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Landtagswahl im SaarlandDämpfer für AfD

Die saarländische AfD machte immer wieder Schlagzeilen mit rechtsextremen Kontakten. Das ist offensichtlich nicht auf Begeisterung bei Wählern gestoßen.

Rund sechs Prozent sind wenig, aber genug für den Einzug in den Landtag Foto: dpa

Berlin taz | Für die AfD fängt das Superwahljahr 2017 nicht gut an: Nach ersten Hochrechnungen erzielte die rechtspopulistische Partei gerade sechs Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl im Saarland. Damit hat sie nicht nur ihr eigenes Ziel, zweistellig zu werden, klar verfehlt. Sie liegt auch deutlich unter dem, was die Partei bei anderen Landtagswahlen – auch im Westen – im vergangenen Jahr holte. Ein Push in Richtung Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo im Mai die Landesparlamente neu gewählt werden, und für die Bundestagwahl im September ist das nicht.

Ist der Siegeszug der Rechtspopulisten also unterbrochen? Obwohl auch die bundesweiten Umfragen darauf hin deuten, ist es für eine solche Schlussfolgerung noch zu früh. Und sie lässt auch die Situation der saarländischen AfD außen vor. Die aber ist eine ganz besondere Truppe.

Im vergangenen Jahr beschloss der Bundesvorstand, den Landesverband aufzulösen, unterstützt wurde er dabei durch eine Abstimmung des Bundesparteitags. Der Grund: Kontakte zu Rechtsextremisten von Landeschef Josef Dörr und auch von seinem Vize Lutz Hecker. Als der Beschluss vor dem Schiedsgericht der Partei scheiterte, forderten AfD-Chefin Frauke Petry und ihr Co-Vorsitzender Jörg Meuthen den Landesverband auf, nicht bei der Landtagswahl anzutreten.

Die Saarländer AfD beeindruckte das nicht. Der Landesparteitag sprach Landeschef Dörr und seinem Vize Hecker mit großer Mehrheit das Vertrauen aus – und zog in den Wahlkampf. Auch Spitzenkandidat Rudolf Müller sorgte für Negativ-Schlagzeilen. Gegen ihn hatte Staatsanwaltschaft Saarbrücken ermittelt, weil er in seinem Antiquitätengeschäft Hakenkreuzorden verkauft hatte.

Trotzdem traten Parteichef Meuthen und zuletzt auch seine Co-Chefin Petry im saarländischen Wahlkampf auf. „Ich freue mich, hier zu sein. Das kleine Saarland spielt eine wichtige Rolle in diesem Wahljahr. Dafür haben sie Unterstützung verdient!“, sagte Petry im Homburger Saalbau. Rechtsextreme Kontakte? Kein Thema mehr.

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22 Kommentare

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  • Ich habe den schlimmen Verdacht, dass die gefürchtete russische Einmischung in den Wahlkampf mit fake news begonnen hat: http://www.anonymousnews.ru/2017/03/26/kanzlerkandidat-martin-schulz-will-erwerbslose-zum-unbezahlten-arbeitsdienst-zwingen/

    • @anarchotaoist*in:

      Was soll der Unfug? Warum verbreiten Sie (nicht die Russen) offensichtlichen Unsinn?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        ...ru

  • Die AfD ist im Landtag, das ist schlimm, aber für die Partei durchaus als Erfolg zu verbuchen. Außerdem ist die Wahlbeteiligung gestiegen - wäre sie genauso niedrig wie 2012, dann wäre das Ergebnis höher für die AfD ausgefallen. Aber eines muss man doch zur Erkenntnis nehmen: Die AfD ist gegen den Euro und gegen Einwanderung, Flüchtlinge und Ausländer. Mit so einer dünnen Ausgangslage erreicht sie für meine Begriffe erstaunlich viel. Ich könnte zwar darauf wetten, dass die AfD im Landtag nichts schaffen wird, eventuell sich sogar recht bald spaltet oder in internen Konflikten sich abarbeitet, aber die Partei hat FDP und Grüne hinter sich gelassen - Parteien, die schon lange im Saarland existieren und durchaus bekannt sind. Ich befürchte, dass wir die AfD sobald nicht los werden, immerhin ihre dickste Phase hat diese Partei wohl hinter sich gebracht.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Jedenfalls ist sie drin - schlimm genug und die Piraten restlos futsch, auch schlimm.

    Man sollte aber zur Kenntnis nehmen, dass das Saarland anders tickt als der Rest der Republik - siehe linkes Spektrum.

    • @571 (Profil gelöscht):

      "Die Piraten" - wer war das jetzt noch mal!? :)

       

      Spaß, aber jetzt mal im Ernst, denken Sie überhaupt noch an diese Partei. Sie war mal meine große HOffnung. MIttlerweile nur noch eine verblasste Erinnerung... ach ja, wenn ich an meinen Kollegen denke, der voller Elan bei den Piraten eintrat und immer davon erzählte. Wir waren Feuer und Flamme...

  • Interessant wie sie da berichten können, dass Petry im Saarland Wahlkampf machte, obwohl sie den dortigen Landesverband erfolglos hatte auflösen wollen. Nährt ja den Verdacht, dass die AfD es damit in keiner Weise ernst meinte und nur von ihrer maximal rechten Ausrichtung ablenken wollte.

  • Also, wenn ich so sehe, dass linke Parteien immer mehr in der Versenkung verschwinden (okay, ich zähl jetzt großzügigerweise die Grünen mal zu "links") dann sehe ich in dem nicht so großartigen Wahlergebnis der AfD wahrlich keinen Grund, erleichtert zu sein. Bemerkenswert auch, dass die AfD im Saarland sich in Konkurenz zur Linken sieht und den Lafontaine-Effenkt für ihr nicht so gutes Abschneiden verantwortlich macht. Während die CDU offensichtlich von der Uneinigkeit der "linken" Parteien profitiert.

