Lage in der Türkei: Trängengas gegen Demonstranten

Bei Demos gegen den IS kommt es zu Ausschreitungen. Bei einem Attentat sterben zwei Soldaten. Ursula von der Leyen kritisiert das Vorgehen gegen die PKK nun doch.

Ein Mann mit einer Maske steht in Rauchschwaden von Tränengas

Ein Demonstrant in Istanbul wirft eine Tränengaskatusche zurück Richtung Polizei, die diese auf die Demonstranten gefeuert hatte. Foto: ap

ISTANBUL/ANKARA afp/dpa/rtr | Zwei türkische Soldaten sind bei einem Sprengstoffanschlag im Südosten des Landes ums Leben gekommen. Vier Menschen seien bei der Detonation einer Autobombe und weiterer selbst gebauter Sprengstoffe in der Nacht zu Sonntag verletzt worden, teilte die türkische Armee mit. Die Tat ereignete sich in der Stadt Diyarbakir. Das Militär schrieb den Anschlag kurdischen Aufständischen zu.

Am Wochenende hatte die Türkei ihre Militäraktionen in den Nachbarstaaten Syrien und Irak ausgedehnt und neben den Extremisten des Islamischen Staates (IS) auch Lager der Kurdischen Arbeiterpartei PKK angegriffen.

Unterdessen ist die türkische Polizei am Samstag mit Wasserwerfern und Tränengas in Ankara gegen Hunderte Menschen vorgegangen, die in der Hauptstadt gegen den IS demonstrierten. Die Demonstranten kritisierten die türkische Regierung und verurteilten den Anschlag in Suruc an der Grenze zu Syrien, bei dem am Montag 32 Menschen getötet und etwa hundert weitere verletzt wurden. Die Tat wird dem IS zugeschrieben.

Nach Angaben türkischer Medien lag die Zahl der Festnahmen in Ankara bei etwa 30. Die Nachrichtenagentur Dogan berichtete zudem, das im Istanbuler Stadtteil Gazi eine Kundgebung zum Gedenken an den linken Aktivisten Günay Özaslan mit Wasserwerfern aufgelöst worden sei. Özaslan war am Freitag bei einer Polizeirazzia getötet worden.

Bei Razzien in der Türkei gegen mutmaßliche IS- und PKK-Mitglieder wurden zuletzt Hunderte Menschen festgenommen. Kritiker, darunter viele Kurden, erheben seit langem den Vorwurf, die islamisch-konservative Regierung in Ankara gehe zu zögerlich gegen die IS-Dschihadisten vor.

Kundgebungen gegen die Regierung wurden in den vergangenen Tagen bereits mehrfach aufgelöst. Ein von der prokurdischen Partei HDP für Sonntag angekündigter „Friedensmarsch“ in der Metropole Istanbul wurde verboten.

Wichtigsten Gegner vor Ort nicht schwächen

In der Diskussion um die Angriffe auf die PPK hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Offensive nun kritisiert. „Genauso, wie es richtig ist, dass die Türkei das Recht hat, sich gegen den IS zu wehren, genauso wichtig ist es, dass sie den eingeschlagenen Pfad der Versöhnung mit der kurdischen Arbeiterpartei nicht verlässt“, sagte von der Leyen der Bild am Sonntag. Von der Leyen hatte den Einsatz der Türkei gegen den IS in Syrien zunächst ausschließlich positiv bewertet.

Grünen-Chef Cem Özdemir appellierte an die Bundesregierung, auf die türkische Regierung einzuwirken. Es mache keinen Sinn, die IS-Miliz zu bekämpfen und gleichzeitig die Kurden, ihren „wichtigsten Gegner vor Ort“, zu schwächen, sagte Özdemir der Bild am Sonntag. „Das muss auch die Bundesregierung klar und deutlich ihrem Nato-Partner Türkei sagen.“

Für die USA hingegen sind die Angriffe vollkommen legitim. Die Türkei habe ein Recht darauf, sich selbst gegen terroristische Angriffe durch Kurden zu verteidigen, hieß es am Samstag aus dem Weißen Haus in Washington.

USA profitieren

Von den Attacken gegen den IS profitiert die von den USA angeführte Anti-IS-Koalition. Im Irak haben die Vereinigten Staaten aber im Kampf gegen die Terrormiliz auf Kurden vertraut, die mit der PKK verbunden sind.

Regierungssprecher Alistair Baskey verurteilte kürzlich verübte Angriffe der PKK. Die Arbeiterpartei wird in den USA auf einer Liste von Terrorgruppen geführt. Baskey wies auch darauf hin, dass die Türkei ein Nato-Bündnispartner der USA sei.

Die PKK sollte dem Terrorismus abschwören und Gespräche mit der türkische Regierung fortführen, sagte Baskey. Beide Seiten sollten in dem Konflikt Gewalt vermeiden und nach Deeskalation streben.

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