Landtagswahl in Baden-Württemberg: Kretschmann zum Dritten
Erneut gewinnen die Grünen die Wahl in Baden-Württemberg. Diesmal haben sie mehrere Koalitionsmöglichkeiten.
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Nicht hier, sondern auf Facebook meldet sich Wahlgewinner Winfried Kretschmann nach den ersten Prognosen zuerst zu Wort. „Grün und Baden-Württemberg passen gut zusammen“, sagt er in einer Videobotschaft. Und an diejenigen, die nicht Grün gewählt haben: „Ich werde an das Ganze denken“.
Es ist der dritte und höchste Wahlsieg, den Kretschmann in Baden-Württemberg einfährt. Die Grünen können ihr Ergebnis den Hochrechnungen zufolge auf rund 32 Prozent verbessern und liegen deutlich vor der Union, die unter 25 Prozent gefallen ist – für die CDU eine historische Niederlage.
Diese Niederlage hatte sich in den letzten Wochen bereits abgezeichnet. Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann setzte sich mit ihrer Forderung nach frühzeitigen Schulöffnungen heftiger Kritik aus. An die Beliebtheitswerte von Kretschmann konnte sie ohnehin nicht anknüpfen. Die Maskenaffäre der Union betraf zudem besonders ihren Landesverband.
Die Schuldzuweisungen haben schon begonnen
Sogar ihr Landtagsmandat könnte Eisenmann verlieren, bei der Auszählung in ihrem Wahlkreis sieht es am Abend für die Spitzenkandidatin nicht gut aus. Eisenmann selbst spricht von einem „desaströsen Ergebnis“ ihrer Partei und erklärt, dass sie keine Verantwortung bei Sondierungsgesprächen übernehmen wolle. Sie weist aber darauf hin, dass ihre Partei seit Jahren im Sinkflug sei. Noch vor den Sondierungen haben in der CDU die Schuldzuweisungen begonnen.
Nach dem Stand am Abend kann sich Kretschmann seinen Koalitionspartner nun aussuchen. Und so dürfte die Regierungsbildung spannender werden als zuletzt der Wahlkampf, indem sich der Sieg der Grünen früh abzeichnete und es sich keiner mit ihnen verderben wollte.
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Denn alle Parteien, außer der AfD, die knapp über 10 Prozent steht und damit ein Drittel ihrer Stimmen verloren hat, haben reale Chancen auf eine Regierungsbeteiligung. Sogar die Liberalen (ebenfalls rund 10 Prozent) wollen diesmal dabei sein.
Schon frühzeitig gab es zwischen dem FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und Kretschmann, die sich früher im Landtag arg beharkten, Entspannungsgespräche. Er werde seiner Partei empfehlen, Sondierungsgespräche „ergebnisoffen zu führen“, sagt Rülke am Sonntagabend. Zusammen mit den Sozialdemokraten (rund 11 Prozent) könnte Kretschmann also eine umgekehrte Ampel bilden – wenn es nicht nach Auszählung aller Stimmen sogar noch zu Grün-Rot reicht.
Eine einmalige Chance
Er werde mit allen demokratischen Parteien reden, sagt der Ministerpräsident am Abend. Schon Mitte der Woche sollen Sondierungen beginnen. Wie sich die Grünen am Ende entscheiden, ist aber offen. Einerseits hatte der Ministerpräsident im Wahlkampf die Stabilität einer lagerübergreifenden Koalition in Krisenzeiten gelobt, andererseits hatte die Landesvorsitzende Sandra Detzer die Union im Wahlkampf als „klimapolitischen Klotz am Bein“ bezeichnet.
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Kretschmann betonte vor der Wahl gegenüber der taz, man dürfe nicht einfach die Parteiprogramme übereinanderlegen. Unter den Koalitionspartnern müsse stattdessen eine Dynamik entstehen. Dynamik, wenn vielleicht auch nicht immer konstruktive, verspricht ein Bündnis mit SPD und Liberalen eher als eins mit einer zerlegten CDU.
Bei vielen Grünen dürfte die Sehnsucht nach mehr Grün in der Regierung groß sein. Und auch der Ministerpräsident will seine letzte Amtszeit erklärtermaßen dafür nutzen, eine wirksame Klimapolitik zu etablieren. Mit diesem Wahlergebnis bietet sich für Kretschmann und die Grünen eine einmalige Chance zum ökosozialen Umbau des Landes, dem sich potenzielle Koalitionspartner nicht entziehen können.
Schon im Wahlkampf hatten alle Parteien das Klimaziel von Paris hochgehalten. Und in einer neuen grün-schwarzen Koalition würde es sich die CDU nicht mehr leisten können, etwa eine Solarpflicht für alle Häuser zu verhindern.
Der Wahlerfolg ist auch der ganz persönliche Erfolg von Winfried Kretschmann, der mit seiner Verbindung von Ökologie und Ökonomie und einer Absage an gesellschaftspolitische Experimente nicht nur das Land, sondern auch seine eigene Partei bis nach Berlin verändert hat. „Von Kretschmann lernen heißt siegen lernen“, das ist nach vielen Kappeleien und Kopfschütteln in der Berliner Parteizentrale angekommen.
Für die Grünen in Baden-Württemberg ist das aber auch eine Mahnung. Selbst wenn Kretschmann noch einmal volle fünf Jahre im Amt bleibt, müssen sie jetzt beginnen, die Zeit danach vorzubereiten. Wie schnell gewonnenes Terrain mit schwachen Kandidaten und zu viel Siegesgewissheit wieder verloren ist, zeigen die Bürgermeisterwahlen in Freiburg und Stuttgart: Dort mussten die Grünen zuletzt die Rathäuser räumen.
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