Landtagswahlen im Südwesten: Der Kopf entscheidet
Die WählerInnen haben sich für bekannte Gesichter entschieden – aber auch der CDU eine Abreibung verpasst. Eine Ampel wäre in beiden Ländern möglich.
Z wei Länder, zwei Wahlen, aber doch manche Gemeinsamkeit. Die auffälligste: In Baden-Württemberg wie in Rheinland-Pfalz möchten die Leute, dass das vertraute Gesicht in der Landesführung auch das vertraute Gesicht bleibt.
Zwar haben Winfried Kretschmann und Malu Dreyer in der Coronakrise ebenso wenig überzeugt wie ihre 14 Co-MinisterpräsidentInnen. Sie alle schmiedeten ihre Haltung willkürlich beziehungsweise unabhängig vom Pandemieverlauf und haben dadurch den Schaden unendlich vergrößert: Die dritte Welle lässt grüßen.
Doch gehen die WählerInnen offenbar davon aus, dass andere es auch nicht besser gemacht hätten, und darin steckt immerhin auch eine gute Nachricht: Das Abschneiden der AfD zeigt, dass ihr jenseits einer sich mutmaßlich verfestigenden Kernwählerschaft nicht viel zugetraut wird – schon gar kein Pandemiemanagement.
Dass die AfD einst gegründet wurde, um die EU zu kritisieren – wozu es in der Coronakrise genug Anlass gegeben hat, wie die EU-Kommissionsspitze just auch zugab –, das haben neben den WählerInnen wohl auch die meisten AfD-Kader vergessen. Die teils rechtsextremen, teils nur wirren CoronaleugnerInnen, die auch am Wochenende in einigen Innenstädten ihren Totentanz aufführten, repräsentieren vor allem ihre eigene Unfähigkeit zur Empathie, aber kaum Wählerwillen.
Gemessen am Ausmaß der Korruptionsaffäre in der Union fallen die Verluste der CDU in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sogar noch gering aus. Doch eine plausible Zurechnung wird hier schwer: Dank Corona haben derart viele Menschen schon früh per Brief gewählt, dass am Wahlabend kaum kalkulierbar war, wie viele WählerInnen die zuletzt aufgeflogenen Pandemiegewinnler und anderen HandaufhalterInnen vertrieben haben.
Fachleute sagen außerdem, in einem Bundestagswahljahr seien die Leute weniger geneigt, die LandtagswahlkandidatInnen für Bundespolitik zu bestrafen. Der Unterschied zwischen den Verlusten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist jedenfalls ein starker Hinweis darauf, dass die KandidatInnen auch eine Rolle spielten.
Für den neu gewählten CDU-Chef Armin Laschet ist das bescheidene Abschneiden seiner Partei in jedem Fall ein Tritt gegens Schienbein. Er ist selbst ohnehin niemand, dem man als Allererstes Korruptionsbekämpfung zutrauen würde. Und nachdem nun schon so lange so viel davon gesprochen wurde, dass alle Zeichen im Bund auf Schwarz-Grün stünden und Baden-Württemberg hierfür das Signal gebe – nach alldem sieht es plötzlich so aus, als könnte sich der ganze Südwesten in der gleichen Kombination wie Rheinland-Pfalz seit 2016 einfärben: Rot-Grün-Gelb, eine Ampel.
Sichtbar bis Berlin.
Empfohlener externer Inhalt
Empfohlener externer Inhalt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Vorschläge für bessere Schulen
Mehr Führerschein wagen