Lateinamerikasolidarische Medien: Hoch die internationale Solidarität
Die „Lateinamerika Nachrichten“ und das Magazin „ila“ berichten aus einer linken Perspektive über die Region. Nun kämpfen sie ums Überleben.
„El Pueblo unido jamás será vencido“: Die Parole vom vereinten Volk, das nicht besiegt werden kann, klingt heute antiquiert. Doch bis Ende der 1980er Jahre fehlte sie auf kaum einer linken Demonstration in Westdeutschland und Westberlin.
Die Zeile war dem Refrain eines Songs der Unidad Popular entlehnt, eines linken Bündnisses, mit dem der Sozialist Salvador Allende 1970 in Chile die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte. Im letzten Jahr gab es dazu zahlreiche Veranstaltungen aus traurigen Anlass. Am 11. September 1973 stürzten rechte Militärs Allende. Tausende Linke wurden ermordet, verhaftet oder ins Exil getrieben.
An vielen Veranstaltungen zum 50. Jahrestag des Putsches hatte die Redaktion der Lateinamerika Nachrichten (LN) mitgewirkt. Für sie hatte das Datum eine besondere Bedeutung, denn die Zeitung wurde nur wenige Monate vor dem Putsch unter dem Titel Chile-Nachrichten gegründet, um über die sozialistische Entwicklung im Land zu informieren.
Eng verbunden mit dem Putsch
„Unsere Geschichte ist extrem eng mit dem Putsch gegen Allende verbunden“, sagte Frederic Schnatterer von der LN-Redaktion der taz. Die ehrenamtlich arbeitende Redaktion hatte im letzten Jahr einen Dokumentarfilm über die Geschichte des LN-Redaktionskollektivs und eine fünfteilige Veranstaltungsreihe zu fünf Jahrzehnten Lateinamerika-Solidarität in der BRD erstellt.
Doch im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit aktuellen sozialen Bewegungen in Südamerika. Dazu gehörte eine Rundreise chilenischer Aktivist*innen der Wasser- und Umweltschutzbewegung Modatima. Ein wichtiges Thema im aktuellen Heft ist nach der Wahl des Rechtspopulisten Javier Milei zum argentinischen Präsidenten der Kampf gegen die Rechte in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern.
Obwohl die Krise der Printmedien auch an der LN nicht spurlos vorbeigegangen ist, will die Redaktion an regelmäßigen Printausgaben festhalten. „Was wir in der immer schnelllebigeren Medienlandschaft liefern können, sind Hintergrundberichte und Analysen aus unserer ganz besonderen Perspektive. Reportagen und Interviews mit Menschen, die bei anderen Medien nicht zu Wort kommen“, begründet Schnatterer das Festhalten an gedruckten Ausgaben.
Kritischer Blick
„Monatsmagazine wie unseres lesen viele weiterhin gerne in Print, was nicht zuletzt eine Komponente der emotionalen Verbindung hat“, betonen auch Mirjana Jandik und Britt Weyde von der ila-Redaktion gegenüber der taz. Sie wird seit 1975 vom Verein Informationsstelle Lateinamerika e. V mit Sitz in Bonn herausgegeben. Nachdem die Auflage in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist, hat die Redaktion eine Rettungskampagne gestartet, die über 100 neue Abonnements einbrachte. Auch wenn sie zum Ausgleich der Preissteigerungen der letzten Jahre dringend weitere Abonnenten benötigen, ist die Existenz der ila vorerst gesichert.
An aktuellen Themen mangelt es nicht. Zu den Schwerpunktthemen der zehn Ausgaben pro Jahr gehören die Geschichte des Karnevals in Südamerika und der dortige Umgang mit Reproduktionstechnologien. Über aktuelle Arbeitskämpfe wird ebenso berichtet wie über die Rolle von deutschen Migrant*innen in Lateinamerika. Auch über den zapatistischen Aufstand, der sich kürzlich zum 30. Mal jährte, hat die ila ausführlich aus Südmexiko berichtet. Zudem ist ein Relaunch der ila-Homepage in Vorbereitung. Jandik und Weyde schwebe perspektivisch ein mehrsprachiges Archiv der sozialen Bewegungen Lateinamerikas vor.
„Schematische Feindbilder, wie sie vor allem in den 70er- und 80er-Jahren in linken Publikationen vorherrschten, sind einer differenzierteren Betrachtungsweise gewichen“, beschreiben Weyde und Jandik die Entwicklung der ila in den letzten fünf Jahrzehnten. Doch den kritischen Blick habe sich die Redaktion bewahrt.
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