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Landtagswahl in Schleswig-HolsteinPragmatismus ohne Rampensäue

Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am Sonntag liegt die CDU in den Umfragen deutlich vorn. Das bisherige Kieler Jamaika-Modell wackelt.

Hoffen auf Schwarz-Grün? Wahlkampfendspurt mit Aminata Toure, Lasse Petersdotter und Ricarda Lang Foto: Petra Nowack/imago-images

Kiel taz | Beim Fernsehtriell schlug sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf die Seite seiner grünen Finanzministerin. Die will nämlich bei der Wahl am Sonntag selbst an die Regierungsspitze und griff den jetzigen Partner in der Jamaika-Koalition scharf an. Aber Günther war im Kuschelmodus: „Monika Heinold und ich – Monika Heinold hat schon gesagt ….„ Gegen so viel Einigkeit sah SPD-Herausforderer Thomas Losse-Müller noch blasser aus als sonst.

Der Schlagabtausch vor den Kameras könnte ein Vorgeschmack auf die Koalitionsgespräche nach dem Wahlsonntag sein. Wenn die Umfragen stimmen, wird die CDU mit 36 oder sogar 38 Prozent klar gewinnen, gefolgt von der SPD mit rund 20 Prozent. Die Grünen, die im Mai 2021 in den Umfragen die CDU überholt hatten und sich bis vor Kurzem Hoffnung auf Platz zwei machen konnten, kämen nur noch auf rund 16 Prozent. Es folgen die FDP mit 9 und die AfD, die bei 6 Prozent steht.

Überraschend hoch ist die Zustimmung für den Südschleswigschen Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen und friesischen Minderheiten. Sie zieht auf jeden Fall ins Parlament ein, da sie von der 5-Prozent-Klausel befreit ist. 2017 kam sie auf rund 3 Prozent, diesmal sind möglicherweise 5 drin – vielleicht, weil die Partei seit dem Herbst mit Stefan Seidler im Bundestag vertreten ist.

Kommt es so oder ähnlich, wäre eine Fortsetzung der Jamaika-Regierung in Kiel rechnerisch locker möglich. Und auch der Mehrzahl der Schleswig-Holsteiner*innen würde das gefallen.Tatsächlich hat Jamaika vieles richtig gemacht und obendrein Glück gehabt. So kam das Land vergleichsweise gut durch die Coronazeit. Allerdings war dies nicht unbedingt das Verdienst der Regierung, sondern eher der Mentalität: Zur DNA der Nordlichter gehört schließlich weder Schunkeln auf engen Bierbänken noch gemeinsames Verkleiden.

Trotz Blockaden Zustimmung aus der Bevölkerung

Ein regionaler Coronawitz lautet, man freue sich über das Ende der 1,5-Meter-Abstands-Regel, endlich müsse man sich nicht mehr so dicht auf die Pelle rücken. Dennoch sorgten die niedrigen Inzidenzwerte für Zufriedenheit mit Jamaika. Dass das Bündnis sich in vielen Bereichen gegenseitig blockiert und Zeit verschwendet hat, wie die SPD es besonders bei der Energiewende kritisiert, sieht die Bevölkerung offenbar gelassen.

Nicht einmal um die Bildung, sonst ein landespolitisches Kernthema, gibt es Streit: Alle Seiten haben nach hart umkämpften Reformen einen Schulfrieden geschlossen. Einzig der Spitzenkandidat der Linken, Johann Knigge-Blietschau, wollte „Eine Schule für alle“ zum Thema machen, dringt aber angesichts des Ukrainekriegs nicht durch. Innerhalb der Regierung war die Stimmung während der fünf Jahre überraschend gut.

Der „Geist von Jamaika“, den die drei Parteien zu Anfang beschworen hatten, erwies sich als ein freundliches Gespenst – sicher auch, weil in allen drei Parteien ebenso pragmatische wie umgängliche Personen an der Spitze stehen. Vermutlich hat es dem Binnenverhältnis gutgetan, dass durch den Weggang von Robert Habeck (Grüne) und Wolfgang Kubicki (FDP) nach Berlin zwei Alphamännchen im Kieler Landeshaus fehlen.

Die Mitglieder in Daniel Günthers Kabinett, darunter die Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und der FDP-Landesparteichef Heiner Garg als Gesundheitsminister, machen fachlich gute Arbeit, sind aber keine politischen Rampensäue, die zwischen Volksfest und Talkshow pendeln.

Juniorpartner wollen kein „drittes Rad am Wagen sein“

Für die Sichtbarkeit sollen bei den kleineren Parteien andere sorgen: Bei den Grünen die Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré als Nummer zwei der Landesliste. Bei der FDP Wirtschaftsminister und Spitzenkandidat Bernd Buchholz, der zwar im Akkord Gewerbegebiete eröffnet und Straßen baut, aber nicht an den Beliebtheitswert Kubickis herankommt. So scheint die CDU die meisten Stimmen der Jamaika-Fans einzusammeln, auch wenn „es auf dem Wahlzettel kein Kreuz für Jamaika gibt“, wie Heinold warnt.

