Land Berlin will Haus verkaufen: Dreifache Miete oder Kündigung
Am Wannsee soll ein Zweifamilienhaus in Landesbesitz verkauft werden. Doch Kündigungsschutz soll für die Mieter teuer werden.
Seit über 30 Jahren wohnt er im Stölpchenweg 41, idyllisch gelegen in der Nähe des Wannsees. Es ist eine ehemalige Werkmietwohnung in einem Zweifamilienhaus, in die er als Beschäftigter der Forsten eingezogen ist. Dort blieb er auch wohnen, als das Haus 2014 in den Bestand der Berliner Immobilienmanagement GmBH (BIM) überging. Doch die BIM, die Grundstücke im Eigentum des Landes verwaltet, will das Haus verkaufen. Den Möllers droht die Eigenbedarfskündigung durch den Käufer.
Es entspreche nicht der Aufgabe der BIM und ihres Sondervermögens für Daseinsvorsorge, ein zu Wohnzwecken vermietetes Zweifamilienhaus ohne kostendeckende Miete im Bestand zu halten, begründet die Senatsfinanzverwaltung, Gesellschafter der BIM, die Verkaufsabsicht. Für die etwas über 100 Quadratmeter zahlt Möller 436 Euro kalt. Dafür habe die BIM aber auch nur einen geringen Verwaltungsaufwand mit dem abgelegenen Haus, meint er. „Wir kümmern uns hier um alles selbst, von Kleinreparaturen über den Winterdienst auf dem Grundstück bis zum Rasenmähen und der Gebäudereinigung.“
Dennoch habe er der BIM mehrfach selbst angeboten, die Miete zu erhöhen. Nie hat diese das Angebot angenommen. Auch mit der Erhöhung wäre die Vermietung nicht kostendeckend gewesen, heißt es. Für Möller ist das unbegreiflich: „Wäre sie darauf eingegangen und hätte normal alle drei Jahre die Miete erhöht, hätte sie seit 2017 schon 10.000 Euro mehr Mieteinnahmen von uns bekommen können“, rechnet er vor.
Auf Druck von Mieterverein und Opposition wurde das Bieterverfahren für das Haus vorerst verschoben. Wenn es schon verkauft wird, dann soll zumindest in den Vertrag ein Ausschluss von Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen aufgenommen werden, fordert der Berliner Mieterverein. Ein Käufer könnte die Möllers dann nicht einfach vor die Tür setzen. Doch die BIM will sich diesen Schutz einiges kosten lassen. Möller soll einer Verdreifachung seiner Miete auf 1.100 Euro zustimmen, damit sich der Erlös für die BIM nicht mindert, wenn ein Kündigungsschutz aufgenommen wird.
Land als Miethai
„Es kann nicht sein, dass das Land Berlin beziehungsweise die BIM sich wie ein Miethai verhält“, kritisiert Katrin Schmidberger, Mietenpolitikerin der Grünen. Eine moderate Mieterhöhung wäre ein gangbarer Weg. Auch hätte das Land jahrelang Zeit gehabt, für die Möllers angemessenen Ersatzwohnraum zu finden.
Auch Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Mietervereins, der die Möllers vertritt, hält den Vorschlag für „nicht akzeptabel“. Kritisch sei auch, dass die BIM in dem Nachtrag lediglich Eigenbedarfskündigungen ausschließen will. Es fehle ein Schutz vor Verwertungskündigungen, die ausgesprochen werden können, wenn ein Eigentümer das Haus abreißen will. „Das Haus steht nicht unter Denkmalschutz und gerade in der Seelage ist denkbar, dass ein Käufer das Haus abreißt und dort neu baut“, so Bartels.
Möller hat nicht nur Angst davor, dass er durch Eigenbedarf oder Abriss sein Zuhause verlieren könnte. Im Nachtrag zum Mietvertrag sei auch die Möglichkeit vorgesehen, Kosten für einen bisher nicht existenten Spielplatz, Sicherheitsdienst und Concierge-Service auf die Mieter umzulegen. „Die BIM will sich und dem potenziellen Käufer alle Möglichkeiten offenhalten“, sagt er.
Ende des Monats wollen sich die Parteien zusammensetzen. Klar ist, dass am Ende die BIM am längeren Hebel sitzt: Entweder Möller unterschreibt die Bedingungen, die ihm vorgesetzt werden, oder die BIM wirft das Gebäude ohne Mieterschutz auf den Markt. Dass den Mietern die Pistole auf die Brust gesetzt wird, entweder einen Verkauf ohne ausreichenden Schutz oder eine „exorbitante Mieterhöhung“ zu akzeptieren, werde „dem Anspruch des Landes Berlin als fairer Vermieter nicht gerecht“, meint Schmidberger.
Zurück zur Privatisierung?
Am Stölpchenweg geht es am Ende auch um die Frage, ob das Land unter dem Eindruck eines angespannten Haushalts wieder anfängt, Grundstücke und Immobilien im Landesbesitz zu verkaufen, für die es gleichzeitig einen sozialen oder kulturellen Bedarf in der Stadt gibt.
Möller sagt selbst mit Blick auf sein Alter: „Das Problem hier erledigt sich doch bald von selbst.“ Langfristig gebe es dann genug Verwendungen für das Haus, sagt Bartels. Das Haus müsse ja nicht auf ewig als Wohnhaus vermietet werden. „Das ist Fantasielosigkeit, wenn die BIM sagt, dass das Objekt nicht in ihr Portfolio passt.“ Grundsätzlich ist er überzeugt: „Die Privatisierung von landeseigenen Immobilien ist falsch, egal ob groß oder klein.“
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