piwik no script img

Landtagswahl in ThüringenCDU marginalisiert Frauen

Der Frauenanteil im Landesparlament schrumpft auch dieses Jahr. „Rekordhalter“ ist die CDU: Dort sind von den 21 Abgeordneten nur zwei weiblich.

Weniger Frauen und mehr Rechte im Landtag: Wahllokal in Erfurt Foto: Martin Schutt/dpa

Berlin taz | Knapp 65 Prozent aller Wahlberechtigten in Thüringen haben bei der Landtagswahl ihre Stimme abgegeben. Die Wahlbeteiligung ist damit im Vergleich zur letzten Wahl um etwa 12 Prozentpunkte gestiegen und lag so hoch wie seit 25 Jahren nicht mehr. Insbesondere Links-Partei und AfD haben laut einer Wahl-Analyse von infratest dimap davon profitiert, dass rund 242.000 bisherige Nichtwähler wieder zur Stimmabgabe mobilisiert wurden.

Die Links-Partei von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat mit 343.000 Stimmen die Wahl gewonnen – etwa 53.000 Stimmen davon stammen aus dem Ex-Nichtwähler-Lager. Auch im Lager der beiden GroKo-Parteien hat die Links-Partei Stimmen gewonnen, bei der CDU 23.000, bei der SPD etwa 20.000. Etwa 9.000 Stimmen hat die Links-Partei ihrem Koalitionspartner von den Grünen abgejagt. Außerdem haben sich etwa 10.000 Erstwähler für die Links-Partei entschieden.

Die meisten Stimmen aus dem Ex-Nichtwähler-Lager hat jedoch die AfD erhalten: Rund 78.000 haben der Partei ihre Stimme gegeben. Außerdem hat die AfD viele Stimmen der CDU (36.000), der Links-Partei (16.000) und der SPD (7.000) abgenommen.

Der Frauenanteil fällt unter 30 Prozent

Etwa ein Drittel der Abgeordneten des neu gewählten thüringischen Landtags werden Frauen sein. Der Frauenanteil im Parlament sinkt damit im Vergleich zur letzten Wahl – 2014 lag der Frauenanteil noch bei 41 Prozent. Nach derzeitigem Endergebnis kommen 29 Frauen in den Landtag, der im Gesamten aus 90 Abgeordneten bestehen soll. Auch bei den diesjährigen Wahlen in Brandenburg und Sachsen war der Frauenanteil in den jeweiligen Parlamenten zurückgegangen.

Die meisten Politikerinnen im neuen Landtag in Thüringen werden aus der Links-Partei kommen, die Fraktion wird fast auf den Punkt paritätisch besetzt sein: 14 der 29 künftigen Abgeordneten sind Frauen, vier davon haben die Wähler direkt gewählt. In der Fraktion der SPD werden Frauen und Männer tatsächlich gleich viel Mandate haben, die Partei schickt jeweils vier Frauen und Männer in den Landtag, alle vier Frauen bekommen den Platz über die Liste.

Grafik: infotext-berlin.de

Die AfD sendet auch vier Frauen in den thüringischen Landtag. Bei den Grünen werden die Frauen sogar die Mehrheit der Fraktion bilden: Drei der fünf gewählten VertreterInnen sind Frauen. Schlusslicht bilden die CDU und die FDP: Beide Parteien werden jeweils nur mit zwei Frauen im Landtag vertreten sein.

Schon bei den Landtagswahlen in diesem Jahr in Sachsen und Brandenburg war auffällig, wie viele junge Menschen aus Deutschland sich für die AfD entschieden hatten. Bei der Wahl in Thüringen hat sich dieser Trend fortgesetzt und sogar ausgeweitet: Laut der Forschungsgruppe Wahlen hat die AfD bei allen Wählergruppen unter 60 Jahren die meisten Stimmen bekommen. Etwa 24 Prozent der Unter-30-Jährigen haben sich für die Partei entschieden.

In der Gruppe von den 30- bis 44-Jährigen kommt die AfD den Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen zufolge sogar auf 28 Prozent der Stimmen, weit vor Linkspartei und CDU mit jeweils 22 Prozent, weit vor den Grünen mit 7 Prozent in dieser Wählergruppe. Im Segment der 45- bis 59-Jährigen liegt die AfD auch bei 28 Prozent, die Linkspartei folgt mit 27 Prozent der Stimmen knapp dahinter.

Es scheint, als hätten die Über-60-Jährigen Bodo Ramelow den Wahlsieg gerettet. Rund 40 Prozent dieser Wählergruppe haben die Linkspartei gewählt. Die AfD kommt bei diesen Wählern auf etwa 17 Prozent. Am wenigsten Anklang in dieser Gruppe haben die Grünen gefunden, nur 3 Prozent der ThüringerInnen in diesem Alter haben die Partei gewählt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "CDU marginalisiert Frauen"

    Könnte es sein, daß die Frauen sich selbst marginalisieren, indem sie der CDU unterproportional beitreten, vielleicht sogar mit guten bzw. nachvollziehbaren Gründen?

    Wie ist denn die Männer-/Frauen-Quote in der Mitgliedschaft der Partei?

    Seriöse Berichterstattung sollte diese Quote immer mitangeben.

    Festzuhalten bleibt auch, daß 'alte, weiße Männer' und Frauen links gewählt haben...

  • Mir gefällt sehr gut, dass die AfD in der Grafik braun eingefärbt wurde!

  • Bei den U25 haben 100% mehr Männer AfD gewählt als Frauen, selbst die CDU wird da mehr von Frauen als von Männern gewählt. Übrigens eine wahre Fundgrube, diese Übersicht vom MDR: www.google.com/amp...polls-100~amp.html

  • Wenn ich richtig gezählt habe, standen 12 CDU-Frauen als Wahlkreiskandidatinnen zur Wahl. Die Wählerinnen hatten es also selbst in der Hand, den Frauenanteil der CDU-Fraktion auf über 50% zu bringen.

    • @Winnetaz:

      Indem die Wählerinnen in dem Wahlkreis wählen gehen, in dem die Frauen Wahlkreiskandidatinnen waren? Oder wie stellen Sie sich das in ihrem Argument vor?

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Weshalb sollten Frauen sich ausgerechnet in der CDU (CSU, FDP) engagieren?

  • Ohne die FDP für irgendetwas loben zu wollen, ist ihr Frauenanteil mit zwei Fünfteln doch recht ausgeglichen. Es geht ja um Anteile und nicht um absolute Zahlen. Wie ich das Diagramm lese, haben lediglich die CDU und die AfD, also die klar rechten Parteien in Thüringen ein Problem mit dem Anteil zur Wahl aufgestellter Frauen und bei diesen Parteien ist es mir auch wirklich schnurz, ob das A... nun männlich oder weiblich ist.

    • @Hampelstielz:

      Das ist richtig: der Durschschnittliche Frauenanteil beträgt 32%, der Frauenanteil der FDP-Fraktion 40%.

  • Man kann die Frauen ja auch schlecht zwingen...

  • Nun ja, da der Frauenanteil in der Bevölkerung höher ist, und Frauen anscheinend Männer wählen , frage ich mich wo das Problem ist.

    Viel wichtiger finde ich das Titelbild: Hunde in der Wahlkabine. Dafür bin ich schon mal bei einer Wahl rausgeflogen. Ein Hausmeister (männlich) der sich wichtig machen wollte.