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Landtagsabgeordneter in Sachsen-AnhaltAfDler schreibt für russische Zeitung

Der AfD-Landtagsabgeordnete Tillschneider schreibt regelmäßig für die Zeitung „Wedomosti“. Damit wolle er das Verhältnis zu Russland verbessern.

AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider Foto: Heiko Rebsch/dpa

Magdeburg dpa | Der sachsen-anhaltische AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider hat bestätigt, regelmäßig für die Moskauer Zeitung Wedomosti eine Kolumne zu verfassen. Es gehe ihm darum, zur Verbesserung des deutsch-russischen Verhältnisses beizutragen, sagte Tillschneider am Freitag auf Nachfrage. Zuvor hatte die Mitteldeutsche Zeitung darüber berichtet.

Tillschneider ist stellvertretender Landesvorsitzender der AfD in Sachsen-Anhalt sowie Vizefraktionschef und fällt im Parlament regelmäßig durch russlandfreundliche Positionen auf. Im März hatte er im Landtag etwa den russischen Präsidenten Wladimir Putin dafür gelobt, dass dieser „den Karren in Russland aus dem Dreck gezogen“ habe. „Er hat für Stabilität und Wohlstand in Russland gesorgt. Deshalb steht auch eine Mehrheit der Russen hinter ihm“, sagte Tillschneider. Im Oktober 2022 behauptete der AfD-Politiker: „Wir haben keinen russisch-ukrainischen Krieg, wir haben einen Krieg zwischen den USA und Russland auf ukrainischem Boden.“

Diese Positionierung erfolgte kurz nach einer Russland-Reise mehrerer AfD-Politiker im Herbst 2022, an der Tillschneider teilgenommen hatte. Nach Kritik wurde die Reise abgebrochen. Der Landtag sprach eine Missbilligung aus und wertete die Reise als „unsolidarischen Akt“ gegenüber der von Russland völkerrechtswidrig angegriffenen Ukraine.

Tillschneider sagte auf Nachfrage, er schreibe die Gastbeiträge seit Anfang 2023, eine Vergütung erhalte er nicht. Er wolle damit in Russland zeigen, dass es in Deutschland noch Politiker gebe, die anders denken würden als beispielsweise Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) oder die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann. „Die Geschichte lehrt uns: Uns ging es gut, wenn wir ein gutes Verhältnis zu Russland hatten“, erklärte Tillschneider.

Das Auswärtige Amt warnt auf seiner Website, dass es in Russland immer wieder zur willkürlichen Verhängung hoher Haftstrafen für regierungskritische öffentliche Äußerungen komme. „Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine ist die Presse- und Medienfreiheit in der Russischen Föderation insbesondere durch neue Zensurgesetze in höchstem Maße eingeschränkt.“

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9 Kommentare

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  • Ich fürchte, über so eine Meldung regt sich schon niemand mehr so recht auf, erst recht nicht eingefleischte AfD-Fans.



    Die aktuellen Umfragewerte der AfD sind ja kaum eingedellt, geschweige denn abgestürzt.



    Die Staatsfeinde-/Landesverräter-Nummer, die von den anderen Parteien unisono abgezogen wird, scheint im Fall der AfD auch nicht mehr zu ziehen. Im Kalten Krieg funktionierte das ja noch … und auch die BILD ist nicht mehr das, was sie mal war. Seltsam nur, dass ich mir als Linker die Zeiten des Kalten Krieges zuweilen zurücksehne, wenigstens wenn es gegen die AfD geht. Für viele deren Wähler scheint der „russische Bär“ im Hintergrund auch kein Drohkulisse mehr zu bilden.

    • @Abdurchdiemitte:

      Wenn man die Legende aufbaut, dass eigentlich die ganze politische Klasse aus Verrätern besteht, die nur [gerade bevorzugtes Feindbild hier einsetzen]s Interessen vertreten und von einem verblendeten bzw. ideologisch abgedrifteten Teil der Bevölkerung der "schweigenden Mehrheit" oktroyiert werden, dann relativiert das auch den Begriff vom eigenen "Verrat". Putin publizistisch auf den Schoß zu hüpfen, ist ja im Sinne der nationalistischen, antiamerikanischen und pro-autoritären Agenda der AfD auch interessengerecht, egal was die parlamentarischen Mehrheiten sagen.

      Überhaupt zeichnet sich die AfD - und zwar die ganze, nicht nur die lautesten Hetzer - dadurch aus, dass sie die Mittel, die ein vermeintlich richtiger Zweck heiligen soll, möglichst flexibel definiert sehen möchte. Anders gesagt befindet sich der prototypische AfDler in einer dauerhaften politischen (Putativ-)Notwehrlage und nimmt sich entsprechend weite moralische Beurteilungsspielräume heraus.

