Lammerts Probleme mit der Diss: Lektüre ohne zu lesen
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert soll abgeschrieben und falsch zitiert haben. Das will ein Plagiatsjäger herausgefunden haben.
KÖLN taz | Jetzt hat es den nächsten hochkarätigen Unionspolitiker erwischt. Nach Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Annette Schavan (CDU) muss nun auch Norbert Lammert um seinen Doktortitel bangen. Ein anonymer Plagiatsjäger wirft dem christdemokratischen Bundestagspräsidenten vor, bei seiner fast vierzig Jahre alten Dissertation geschummelt zu haben. Die Ruhr-Universität Bochum hat ein Prüfungsverfahren eingeleitet.
Es geht um Lammerts 1974 an der Bochumer Uni eingereichte Dissertation „Die Bedeutung regionaler und nichtregionaler Organisationsstrukturen im Willensbildungsprozess politischer Parteien auf unterer Organisationsebene“.
Auf 42 Seiten will ein Blogger, der sich Robert Schmidt nennt, „Unregelmäßigkeiten“ gefunden haben. Hierbei handle es sich „vorwiegend, aber nicht ausschließlich um Plagiate“. Bei dem anonymen Internetaktivisten handelt es sich wohl um dieselbe Person, die auch schon Lammerts Parteifreundin Annette Schavan in Bedrängnis gebracht hat.
Lammert gebe in seiner Dissertation vor, „eine Literaturrezeption geleistet zu haben, die er in diesem Umfang nicht selbst erbracht hat“, schreibt der Blogger auf der Internetseite lammertplag.wordpress.com. Einen erheblichen Teil der Literatur, die der CDU-Politiker verwendet haben will, habe er „ganz offenbar nicht gelesen“. Dies werde insbesondere anhand der Übernahme zahlreicher charakteristischer Fehler aus der Sekundärliteratur deutlich.
Lammert: Alles okay
Nach eigenen Angaben hat „Robert Schmidt“ die Doktorarbeit Lammerts nicht vollständig untersucht. Er habe seine Nachforschungen beendet, nachdem er auf mehr als einem Drittel der Seiten des 116 Seiten umfassenden Hauptteils fragwürdige Passagen entdeckt hätte. Damit habe er seines Erachtens genug problematische Belegstellen gefunden, „die eine umfassende offizielle Untersuchung der Arbeit rechtfertigen“.
Lammert weist die Vorwürfe zurück. Er habe seine Dissertation „nach bestem Wissen und Gewissen verfasst und sei von ihrer wissenschaftlichen Qualität überzeugt“, ließ er am Dienstag von seinem Abgeordnetenbüro mitteilen. Gleichwohl habe er die Bochumer Uni um Prüfung gebeten.
Eine Uni-Sprecherin bestätigte, dass Rektor Elmar W. Weiler am Montag einen entsprechenden Anruf von Lammert erhalten hat. Es sei bereits ein Prüfungsverfahren in Gang gesetzt worden. Lammert ist Honorarprofessor an der Hochschule.
Für Lammert kommt die Diskussion über seine Doktorarbeit zur Unzeit. Bei der Bundestagswahl im September tritt der gläubige Katholik als Spitzenkandidat der nordrhein-westfälischen CDU an. Es ist kein Geheimnis, dass er danach gerne zum dritten Mal in Folge Bundestagspräsident werden würde. Aufgrund seines Hangs zu moralischen Vorträgen „Sankt Norbert“ genannt, hat Lammert jedoch innerparteilich nicht nur Freunde.
Nicht wenigen in der Union geht der 64-jährige Bochumer, der immer mal wieder gerne verbal auf Distanz zur schwarz-gelben Regierung geht, mit seinen oberlehrerhaften Attitüden schwer auf die Nerven. Manche erinnern sich auch noch daran, dass Lammert einst die Plagiatsaffäre des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg als „Sargnagel für das Vertrauen in unsere Demokratie“ bezeichnet hatte.
Ein drohendes Aberkennungsverfahren seines Doktortitels könnte eine günstige Gelegenheit sein, sich doch noch nach einer Alternative für das protokollarisch zweithöchste Amt im Staate umzuschauen.
Leser*innenkommentare
lowandorder
Gast
ff
Also - konkreter Vorwurf:
"Sekundärliteratur nicht gelesen!"
Ja - Herrgottschaftszeiten, Robert,
wer - bitte - hat den Anfang der 70er noch Sekundärliteratur gelesen?
überflogen allenfalls, das schon.
Aber da ist sie wieder - "die Gnade der Unkenntnis qua späte Geburt".
Wir waren doch alle latent größenwahnsinnig:
"Selber Denken macht schön!"
Daran, hinein und hinterher klebte man im wahrsten Sinne des Wortes;
was im jeweiligen Zitierkartell des jeweiligen Lehrstuhls so von den - vorzugsweise - Herren Brofressern gern gelesen/zitiert gesehn wurde. werden wollte usw.
Paßt´a schon, ab dafür und - alles im Lack.
Konkretissimo:
"....Dies werde insbesondere anhand der Übernahme zahlreicher charakteristischer Fehler aus der Sekundärliteratur deutlich..."
Ja - Junge - wer hat denn da wohl bitte übernommen?
wir? - mit unserem zweieinhalbFingerAdlerkreisenSuchsystem?
Lammert? nix da!
nix paste und plageuaste;
die fachfremde Freundin, die Sekretärin aus der Uni-Verwaltung,
was weiß denn ich?
und - gähn - des Nachts
"Lammpert a weng schlampert" - so what-!
Lammert hat´s halt nicht gemerkt, daß da die falsche Schreibweise auch in seinen Text getippt, hinein"korrigiert", worden war;
(so bei mir in die Examensarbeit;zum Glück noch gefunden).
