Landtagswahl in Salzburg: Trend nach rechts setzt sich fort
Am Sonntag hat Salzburg gewählt. Die regierende ÖVP erlitt die erwartete Niederlage, die rechte FPÖ erreichte ihr bisher bestes Ergebnis im Land.
Die bisherige „Dirndl-Koalition“ – ÖVP/Grüne/Neos – ist in jedem Fall Geschichte. Während die Grünen bei leichten Stimmenverlusten (8,2 statt 9,3 Prozent) ihre drei Mandate halten konnten, verloren die liberalen Neos fast die Hälfte ihrer Stimmen von 2018 und scheiterten an der Fünfprozenthürde. Die eigentliche Sensation lieferten die Kommunisten. Angeführt vom 34-jährigen Kay-Michael Dankl, erreichte die KPÖplus 11,7 Prozent und wurde zur viertstärksten Partei. Vor fünf Jahren hatte sie mit 0,4 Prozent noch jenseits der Wahrnehmungsgrenze gelegen.
Der unerwartete Erfolg des ehemaligen Grünen liegt in seiner politischen Glaubwürdigkeit. Wie die Kollegen in Graz setzte Dankl auf die Themen Kinderarmut und Wohnen. Salzburg ist die teuerste Landeshauptstadt, wo eine 70-Quadratmeter-Wohnung schon 1.300 Euro Miete kosten kann. Dankl nützte sein Büro als Stadtrat zur Beratung von Menschen in sozialer Not und spendet einen Teil seines Politikergehalts für einen Sozialfonds, aus dem punktuelle Notlagen unbürokratisch gelindert werden. Mit dem Einzug in den Landtag hatte man gerechnet, ein zweistelliges Ergebnis hätten aber die größten Optimisten nicht erhofft. In der Stadt Salzburg liegt die KPÖplus gar an zweiter Stelle, nur knapp hinter der ÖVP. Der studierte Historiker Dankl, der bei der Grünen Jugend politisch sozialisiert wurde, ist unbelastet von stalinistischer Vergangenheit oder Sympathien für Russlands aggressive Expansionspolitik.
Die ÖVP-Stimmen „wandern“ in die FPÖ
Mathematisch betrachtet korrelieren die Verluste der ÖVP fast 1:1 mit den Zugewinnen der FPÖ. Die KPÖplus holte die Hälfte ihrer 30.000 Stimmen zu gleichen Teilen von SPÖ und Grünen, konnte aber auch Nichtwähler an die Urnen locken und selbst von FPÖ und ÖVP Wähler abziehen. Der Trend, dass die Unzufriedenheit mit Teuerung, Inflation und Coronamaßnahmen den Populisten die Wähler zutreibt, hat sich fortgesetzt. Regierungsparteien können heute nicht auf einen Amtsbonus hoffen. Wilfried Haslauer sprach von einem „generellen Trend der Verunsicherung“, von dem Parteien profitierten, die „einfache Lösungen anbieten.“
Die 30-jährige Hobby-Jägerin Marlene Svazek tritt weniger aggressiv auf als FPÖ-Chef Herbert Kickl, steht inhaltlich aber nicht weniger weit rechts. Sie profitiert von der Geschlossenheit der Partei, während die SPÖ seit Monaten an einer Führungsdebatte laboriert. Ab Montag können die Parteimitglieder in einer Befragung entscheiden, ob Pamela Rendi-Wagner bleiben oder durch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil oder den linken Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler ersetzt werden soll.
Koalition mit der FPÖ – ja oder nein?
Landeshauptmann Haslauer steht jetzt vor einer Grundsatzentscheidung. Gibt er dem Drängen von Marlene Svazek nach und holt die FPÖ in die Regierung? Vorbilder gibt es in Oberösterreich, wo Schwarz-Blau schon die zweite Periode regiert, und seit einigen Wochen in Niederösterreich. Oder riskiert er mit der SPÖ eine nur mit einem Mandat abgesicherte Koalition der Mitte. Aus seinen Vorbehalten gegen die rechte Krawallpartei macht er kein Geheimnis. In ersten Stellungnahmen hat er angedeutet, dass auch ein Dreier mit SPÖ und Grünen infrage käme. Auch wenn das Marlene Svazek, für die jede Variante, an der sie nicht beteiligt ist, eine „Koalition der Verlierer“ wäre, Munition liefern würde. Der Einzige, der nicht in die Regierung drängt, ist Kay-Michael Dankl. Er will von der Oppositionsbank aus Druck machen, dass man sich in Salzburg Wohnen wieder leisten kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Frauenfeindlichkeit
Vor dem Familiengericht sind nicht alle gleich