      Vom explizit völkischen Denkansatz abgesehen, der heute das russische Regime und seine hiesigen Fans eint, galt das ja alles im Kalten Krieg durchaus auch für die Freunde der Sowjetunion. Nur gingen die zahlenmäßig im demokratischen Reigen unter, wo immer es freie Wahlen gab. Damals stand der russische Bär aber auch noch mit abertausenden Füßen und tausenden Panzerketten fest auf deutschem Boden und übte unangefochten die politische Richtlinienkompetenz für diesen Teil des Landes und ganz Osteuropa aus. Das hat vielleicht das Bedrohungspotenzial etwas plastischer dargestellt...

  • Tillschneiders Texte bei Vedomosti sind nicht so einfach auf deutsch zu finden, er veröffentlicht die auch nicht auf seiner Webseite.



    Immerhin hat er die deutsche Regierung zu Knetmasse in den amerikanischen Händen charakterisiert.



    Inwiefern er von Russland bereits abhängig ist, erschließt sich uns erst nach dem Ende der AfD.

    • @Tino Winkler:

      "Immerhin hat er die deutsche Regierung zu Knetmasse in den amerikanischen Händen charakterisiert."

      Das ist noch kein Landesverrat und könnte gleichermaßen in einer Mitgliedschaftsbewerbung bei der Linkspartei oder BSW stehen, wenn man ehrlich ist. Die anderen Äußerungen, die der Artikel zitiert, lassen schon eher durchblicken, wessen Lied er inder Ukrainefrage gerne singt (das freilich AUCH nicht BSW-inkompatibel klingt...).

      Von daher: Ja, es wäre interessant zu erfahren, was Tillschneider da so schreibt. Er KÖNNTE - zumindest theoretisch - eine völkerverständigende Rolle einnehmen und den deutschen Diskurs ein wenig abbilden (auch wenn "Verständnis für Gegenpositionen" jetzt nicht gerade mit einem AfD-Parteibuch assoziiert wird). Wahrscheinlicher ist schon, dass er nur den ausländischen Putin-Claqueur gibt, und wie sich das anhört, wissen wir eigentlich zur Genüge (z. B. eben "...Krieg zwischen den USA und Russland auf ukrainischem Boden.“). Da wäre eher zu schauen, ob die Kolumnen strafrechtlich relevant sind.

  • „Uns ging es gut, wenn wir ein gutes Verhältnis zu Russland hatten.“

    Nicht einmal die Tatsache, dass der deutsche Kaiser und der russische Zar Cousins waren, hat den Ersten Weltkrieg verhindert.

    Fun fact: gegen Russland haben wir den sogar gewonnen.

    • @Suryo:

      "Fun" ist jetzt nicht, was ich mit Ersten Weltkrieg assoziiere. Außerdem dürfte die unerwartet schnelle Mobilmachung der Zarenarmee auch zu den Gründen dafür gehört haben, dass das am Ende nur ein Pyrrhussieg war.

      • @Normalo:

        Es ist trotzdem immer wieder nett, auf Brest-Litowsk hinzuweisen, wenn Putinisten einem mit Sprüchen wie „Russland kann man nicht besiegen“ kommen.

  • Meine Güte. Die Bundesregierung hat 4000 Marder, 1500 Leopard-Panzer und 350 Gepard Panzer verschrotten, und 160.000 Tonnen Munition zerstören lassen weil man diese nie wieder brauchen wird. Unter Beifall der Grünen und Linken. Heute bräuchte man all das für die Ukraine, hat es aber nicht mehr. Toll. Was ich sagen will: die Weitsicht unserer Politiker (und auch die der meisten Journalisten) reicht gerade mal bis vorgestern. Man muß aber auch an morgen denken, und da werden wir vielleicht Kontakte nach Riußland brauchen. Ich kann mir Gerhard S. vorstellen, der trinkt sein Bierchen zuhause und freut sich auf den Tag wenn Olaf S. und Annalena B. bei ihm anklopfen und fragen ob er mal eine Minute Zeit hätte...

  • Man muss allerdings dazusagen, dass die Zeitung Vedomosti immer noch eines der (vorsichtig) liberalen Medien in Russland ist. Interessant wäre, _was_ Herr Tillschneider dort schreibt. Die hier wiedergegeben Äußerungen wirken allerdings reichlich schlicht.