Angriffe auf Syrien und Irak: Türkei greift erneut IS an – und PKK
Die Luftwaffe hat neben Angriffen auf den IS in Syrien auch ein Militärlager kurdischer Rebellen im Nordirak bombardiert. Die PKK sieht den Waffenstillstand gefährdet.
Im Nordirak wurden demnach Ziele wie Unterstände und Waffenlager der PKK angegriffen. Unter den genannten Orten sind auch die Kandil-Berge, wo die Kurdenkämpfer ihr Hauptquartier haben. Neben den Luftangriffen seien auch Artillerieangriffe türkischer Bodentruppen erfolgt.
Die kurdische Organisation stellt nun das Friedensabkommen mit Ankara von 2013 in Frage. „Die Türkei hat den Waffenstillstand praktisch beendet“, sagte PKK-Sprecher Zagros Hiwa am Samstag der Nachrichtenagentur ap. Die PKK prüfe noch den Schaden durch das Bombardement. Todesopfer habe es wohl nicht gegeben.
Zeitgleich mit dem Beschuss der IS-Stellungen in Syrien gingen türkische Sicherheitskräfte bei Razzien in Istanbul und anderen Städten gegen mutmaßliche Anhänger des IS sowie der PKK vor. Die PKK hatte am Mittwoch nach eigenen Angaben zwei Polizisten im Bezirk Ceylanpinar erschossen. Die Organisation nannte die Tat eine Vergeltung für den Suruc-Anschlag, sie warf den Beamten Kollaboration mit dem IS vor.
Friedensabkommen 2013
Der Konflikt zwischen PKK und türkischer Regierung dauert seit über 30 Jahren an, Zehntausende starben. Beide Seiten bemühen sich um einen Friedensprozess, der jedoch immer wieder ins Stocken gerät. Im März 2013 hatte die PKK einen Waffenstillstand ausgerufen, der nun auf dem Spiel zu stehen scheint.
Bereits am frühen Freitagmorgen hatte die türkische Luftwaffe Stellungen der IS-Extremisten im Nachbarland Syrien bombardiert. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden dabei mindestens neun IS-Kämpfer getötet und zwölf weitere verletzt. Der Militäreinsatz gegen den IS habe sein Ziel erreicht und werde fortgeführt, sagte Regierungschef Ahmet Davutoglu nach den ersten Bombardements.
Es war das erste Mal, dass die türkischen Streitkräfte Angriffe auf IS-Stellungen in Syrien flogen, seit die Miliz im Sommer vergangenen Jahres weite Teile des Landes erobert hatte. Am Donnerstag hatten türkische Panzer bereits Stellungen der Dschihadisten in Syrien beschossen. Zuvor war ein türkischer Soldat durch Schüsse aus dem Nachbarland getötet worden.
Die Luftangriffe auf die IS-Stellungen markieren eine Kehrtwende im Umgang der Türkei mit der Dschihadistenmiliz. Die islamisch-konservative Regierung in Ankara war seit Langem dafür kritisiert worden, zu wenig gegen die Dschihadisten zu tun. Die Türkei beteiligte sich bisher nicht an den US-geführten Luftangriffen gegen den IS in Syrien. Grund für den nunmehr offenen Konflikt Ankaras mit dem IS ist vor allem der folgenschwere Anschlag vom Montag, bei dem im südtürkischen Suruc 32 Menschen getötet und etwa hundert weitere verletzt wurden. Der Selbstmordanschlag wird dem IS zugeschrieben.
Von der Leyen lobt Einsatz
Die Bundesregierung lobte Ankaras Einsatz gegen die Dschihadisten. „Es ist wichtig, dass sich auch die Staaten der Region gegen den IS-Terror engagieren und sich über Religionsgrenzen hinweg gegen diesen barbarischen Terror stellen“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) der Bild-Zeitung. Nach monatelangen Verhandlungen erlaubte die Türkei zudem den USA die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts Incirlik.
Am Abend kam es in Istanbul bei Protesten gegen die IS-Miliz zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Einsatzkräfte gingen mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Teilnehmer der Kundgebung vor. Diese verurteilten das Attentat in Suruc und warfen der Regierung vor, IS-Kämpfer in der Türkei zu tolerieren. Für Samstag rief die wichtigste prokurdische Partei HDP zu einem großen „Marsch des Friedens“ in Istanbul auf. Erwartet werden Tausende Menschen und ein umfangreiches Aufgebot an Sicherheitskräften.
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