Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Viele Premieren an der Förde
Die Kieler Regierung ist vereidigt. Es gibt eine Ministerin mit afrikanischen Wurzeln, auch ein Däne sitzt im Kabinett.
Kiel taz | Dass sie sich einen Posten in der neuen Landesregierung von Schleswig-Holstein zutraut, daran hatte Aminata Touré in den vergangenen Monaten keinen Zweifel gelassen. Am Mittwoch wurde die Grünen-Politikerin in Kiel nun als Sozialministerin vereidigt. Die 29-Jährige, die in Schleswig-Holstein geboren wurde, ist das erste Mitglied eines Landeskabinetts mit afrikanischen Wurzeln. Ihre Berufung ist allerdings nicht die einzige Premiere, mit der die schwarz-grüne Regierung unter Daniel Günther (CDU) aufwartet. Claus Ruhe Madsen ist der erste Däne in einem solchen Amt. Und eine dritte Besonderheit: Am Kabinettstisch werden auch Mitglieder einer Familie sitzen.
„Es werden herausfordernde Zeiten, aber ich freue mich auf die Zusammenarbeit im neuen Team“, sagte Daniel Günther nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten, für die er alle Stimmen der beiden Regierungsfraktionen erhielt. CDU und Grüne besetzen 48 von 69 Sitzen im Kieler Parlament. Zuvor hatten beide Parteien in einer Jamaika-Koalition mit der FDP regiert, die aber bei der Wahl Anfang Mai deutlich verloren hatte. In seiner zweiten Amtszeit vergrößert Günther seine Regierung von sieben auf acht Ministerien.
An der Aufstockung, die mehr Stellen und damit höhere Kosten mit sich bringt, gab es Kritik der Opposition. Günther erklärte die Entscheidung mit den großen Aufgaben der Koalition, die Schleswig-Holstein bis 2040 zum „klimaneutralen Industrieland“ umbauen will. Touré, die Jüngste in der Runde, erhält das neu zugeschnittene Sozialministerium, das nicht nur für Familie und Senioren, sondern auch für Integration und Gleichstellung zuständig sein wird. Damit sind viele der Themen vereinigt, um die sich Touré bisher als Landtagsabgeordnete kümmerte.
Seit 2017 gehört die studierte Politikwissenschaftlerin dem Landtag an und leitete als Vizepräsidentin zahlreiche Sitzungen. Tourés Eltern sind aus Mali geflüchtet, sie selbst lebte die ersten fünf Jahre in einer Geflüchtetenunterkunft in Neumünster. Erste Parlamentserfahrungen hatte sie in Berlin als Mitarbeiterin für die Abgeordneten Luise Amtsberg gesammelt. Im vergangenen Sommer hatte sie der Finanzministerin Monika Heinold vorgeschlagen, in einer Doppelspitze in die Wahl zu gehen – die Grünen punkteten mit Frauenpower und erreichten 18 Prozent der Stimmen.
CDU holt einen Dänen ins Kabinett
Als Wirtschaftsminister bestellte die CDU den parteilosen Claus Ruhe Madsen. Der Däne war bisher Oberbürgermeister von Rostock – und musste in dieser Funktion verkünden, dass die für 2025 dort geplante Bundesgartenschau nicht stattfinden wird. „Es überrascht mich schon, dass das Vermasseln einer Gartenschau für die Übernahme unseres Wirtschafts- und Verkehrsministeriums qualifizieren soll“, hämte der Chef der FDP-Landtagsfraktion in Kiel, Christopher Vogt.
Madsen stammt aus Kopenhagen, war in Deutschland in einem Möbelhaus tätig und machte sich 1996 mit einem eigenen Betrieb selbständig, bevor er 2019 zum Bürgermeister gewählt wurde. Dass er einen ausländischen Pass hat, ist laut Landesverfassung kein Grund gegen ein Ministeramt. Er kann Gesetze einbringen, darf allerdings selbst nicht darüber abstimmen, da er kein Abgeordneter ist. Dass die CDU einen Dänen ins Kabinett holt, dürfte bei der Partei der dänischen Minderheit, SSW, zu Stirnrunzeln geführt haben.
2012, als SPD und Grüne mit dem SSW regieren wollten, startete die CDU eine Schmutzkampagne gegen die „Dänenampel“ – der Landesgeschäftsführer der Christdemokraten hieß damals Daniel Günther. Neu im Kabinett ist auch Werner Schwarz (CDU). Er wird für das neue Landwirtschaftsministerium zuständig sein. Schwarz kann sich auf ein Familientreffen freuen: Die Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack, ebenfalls CDU, ist seine Cousine.
Leser*innenkommentare
The Real Witzbold
„Es überrascht mich schon, dass das Vermasseln einer Gartenschau für die Übernahme unseres Wirtschafts- und Verkehrsministeriums qualifizieren soll“ (laut Artikel Zitat von Christopher Vogt, Chef der FDP-Landtagsfraktion in Kiel)
Dieser extrem geistreiche Spruch aus dem Mund eines Mitglieds genau der Partei, die seit Jahren den gleichfalls extrem geistreichen Pleitenkönig Christian 'Kevin' Lindner als Parteivorsitzenden und Aushängeschild ihrer Kompetenz nutzt, ist in ihrer großmäuligen "von-hinten-durch-die Brust-ins-Auge"-Attitüde wohl kaum zu toppen!
tomás zerolo
@GRENZGÄNGER
:-)
Die FDPler*inen (hoffentlich nehmen mir die das Gendern nicht übel) scheinen's ihrem Chef nachzumachen: der kann nix, der tut nur so.
Grenzgänger
> „Es überrascht mich schon, dass das Vermasseln einer Gartenschau für die Übernahme unseres Wirtschafts- und Verkehrsministeriums qualifizieren soll“, hämte der Chef der FDP-Landtagsfraktion in Kiel, Christopher Vogt.
Mich hingegen überrascht, dass das Verteilen von Kraftstoff-Subventionen mit der Giesskanne über 3 Monate dem Bundesfinanzminister eine bessere Reputation verschaffen soll, wo doch der Markt eigentlich all sowas regelt.
Syltfreund
Grüne Schwarze und schwarze Grüne,Schleswig-Holstein zeigt ,wie es geht.