Lange Nacht der Museen in Berlin: Liebe soll Leute locken
75 Museen machen mit bei der Langen Nacht unter dem Motto „Liebe“. Kultursenatorin verspricht Einsatz für Neuauflage des eintrittsfreien Sonntags.

Es war eine geniale Marketing-Idee – und sie funktioniert bis heute: 1997 schlossen sich erstmals Berliner Museen für eine „Lange Nacht“ zusammen, um durch die Eventisierung ihres bildungsbürgerlichen und bisweilen verstaubten Angebots neue Interessentenkreise anzulocken. Damals nahmen 18 Museen teil, es kamen 6.000 Besucher. Heute sind lange Museumsnächte ein internationales Phänomen, andere Bereiche wie Wissenschaft, Religionen, Stadtnatur adaptierten das Format.
Die 43. Ausgabe der Berliner Museumsnacht am kommenden Samstag – einige Zeit gab es sogar zwei Lange Nächte pro Jahr – ist nicht ganz so groß wie die von 2018 (80 Museen). Dennoch freut sich Organisator Moritz van Dülmen von der landeseigenen Kulturprojekte GmbH über 75 teilnehmende Institutionen und hofft auf „zehntausende“ Besucher – im vorigen Jahr kamen 45.000.
Die Lange Nacht sei das „größte Kulturevent“ Berlins, schwärmte Dülmen. „Anfang des Jahres war wegen der Haushaltslage nicht klar, ob das gelingen konnte“, sagte er am Dienstag bei der Vorstellung des Programms im Bode-Museum.
Auch Kultursenatorin Sarah Wedl-Wilson (parteilos), für die die Lange Nacht eine „Schatzkiste“ ist, in die jeder „reingreifen“ kann, sprach von der „schwierigen Finanzlage“. Der Kulturbereich wurde im aktuellen Doppelhaushalt um 12 Prozent gekürzt, wovon auch die Museen betroffen sind, im kommenden Etat sind weitere Kürzungen vorgesehen.
Die 43. Lange Nacht der Museen in Berlin findet von Samstag, 30. August, 18 Uhr bis Sonntag, 31. August, um 2 Uhr morgens statt. 75 Museen, Ausstellungshäuser, Planetarien und Gedenkstätten in ganz Berlin haben dann geöffnet und laden zu Expressführungen, Workshops, Konzerten, Lesungen, Künstlergesprächen, Performances und DJ Sets ein.Tickets können online unter langenachtdermuseen.berlin erworben werden. Das reguläre Ticket kostet 23 Euro, ermäßigt ermäßigt 17 Euro. Kinder bis 12 Jahre haben freien Eintritt, brauchen jedoch ein kostenloses Kinderticket.
Auf der genannten Webseite findet sich das ganze Programm, inklusive redaktioneller Empfehlungen zu bestimmten Themen, etwa der „Liebeskummer-Route“, der „Foodie-Route“ oder der „Mitte-Route“. Mit dem „Museo-Mat“ kann man sich auch Empfehlungen zu bestimmten Interessen geben lassen. Ein Shuttle-Service ist im Preis inbegriffen, auf vier Linien werden zahlreiche Museen miteinander verbunden. (sum)
Wissensvermittlung für möglichst viele
Dabei hätten die Museen einen wichtigen Bildungsauftrag, so Wedl-Wilson: nämlich Wissen darüber zu vermitteln, „wo wir herkommen und in welche Richtung wir uns weiterentwickeln können“. Sie versprach, sich dafür einzusetzen, dass der eintrittsfreie Museumssonntag „wiederkommt“. Diese Art der Förderung von kultureller Teilhabe war im Dezember 2024 wegen der Haushaltskürzungen eingestellt worden.
Auch die Lange Nacht der Museen wird sich nicht jeder leisten können: Das normale Ticket kostet 23 Euro, das ermäßigte immer noch 17 Euro (der günstigere Vorverkauf endete am 17. August). Dennoch sprach von Dülmen von einer „preisgünstigen Gelegenheit, in die Museumslandschaft einzutauchen“. In der Tat kostet an anderen Tagen ein reguläres Ticket etwa für das Bode-Museum inzwischen 14 Euro (ermäßigt 7).
Thematisch dreht sich dieses Jahr alles um die „Liebe“. Das Thema „passt zur Leichtigkeit der Langen Nacht“, erklärte Projektleiterin Annette Meier, obwohl die Liebe natürlich auch „schwere Seiten“ habe. Weshalb man etwa in der früheren Stasi-Zentrale in Lichtenberg lernen kann, wie Spionage mit „Honigfallen“ funktionierte. Oder im Medizinhistorischen Museum der Charité die „Liebeskummer-Praxis“ besuchen, wo unter anderem ein Kardiologe erklärt, ob das Herz physisch wirklich brechen kann.
Hoffnung auf neue Gäste
Was die Lange Nacht vor allem für etwas unbekanntere Einrichtungen bedeuten kann, schilderte Aune Tette, Geschäftsführerin des Urban Nation Museum for Contemporary Art in Schöneberg. Das 2017 gegründete Museum, das sich mit Kunst im städtischen Raum befasst, ist zum vierten Mal dabei und „sehr enthusiastisch“: „Die Lange Nacht bringt uns Gäste, die uns sonst nicht erreichen würden“, so Tette. Normalerweise, sagte sie der taz, kämen vor allem Touristen, Berliner Schüler und „viele Senioren, die unseren freien Eintritt nutzen“.
Zum Thema Liebe hat das Urban Nation eine Tour zu Wandbildern mit „Liebesbotschaften“ im Umkreis des Museums zu bieten sowie eine Late-Night-Begegnung (ab 23 Uhr) mit den 12 Künstlern, die aktuell als Stipendiaten in den oberen Räumen des Eckhauses leben und arbeiten. Tette: „Das Thema Liebe ist für uns sehr wichtig, um ein Zeichen der Versöhnung in diesen polarisierenden Zeiten zu setzen.“
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