Offiziell will Günther weiter mit Grün und Gelb regieren, selbst wenn es zu einem Zweierbündnis reichen würde. Doch beide Parteien machen klar, dass sie nicht „drittes Rad am Wagen“ sein wollen. Eine schwarz-gelbe Regierung gab es zuletzt von 2009 bis 2012, sie machte sich durch einen harten Sparkurs unbeliebt.

Die Alternative wäre Schwarz-Grün – die Koalition, die die dringend anstehende Energiewende endlich voranbringen könnte.

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4 Kommentare

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  • Naja, die Wahl ist doch bereits gelaufen.

    Spannend finde ich, was sich z. Zeit auf den Philippinen abspielt.



    "Zieht wieder ein Marcos in den philippinischen Präsidentenpalast ein?"



    www.nzz.ch/interna...deja-vu-ld.1682777

    "Das Land steht vor einer richtungsweisenden Wahl."



    Eigentlich nicht, denn die Präsidenten kamen alle aus dem gleichen Stall der Upper class. Auch Corazon Aquino und ihre Nachfolger.



    Das Volk hätte wirklich was Besseres verdient. Das Volk ist aber dumm oder unfähig zu handeln, weil Aufstand sofort niedergeknüppelt wird.



    Marcos ist halt auch ein Name, mit dem sich die ehemaligen Nutznießer und einflußreiche, reiche Menschen auf den Philippinen identifizieren.



    Ich habe es damals selbst erlebt, wie Briefkästen aufgestellt wurden. Dort warf man Zettel mit Namen ein. Die Denunziertenliste bedeutete vielfach den Tod. Beweise erstmal unnötig.



    Der Mörder Duterte war ja kein Deut besser, eher das Gegenteil. Auch so ein Wahnsinniger!

    Einen demokratischen Staat mit dem neuen Marcos erwarte ich nicht, eher "business as usual". Hoffentlich liege ich falsch!

  • Jamaica war für die Grünen von Anfang an ein Rohrkrepierer. Der wundersam freundliche 'Empfang' eines naiven (er lernt heute immer noch Neues, ohne zu verstehen, in was für einer schon ziemlich kaputten Welt er lebt) Herrn Habeck hat fast alle politischen Differenzen dahinschmelzen lassen. Dabei ist und war diese Form der Zettelwirtschaft, die so viele für eine aufgeklärte Gesellschaft kaum tragbare Parteifürsten nach oben getragen hat selbst für die vorher immer PROFITierenden Geschäftemacher kein Überlebensmodell mehr. Erinnern wir uns doch an einen Niedergang einer CDU nach Barschel (im HIntergrund immer noch die gleiche Sosse hinter Grinsemann Günther) oder den Heidemörder durch Funktionäre, die uns die Welt erklären wollten und von denen es Nachahmer auch bei den Gerünen gibt, die die Ansagen zu einem Beruf machen wollten, ohne die kaum gefragten Wähler*innen, die ja gelernt haben, keine allzu großen Erwartungen haben zu dürfen, mitzunehmen oder zu kennen, was den Rechten im Krisenfall ihr Krawallgeschäft dramatisch erleichtert. Gerade, wo Werktätige und ihre Rechte vor Allem von einer SPD spätestens mit Schröder verraten wurden. Grüne, die sich in dieser Situationen an die Gepflogenheiten anpassen konnten, fühlten sich von den Altparteien gebauchpinselt und verstanden, dabei wurden sie eigentlich gewählt, weil eine Umweltbewegung erwartet hatte, dass ihre Anliegen endlich einmal parlamentarischen Nachhall finden und das nicht in schrägen Jamaica-Koalitionen oder Postengemauschel, das Habeck nach oben gebracht hat samt einer Aufsteigerin, die Europa erzählen will, wo es lang zu gehen hat und dabei vor allem den Einfluß der Globalisten, die großzügigerweise immer noch gelegentlich Jobs versprechen, bewahren will. Es sind die immer größer (und damit anfälliger) werdenden Unternehmen, die Klima und Umwelt vergiften und mit obskuren Regimen auch Geschäfte machen.

  • Die SPD hat's verdient.



    Die Grünen hätten's auch verdient.

    Aber was wählt man dann ?

    Die Großen haben ja alle Kleinen weggebissen.

    Vielleicht würde ja eine Personenwahl helfen - dann müsste man nicht immer die faulen Früchte in der Kiste Obst "mitkaufen"

    • @Bolzkopf:

      Na wenn ich die konservative große schwarz, grün, gelbe Koalition nicht mehr als Landesregierung haben möchte, bleibt wohl (da sich die Linke momentan im Zerfallsprozess befindet) nur das kleinere Übel SPD oder SSW zu wählen.