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Landwirt über Bauernproteste„Die AfD vereinnahmt die Demos“

Die Bundesregierung solle Bauern honorieren, die was für die Umwelt tun, fordert Landwirt Martin Schulz. Die AfD erzähle dagegen Quatsch.

Wütend: Landwirte Foto: dpa
Nicole Opitz
Interview von Nicole Opitz

taz: Herr Schulz, für Dienstag sind in ganz Deutschland die größten Bäuer:innen-Demos seit Jahrzehnten geplant. Fahren Sie hin?

Martin Schulz: Nein. Mein Mitarbeiter möchte gerne mitfahren und kriegt einen Trecker von mir. Die AfD will die Demonstrationen vereinnahmen und versucht den Leuten einzureden, dass sich nichts verändern muss. Das ist Quatsch. Ich distanziere mich von der Politik der AfD. Ich kann aber den Unmut der Bäuer:innen verstehen. Was die Politik über Jahre verschlafen hat, sollen die Betriebe nun ausbaden. Es gibt viele Bäuer:innen, die sich nicht mit der AfD identifizieren.

Was wollen Sie?

Die Politik hat die Landwirtschaft über Jahrzehnte darauf getrimmt, billig zu erzeugen. Eine hohe Produktion zerstört unsere Umwelt. Das muss sich ändern. Wir fordern CDU-Agrarministerin Julia Klöckner auf, umgehend eine Kommission einzuberufen, die die Zukunft der Landwirtschaft neu denkt. Vertreter:innen aus Landwirtschaft, Umwelt-, Natur- und Tierschutzverbänden, Einzelhandel und Ministerien sollten dort vertreten sein. Ziel ist mehr Tierwohl, die Honorierung bäuerlicher Leistungen für Klimaschutz sowie hohe Sozial- und Umweltstandards. Die bisherige Agrarexportstrategie muss beendet werden und Futtermittelimporte müssen drastisch reduziert werden.

Was soll die Kommission beschließen?

Gesetze bringen wenig. Es ist sinnvoller, Bäuer:innen zu honorieren, die sich für die Umwelt einsetzen und beispielsweise Blühstreifen pflanzen. Mehr Gesetze führen nur dazu, dass kleine Betriebe mehr Geld ausgeben müssen, aber die Einnahmen bleiben gleich.

Im Interview: Martin Schulz

ist Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Bauer aus dem Wendland.

Was ist Ihre Meinung zum Agrarpaket der Bundesregierung?

Dort stehen gute Sachen drin. Wir sind für ein Tierwohlkennzeichen und einen Umbau der Tierhaltung, wenn man die Bauern miteinbezieht. Beim Insektenschutzprogramm hätte man intelligenter hantieren können. Man schreibt den Betrieben in Schutzgebieten vor, auf Ökolandbau umzubauen. Es gibt aus meiner Sicht viele Maßnahmen, die man betreiben könnte, um Insektenschutz zu betreiben.

Wie?

Ich selbst habe Blühstreifen auf meinem Hof und weiß, wie kompliziert die Regularien sind. Ist ein Blühstreifen fünf Quadratmeter zu groß, muss man mit Auflagen rechnen. Das muss nicht sein. Toll fände ich eine Beratung vor Ort. Keine, die erklärt, wie man mehr produziert, sondern eine, die erklärt: Was kann ich für Natur und Umwelt tun? Wir können wesentlich mehr als Nahrungsmittel produzieren und durch die Förderung von Artenvielfalt auf unseren Höfen der Klimakrise etwas entgegensetzen.

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9 Kommentare

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  • Viele Bauern leben seit Jahren in Existenzangst, alle wissen wir es.



    Unsere Regierung hat seit Jahren nichts für die Bauern getan. Dann brauchen wir uns nicht wundern wenn auch etliche Bauern zur AfD abwandern.



    Die AfD gibt es nur weil die anderen Parteien bestimmte Missstände im Land nicht behandeln, im Gegenteil, viele Probleme und Sorgen der Bürger werden wie "nicht vorhanden" totgeschwiegen.



