Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Regierungsauftrag für Malu Dreyer
Mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer wird die SPD wie erwartet stärkste Partei in Rheinland-Pfalz. Auch die Ampelpartner können sich behaupten.
CDU-Herausforderer Christian Baldauf landete abgeschlagen auf Platz zwei, mit einem historisch schlechten Ergebnis im einstigen Stammland seiner Partei. Ihm ist es trotz einer monatelangen „SPD-Abschiedstour“ durchs Land nicht gelungen, eine Wechselstimmung zu erzeugen. Die Wählerinnen votierten für die ihnen Vertraute.
„Malu“ hat diese Wahl entschieden. In den Sympathie- und Bekanntheitswerten uneinholbar vor ihrem Herausforderer, surfte sie Abend für Abend in ihrem digitalen Wohnzimmer, stellte SPD-KandidatInnen vor und sammelte Punkte.
Das Coronakrisenmanagement ihrer Ampelkoalition aus SPD,FDP und Grünen war nicht fehlerfrei, aber offenbar mehrheitsfähig. „Malus“ Landes-SPD erzielte den Hochrechnungen zufolge deutlich über 30 Prozent und damit einen doppelt so hohen Stimmenanteil, wie ihre Partei bei einer Bundestagswahl hätte erwarten dürfen.
Auch Grüne und FDP sind happy
Zu den Gewinnern des Abends zählten auch die Partner in der Regierung, die Grünen und die FDP. Vor fünf Jahren beinahe an der 5-Prozent-Hürde gescheitert, konnten die Grünen ihr Ergebnis deutlich verbessern.
Der Spitzenkandidatin, Umweltministerin Anne Spiegel, gelang es mit einer Kampagne, für eine entschiedene Klimapolitik zu punkten. Und das trotz Fehlstart – zu Jahresbeginn musste Umweltpolitikerin Ulrike Höfken von ihrem MinisterInnenamt zurücktreten, weil das oberste Verwaltungsgericht ihr eine rechtswidrige Beförderungspraxis bescheinigt hatte.
Unter ähnlich schwierigen Bedingungen war auch die Spitzenkandidatin der FDP, Daniela Schmitt, gestartet. Erst Ende 2020 hob die FDP die Wirtschaftsstaatssekretärin formal auf den Schild. Sie musste kurzfristig die Lücke füllen, die der Wechsel ihres Chefs, Wirtschaftsminister Volker Wissing gerissen hatte, der als FDP-Generalsekretär nach Berlin wechselte.
Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass Dreyer, Spiegel und Schmitt die Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz fortsetzen. In gemeinsamen Auftritten hatten alle drei Spitzenfrauen die Ampel zuletzt auch für Berlin empfohlen. Und auch Dreyer bekräftigte noch am Wahlabend: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir uns gemeinsam wieder verständigen werden.“
Desaster für Baldauf – und Julia Klöckner
Mit einer überzeugenden SpitzenkandidatIn, mit einem Regierungsprogramm, in dem sich alle drei PartnerInnen wiederfinden können und trotzdem Fortschrittssignale im Klimaschutz, beim Ausbau der Infrastruktur, in der Sozial- und Schulpolitik kann die SPD doch noch Wahlen gewinnen, das ist die Botschaft der rheinland-pfälzischen GenossInnen nach Berlin.
Für CDU-Spitzenkandidat Christian Baldauf und seine Landesvorsitzende, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, endete der Tag in einem neuerlichen Desaster. Ihm fehlten nicht nur mögliche RegierungspartnerInnen, sondern auch ein Ergebnis, das einen Regierungsauftrag hätte begründen können.
Und die erstarkten Freien Wähler mit ihrem Spitzenmann, Eifel-Landrat Joachim Streit, haben wohl erstmals den Einzug in den Landtag geschafft. Neben der leicht geschrumpften AfD könnte so noch eine weitere Fraktion der CDU die Oppositionsrolle streitig machen.
Nicht nur der Wahlkampf, auch der Wahlabend war geprägt von Corona. Staatskanzlei, Abgeordnetenhaus und das Landesmuseum, das wegen des Umbaus vorübergehend als Plenargebäude genutzt, waren nur eingeschränkt und mit Coronaschnelltest zugänglich. JournalistInnen und PolitikerInnen bewegten sich nur Hunderte Meter voneinander entfernt und doch in getrennten Welten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein