, sagt Anica Heinlein, Sprecherin der Hilfsorganisation Care, die zur Aktion gekommen ist.

Die vorige Bundesregierung hatte noch beschlossen, dass Geld für Verteidigung im gleichen Maß wie für Entwicklungshilfe steigen sollte. Passiert ist das nicht. Außerdem hat sich Deutschland international zum UN-Ziel bekannt, mindestens 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Entwicklungsfinanzierung auszugeben. Ein Teil davon, 6 Milliarden Euro, ist als Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung vorgesehen, Industrieländer hatten jährlich 100 Milliarden US-Dollar zugesagt.

Die Zahlen für 2024 sind noch nicht berechnet, aber es ist fraglich, ob die Ziele erreicht wurden. Und noch fraglicher, ob das 2025 der Fall sein wird. Das BMZ und das Auswärtige Amt mussten schon in den vorherigen zwei Etats Milliardenkürzungen hinnehmen.

Weltweiter Rückgang von Entwicklungsgeldern

Gleichzeitig steht Entwicklungspolitik nicht nur in Deutschland unter Druck. US-Präsident Donald Trump versucht gerade, sie abzuschaffen. Die von ihm eingefrorenen Gelder der Entwicklungsbehörde USAID haben bereits massive Auswirkungen, besonders in Krisengebieten. Es fehlen Hilfsgüter wie Nahrungsmittel und medizinische Versorgung. Langfristige Projekte, etwa Entsalzungsanlagen zur Aufbereitung von Wasser, sind vorerst auf Eis gelegt. Für die geplante Abwicklung von USAID braucht es allerdings noch die Zustimmung vom Kongress.

Um den erhöhten Verteidigungsetat Großbritanniens zu finanzieren, hat auch Premierminister Keir Starmer angekündigt, Entwicklungsgelder in den nächsten zwei Jahren von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 0,3 Prozent zu senken.

Massive Kürzungen haben ebenfalls die Niederlande angekündigt. Damit werden zukünftig Milliardenbeträge für Entwicklungsprojekte und humanitäre Hilfe, also Notleistungen bei Krisen, fehlen.

„Die Weltgemeinschaft findet sich politisch in einer sehr instabilen Situation wieder“, sagt Michael Herbst, Vorstandsvorsitzender von Venro, dem Dachverband deutscher Entwicklungs- und Hilfsorganisationen. Deutschland müsse vorangehen und mit Partnern für eine demokratische, wertegeleitete Weltordnung einstehen. Der Dachverband hatte kritisiert, dass mit der Lockerung der Schuldenbremse keine Investitionen für zivile Maßnahmen, wie humanitäre Hilfe oder Krisenbewältigungsmaßnahmen vorgesehen wurden. Diese würden aber „einen wichtigen Beitrag zu einer langfristigen Friedenssicherung leisten“.

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