    Ich kanns nur immer wieder sagen, hört auf die Sorgen der Bürger und löst deren Probleme und ruck zuck ist die AfD Vergangenheit!

  • Auf Spiegel online gibt es gerade einen Artikel, aus dem hervorgeht, das von fünf in Deutschland geborenen Schweinen nur vier es überhaupt zum Schlachthof schaffen, 20% der Tiere gehen schon vorher an den elendiglichen Bedingungen ihrer Haltung zugrunde. Diese 13,5 Millionen für die Tierkörperbeseitung produzierten Schweine siechen oft über Wochen dahin und sterben anschließend langsam und qualvoll an der dilettantisch durchgeführter Tötung durch das schlecht bezahlte Personal.

    Ganz unverdient ist das schlechte Image der Landwirt*innen nicht - gerade die Massentierhalter haben sich dieses Image mit tüchtiger Unterstützung der jeweiligen Landwirtschaftsminister*innen, die nicht eingeschritten sind, über Jahrzehnte hart etarbeitet.



    Und die Verbraucherschaft konsumiert eifrig eine Rekordzahl billiger Schnitzel, wohl wissend, wo sie herkommen.

    Das macht mich schon viele Jahre verständnislos.

  • www.oekom-crowd.de...jekte/genial-lokal

    Eine Initiative von "unten", eine Möglichkeit zum Weiterdenken und auch Handeln.

    • @MahNaMahNa:

      Ich gerade mal den Link angeschaut.



      Ihr braucht keine Ernährungsräte, kauft einfach im Hofladen ein und nicht mehr beim Discounter. Das löst schon viele Probleme.

  • Die Demo in Bonn am Dienstag kommt öffentlich rüber als „Bauern gegen Umweltschutz“.

    Ob die Organisationshilfe durch Bauernverband und Agrarchemieunternehmen wirklich schlau ist?

    • @Sven2000:

      Es gab noch viele andere Ziele. Diese wurden von der Presse aber nicht weitergegeben. Wahrscheinlich weil sie von der Industrie bezahlt wird. Es ging vor allem um das Mecosur Abkommen. Durch diese Freihandelsabkommen mit Südamerika werden viele landwirtschaftliche Betriebe in Europa vernichtet. Der Rgenwald in Brasilien wird noch mehr zerstört und es entstehen noch mehr riesige Flächen mit Soja, Mais und Zuckerrohr. In Brasilien gibt es riesige Mastbetriebe mit mehren Tausend Rindern. Das ist Massentierhaltung und nicht ein Betrieb in Deutschland mit Hundert Rindern.



      Und das alles nur, damit Deutschland seinen Exportüberschuß noch weiter steigern kann.

  • Nach dem Skandal um die Spreewälder Hirsemühle, weil die einem Bio-Landwirt und AfD-Politiker gehört, sollte der deutsche Bauernverband endlich genauer abklären, wie viel Prozent seiner Mitglieder der AfD nahe stehen. Unter konventionellen Landwirten dürfte die Partei deutlich mehr Unterstützer haben als unter Bio-Bauern.

    Manche Bauern wollen wirklich nichts verändern, sondern so weiter machen wie bisher. Die immer härteren und komplizierteren Gesetze beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Tierhaltung sind nicht im Sinne vieler Bauern, die sowieso schon seit Jahren um ihre Existenz kämpfen. Der Ruf nach der Förderung regionaler Produkte an Stelle billiger Importe macht die AfD für Bauern zusätzlich attraktiv.

    Was können die anderen Parteien dagegen halten, ausser Subventionen, die zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel sind?



    Lebensmittel müssen endlich massiv teurer werden!

    • @Elroy Banks:

      Der Bauernverband vertritt in der Regel nicht die Interessen der Bauern, sondern der Argraindustriellen.



      Das - ist ein Unterschied.

    • @Elroy Banks:

      " Der Ruf nach der Förderung regionaler Produkte an Stelle billiger Importe macht die AfD für Bauern zusätzlich attraktiv."



      diese Forderung ist doch schon 20 Jahre alt und keine Erfindung der AfD...,