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Langzeitarbeitslose in BremenGeförderte Jobs gesucht

Die Verbund Vadib beklagt die träge Umsetzung des „Teilhabechancengesetzes“: Bremen müsse 1.500 neue Stellen auf dem sozialen Arbeitsmarkt schaffen.

Zusätzliches Geld für zusätzliche Jobs gibt es in Bremens Jobcentern Foto: dpa

Bremen taz | Der Verbund arbeitsmarktpolitischer Dienstleister in Bremen (Vadib) fordert die Schaffung von 1.500 zusätzlichen Plätzen auf dem sozialen Arbeitsmarkt – also staatlich geförderter Jobs für langzeitarbeitslose Menschen, die auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt kaum eine oder keine Chance haben. Dieser vom Senat durchaus gewollte Ausbau, so ihre Kritik, gehe zu langsam voran.

Grund für die Forderungen ist das im Januar in Kraft getretene „Teilhabechancengesetz“: Die bundesweite Initiative „Sozialstart.jetzt“, der Vadib angehört, macht darauf aufmerksam, dass durch das Gesetz bisher deutschlandweit nur 14.300 Menschen eine Beschäftigung auf dem sozialen Arbeitsmarkt bekommen haben, obwohl die Bundesregierung vier Milliarden Euro bereitgestellt hat, um bis zu 150.000 Menschen in geförderte Arbeit zu bringen.

Auch die bremischen Jobcenter haben mit Beginn 2019 zusätzliches Geld erhalten für die Finanzierung entsprechender Förderinstrumente. Dabei handelt es sich um die zweijährige „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“, bei der im ersten Beschäftigungsjahr 75 Prozent der Lohnkosten und im zweiten Jahr 50 Prozent finanziert werden. Das zweite Instrument nennt sich „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ und ermöglicht eine fünfjährige Förderung.

Die zweijährigen Programme sind nicht neu. So gibt es das 2017 gestartete „Landesprogramm Langzeitarbeitslose – Perspektive Arbeit“ (Lazlo), und das im vergangenen Jahre begonnene Programm „Perspektive Arbeit Saubere Stadt“ (Pass). Aber eine Förderungsdauer von bis zu fünf Jahren ist neu.

Das Programm ist uns hoch willkommen

Ernst Schütte, Geschäftsführer des Beschäftigungsträgers Wabeq

Und erfreulich, findet Ernst Schütte, Geschäftsführer der Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (Wabeq): „Das Programm ist uns hochwillkommen.“ Denn eine längere Laufzeit bedeute eine bessere Qualität der Beschäftigungsprojekte, Planungssicherheit für die Träger und bessere Perspektiven für die Beschäftigten: „Die Menschen sind in dieser Zeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt, können teilhaben, etwas Sinnvolles tun, woanders Praktika absolvieren, sich weiterbilden.“

Denn anders, als es den Beschäftigungsträgern oft vorgeworfen werde, sei deren Ziel, die Beschäftigten in den regulären Arbeitsmarkt zu vermitteln. Gleichwohl, sagt Schütte, „ist Teilhabe für uns am wichtigsten.“ Deswegen hoffe er, dass es irgendwann in Zukunft einen sozialen Arbeitsmarkt mit unbefristeten Stellen geben werde.

Denn die Vermittlungsquote ist klein: Über Lazlo und Pass kamen bisher, so die aktuellen Zahlen aus dem Wirtschaftsressort, 14 Prozent der TeilnehmerInnen in den ersten Arbeitsmarkt – eine Quote, die Ressortsprecher Tim Cordßen als „überraschend positiv“ bezeichnet. Alle anderen landen nach Ende der Maßnahmen wieder beschäftigungslos im Bezug von Sozialleistungen – das wird sich durch die Verlängerung auf fünf Jahre wohl auch nicht signifikant ändern.

Bremen, sagt der Vadib-Vorsitzende Peter Härtl, sei bei den geförderten Stellen gar nicht so schlecht aufgestellt: 340 Menschen waren hier Ende Mai nach dem „Teilhabechancengesetz“ beschäftigt – in Brandenburg gebe es hingegen Jobcenter, die bis heute nicht einen einzigen dieser Jobs im Angebot hätten. „In Bremen werden mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds den Arbeitgebern noch zusätzliche Fördergelder bereitgestellt – das erhöht den Anreiz“, sagt Härtl. Dennoch seien die Hürden für die Beschäftigungsgeber hoch: „Die Kriterien für die Bewilligung der Förderung sind beim Jobcenter anders als beim Senator für Wirtschaft und Arbeit – da muss sich unbedingt auf ein standardisiertes Verfahren und eine gemeinsame Strategie geeinigt werden.“

Die 1.500 zusätzlichen Stellen sollen nach den Vorstellungen Vadibs so aufgeteilt werden: 300 Jobs in Betrieben oder im öffentlichen Dienst, 700 Plätze bei „Regionalen Beschäftigungs-Agenturen“ und 500 zusätzliche Plätze bei den etablierten Beschäftigungsträgern.

Die Beschäftigungs-Agenturen sollen in den Quartieren installiert werden für kleine Träger vor Ort wie Sportvereine oder Kirchengemeinden, sagt Härtl. „Sie sind besonders wichtig, denn durch sie wird ein sozialer Mehrwert generiert, nämlich nicht nur Beschäftigung, sondern Integration und Teilhabe im eigenen Quartier.“

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1 Kommentar

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  • Die Lohnsklaverei konnte man doch sonst immer sehr gut mit § 10 SGB II ausbauen. Jetzt hat die GroKo scheinbar noch etwas besseres gefunden, um die Arbeitgeber bei Laune zu halten. Das "Teilhabechancengesetz". Was für ein genialer Schachzug der GroKo, denn damit müssen Arbeitgeber in den ersten beiden Jahren keine Löhne mehr zahlen.

    Teilhabechancengesetz = Arbeitgeber zahlen keinen Lohn mehr, denn das übernimmt jetzt der Bürger mit seinen Steuergeldern. In den ersten beiden Jahren gibt es vom Staat für Arbeitgeber einen Zuschuss von 100 Prozent zum Mindestlohn oder für tarifgebundene Arbeitgeber bzw. Arbeitergeber mit Entlohnung nach kirchlichen Arbeitsregelungen, das zu zahlende Arbeitsentgelt; in jedem weiteren Jahr wird dieser Zuschuss um 10 Prozentpunkte gekürzt bei einer maximalen Förderdauer von fünf Jahren.

    Hurra, die kleinen Steuerzahler bezahlen jetzt sogar noch die Löhne und "entlasten" damit die Arbeitgeber von ihrer eigentlichen Pflicht. Das ist Kapitalismus in reinster Form. Hat der kleine Steuerzahler das überhaupt schon mitbekommen oder sitzt er gerade vor seinen 50 TV Programmen und lässt sich sein Hirn mit US-Blödserien wegbrennen?