Ich sach mal - So geht das!
lowandorder
Gast
"Robert Schmidt"
Na, der - Name verpflichtet;
nur - wenn hier man nich aus dem fliegende Robert
der nächste
Schmidt - Schnauze!! wird:
Plagiate? - ja, wo laufen sie denn?
Von Vorne:
Das Thema - hm, hm.
„Die Bedeutung regionaler und nichtregionaler Organisationsstrukturen im Willensbildungsprozess politischer Parteien auf unterer Organisationsebene“.
Also nicht so der Brüller; - oder?
Andererseits;
ein auch gewisser Dr.Kohl stümperte sich durch die Parteien
recht dissig:
"Die politische Entwicklung in der Pfalz
und das Wiedererstehen der Parteien nach 1945."
(von der Syntax mal abgesehen: letzeres:
- Wiedererstehen - is ja wohl mehr als seherisch
= Blockflöten Ausgabe Früh-West);
Diss. - im Raubdruck ephemistisch erst als "Saumagen" apostrophiert;
dann aber voll zutreffend mit "Nihil ex nihilo" eingeordnet;
eine unapptitlicher Zitate-Sekundärliteratur-Potpuri;
schlicht unleserlich und mit garantiert keinem eigenen Gedanken;
" bei Stromausfall auf der Rolltreppe" - klar.
Aber auch schön:
"Der Flaschenbierhandel in Berlin"
- na, wer erinnert das noch?
genau - "wir" verdankem ihm nicht nur den modernen Diplomatenaufzug;
wie? - nein, nicht Fischer; der steht doch mehr auf Mohair
- Inhalt egal;
nein - Stresemann!
Genau - der mit der Hose und Außenminister der Deutschen Reiches
- ehe uff de rote Fahne det Hakenkreuz druff kam, ja.
Also Schwamm drüber - übers Thema.
Skandalös
Gast
Interessant ist nur, dass die Plagiatsjäger von der Friederich Ebert Stiftung, die bekanntlich eine SPD Stiftung ist, unterstützt wird. Von der Partei, die mit ihrer Verantwortungslosen Agenda 2010 Politik vielen Menschen den Boden unter den Füßen weggezogen hat.
Die SPD will wohl um jeden Preis das Leben zahlreicher CDU/CSU und FDP Abgeordneten zerstören. Wie Verantwortungslos die SPD ihre Interessen durch peitscht. Es ist einfach nur skandalös.
Rainer B.
Da wissen Sie mehr als ich!
Gibt's auch Belege dafür?
Abgeordnete von CDU/FDP fallen überdurchschnittlich oft, aber immer weich und nie auf Hartz IV-Niveau. Dass das Leben zahlreicher Abgeordneter zerstört wurde, ist schon reichlich dick aufgetragen. Da hat man ja förmlich Berge von Abgeordneten vor Augen, die aus Verzweiflung Schluss gemacht haben.
Niemand zwingt Abgeordnete einen Doktortitel zu führen und schon gar nicht einen zu erschwindeln - oder?
Sören
Gast
Ich halte absolut nichts davon, solche Vorwürfe anonym zu machen. Hier sollte man schon den Mut haben, und sich zu erkennen geben. Es entsteht fasst eine Hexenjagd, und eine moderne Form des Prangers. So etwas sollten wir in unserer Gesellschaft nicht zulassen, sondern im Keim ersticken.
Wenn es um die Sorge um wissenschaftliche Korrektheit geht, sollte man sich zuerst Arbeiten von Personen ansehen, die im Wissenschaftsbetrieb arbeiten. Denn ihre Karriere hing tatsächlich von der Arbeit ab, während das bei Politikern nicht der Fall ist. Jedenfalls glaube ich nicht, dass viele ihre Wahlentscheidung von Doktor-Titeln abhängig machen.
Grundsätzlich sollte Doktorarbeiten von Menschen verfasst werden, die wirklich wissenschaftlich tätig sein wollen. Alles andere ist letztlich nur Eitelkeit, bindet aber unnötig Ressourcen in den Unis.
Rainer B.
Wenn ich eine Doktorarbeit geschrieben hätte, würde ich mich geehrt fühlen, wenn nach fast 40 Jahren sich überhaupt noch jemand die Zeit nimmt, sie zu lesen.
Der Doktortitel ist nicht nur im Wissenschaftsbetrieb die Eintrittskarte zu gut dotierten Jobs, Machtpositionen und Karriere. Es soll Leute geben, die sehr viel Geld für den Kauf eines Doktortitels ausgeben - warum wohl?
Eine Beschränkung der Maßstäbe wissenschaftlicher Korrektheit allein auf Personen des Wissenschaftsbetriebs ist - mit Verlaub - Unsinn, schon allein deshalb, weil die meisten Doktoranden vorher nicht wissen können, wo sie hinterher arbeiten werden.
Wer bei der Doktorarbeit schummelt, macht dies übrigens auch anonym,- solange er nicht erwischt wurde. So what?
Co-Präsident
Gast
Hauptsache ist doch, dass er in allen Situationen einen korrekt sitzenden Schlips getragen hat.
Oder?
Claudia Cometh
Übrigens: Eine reiche Anschauungsquelle für Plagiate sind Dissertationen zum Marxismus-Leninismus in der ehemaligen und unvergessenen (*schnüff*) DDR. Das ist schon deshalb naheliegend, weil alle dieselben schrägen Glaubenssätze wiedergekäut haben. Ein weiterer Bereich für wahrscheinliche Funde sind deshalb z. B. die Gender-Studien (aber da schaut man natürlich nicht gerne hin).
Rainer B.
@Claudia Cometh Deshalb hat Frau Merkel wahrscheinlich auch in Physik gemacht.
joHnny
Gast
"vollstes vertrauen"...