  • 7G
    7332 (Profil gelöscht)

    Aus dem Stand 6,2%, der Wahlsieger heißt AfD. Trotz Querelen, trotz permanentem Niederschreiben durch die Medien. Links(außen) einschl. dem Spesenritter aus Brüssel dafür deftig abgewatscht, Grün sogar ganz draußen. Dieser Kelch ging an uns vorüber. Es besteht also noch Hoffnung.

    • @7332 (Profil gelöscht):

      Die Bevölkerung ist der Wahlverlierer, wenn die im Saarland besonders rechtslastige AfD 6,2 % der Stimmen holt. Und Petry als perfekte heuchlerin in meinen Augen machte für den Landesverband Wahlkampf, den sie hatte auflösen wollen. Und da gab es nicht einmal einen personellen Wechsel in der AfD Saarland. Petry müsste jetzt zugeben, dass sei an einem ernsthaften Schaden für unser Land mitgearbeitet hat!

  • Vielleicht sehe ich zu schwarz. Aber angesichts des Zustandes der Saar AfD sind 6% garnicht so schlecht. Für Jubel ist es also noch zu früh.

  • AfD bei knapp uber 6%. Angesichts der Zustände in Ländern in denen Rechtsaußen regiert (Trump, Polen Ungarn, Türkei) scheinen allmählich einige zu begreifen, was es heißt, wenn Rechtsradikale im Regierungsamt sind: Chaos, Selbstbedienung, Rechtsstaatsabbau, Einschränkung der Pressefreiheit, Menschenrechtsverachtung und am schlimmsten ... die Unfähigkeit die wirklichen Zukunftsfragen (Altersarmut, Finanzmarktregulierung, Klimawandel etc. ) politisch zu gestalten.

     

    Hin zu kamen die allseits bekannten anrüchigen Familienclan-Strukturen des AfD-Saar-Paschas Dörr. Nach einer Legislaturperiode wird auch der verschwunden sein.

  • Vom Frauke/Jörg-Effekt war an diesem Sonntag fast so wenig zu spüren wie vom Kathrin/Cem-Effekt.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Nikolai Nikitin:

      Die "Effekte" ähneln sich in ihren Ergebnissen, die mit der Lupe zu suchen sind.

      Finde, das ist in Ordnung.

  • Die Realitätsverweigerung der taz wird immer dramtischer: FDP und Grüne scheitern an der 5%-Hürde ! Die von der taz gehypten Linken (-3,2) und die Piraten (-6,7) verlieren deftig, darüber aber kein Wort - allein die AfD und ihr nicht "ganz perfektes Ergebnis" ist DAS Thema ! Hallo ?!?!

    • @Fred Erik:

      Es ist schade, dass die taz keine Kommentar-Bewertungs-Funktion hat, sonst könnten Sie sehen, was wir davon halten.

    • @Fred Erik:

      Es ist die brechtigte Freude der taz, dass die so weit rechts stehende AfD Saarland, dass sogar der eigene Bundesvorstand den Landesverband auflösen wollte, nicht mehr Stimmen bekam. Sie blieben weit hinter ihren damal snoch steigenden Werten in der Sonntagsfrage zurück. Ein sichtiger Sieg für unser Land!

  • Ein Grund zur Freude ist das Ergebnis leider nicht:

    - Die Grünen sind auf 4,0 Prozent gefallen, also ganz raus aus dem Landtag

    - Die Piraten wählt heute niemand mehr (Absturz von 7,4 auf 0,7%!)

    - Die Linken haben 3,2 Prozent ihrer Stimmen verloren

    - Da sind die 1 Prozent weniger für die SPD ja schon fast Nebensache.

     

    Das war ein schwarzer Tag für linke Politik. Dass die AfD im strukturschwachen Saarland auf Anhieb 6 Prozent bekommen konnte, also fast so viel wie 2012 die Piraten, verstehe ich nicht.

  • 8G
    83083 (Profil gelöscht)

    Ist es denn tatsächlich ein Dämpfer für die AfD? Mehr konnte doch dort nicht erwartet werden. Zweistelligkeit konnte im Saarland nur Illusion sein. Der Verlust von Linkspartei und das Abschmieren der Grünen sollte doch wohl eher thematisiert werden?!

     

    Fakt ist auch: Nicht die Stärke der CDU hat Kramp-Karrenbauer gerettet, sondern schwache Linkspartei, fehlende Grüne und +6% AFD.

     

    Fakt ist auch: die Wahlbeteiligung ist um etwa 9% gestiegen; das ist grundsätzlich etwas positives.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @83083 (Profil gelöscht):

      "... die Wahlbeteiligung ist um etwa 9% gestiegen; das ist grundsätzlich etwas positives."

       

      Kommt halt immer darauf an, welches Spektrum sich am ehesten mobilisieren lässt. Im Saarland scheinen es ausnahmsweise mal die zufriedeneren Wähler gewesen sein.

      • 3G
        36855 (Profil gelöscht)
        @571 (Profil gelöscht):

        Ja, die zufriedenen Bürger/innen sind zur Wahl gegangen. Sie konnten sich bislang bei Sonntagskuchen und Kaffee entspannt zurücklehnen und zuhause bleiben. War ja keine Veränderung in Sicht. Nun allerdings galt es rot/rot/grün zu verhindern und da macht sich der brave Beamte/höhere Angestellte samt Familie schon mal auf den Weg um seine Pfründe zu sichern.

        Ist schon so eine Sache mit höherer Wahlbeteiligung :-)